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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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schon an der Art erkannt, wie er die Tür aufriss.
    Verdammt, Johnny, wo hältst du dich versteckt? Ich nahm Johnnys Gitarre vom Tisch, zupfte ein paar Töne, spielte dann wie aus Versehen die ersten Töne von «Scarborough Fair».
    Und dann hörte ich, wie die Tür aufging, hörte die vertrauten Schritte. Schon wieder ließ mich der Raum meine Polizistenrolle vergessen, ich sprang auf und rief: «Johnny!» Als ich zur Treppe lief, hörte ich, wie die Schritte kehrtmachten und die Tür ins Schloss fiel. Ich verlor kostbare Sekunden, ehe ich sie aufbekam, Johnny war unterdessen verschwunden. Vergeblich rief ich seinen Namen über den leeren Schulhof.
    Ich machte mir nicht die Mühe, Johnny nachzulaufen. In einer so kleinen Stadt würde er nicht mehr lange untertauchen können, nachdem sein Nachtquartier aufgeflogen war. Ich ging zurück und sah mir das Schwarzbrot und die Saftpackung noch einmal genauer an. Die Daten kamen hin, das Brot war gestern abgepackt. Wenn Jaska hier kampiert hatte, warum nicht auch Johnny? Wenn ich genug Verstand besessen hätte, den Mund zu halten, hätte ich ihn geschnappt. Ich wusste nicht recht, ob ich Ärger oder Erleichterung empfand.
    Ich glaubte zwar nicht, dass Johnny zurückkommen würde, legte aber trotzdem einen Zettel mit der Nachricht von dem Verhaftungsbefehl auf den Tisch. Dann brachte ich den Schlüssel zum Revier und beauftragte die Jungs, den Proberaum in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren.
    Nach Feierabend führ ich bei meinen Eltern vorbei und sagte ihnen, dass ich den Schlüssel noch nicht zurückgeben konnte. Sie überredeten mich, zum Essen zu bleiben, es gab selbst geräucherten Fisch. Irgendwie kam es mir seltsam vor, bei meinen Eltern am Esstisch zu sitzen, von den altbekannten Tellern zu essen und festzustellen, dass das Haus nach meinem Auszug dasselbe geblieben war, obwohl ich selbst mich verändert hatte.
    Auch mein Vater hatte mit Penas Arzt gesprochen und schien ebenfalls zu glauben, dass die Anfälle durch die Lokalnachrichten ausgelöst wurden, auch wenn beim ersten Anfall kein derartiger Zusammenhang erkennbar war.
    «Da lief irgendwas zwischen Pena und Meritta», sagte mein Vater nachdenklich.
    «Ich war in den Skiferien ein paar Tage in Kuusikangas, um hinten im Wald Holz zu fällen, und einmal bin ich ans Telefon gegangen, als es klingelte. Es war Meritta. Ich hatte das Gefühl, dass Pena nicht ganz frei mit ihr sprechen konnte, weil ich dabei war ‐ ich erinnere mich noch, dass ich dachte, er hat sich wohl ein bisschen in sie verliebt, unser alter Junggeselle … »
    «Was hat er zu Meritta gesagt?» Ich wollte nicht, dass mein Vater wieder anfing, darauf herumzureiten, warum Pena in seiner Angst vor Frauen nie geheiratet hatte.
    «Erst dachte ich, es ginge um Kommunalpolitik. Pena fragte, ob das wirklich im Vertrag steht. Dann seufzte er und sagte, wahrscheinlich musst du das tun, obwohl es bestimmt nicht angenehm ist. Nachdem er die Antwort gehört hatte, hat er gelächelt.»
    «Und weiter?»
    «Das warʹs.» Vater zuckte mit den Schultern. «Pena hat noch irgendwas von Farben gesagt. Aber das Interessanteste war sein Tonfall ‐ er war irgendwie so intim, so hat Pena sonst nur mit seinen Katzen gesprochen.»
    Ich wusste, was er meinte, meine Schwestern und ich hatten diesen besonderen Tonfall nach Penas vorigem graugetigerten Kater «Paavo-Stimme» genannt. Es war ein völlig unmännliches zärtliches Geturtel, von der Art, wie die Mütter in der Windelreklame mit ihren Babys sprechen.
    Garantiert war Pena in Meritta verliebt gewesen.
    Aber was hatten die Farben zu bedeuten, von denen sie geredet hatten?
    Parteipolitische Farben, Rot, Schwarz und zweierlei Grün? Oder die Farben, die an der Kunstschule verwendet wurden? Sicher hatte der Kunstverein irgendeinen Vertrag mit der Stadt. Kivinens Firma natürlich auch.
    Meine Eltern fragten mich vorsichtig aus, wie ich mir die Zukunft nach Anttis Rückkehr vorstellte. Sie hatten ja jetzt nur noch mich unter die Haube zu bringen, da Helena und Petri ein paar Wochen vor Anttis Promotion geheiratet hatten.
    Sämtliche Tanten hatten uns der Reihe nach bestürmt, wir sollten bei der Promotion doch auch gleich Hochzeit feiern, worauf Antti jedes Mal gesagt hatte:
    «Also wirklich, nachdem ich nun endlich meine Dissertation geschafft hab, will ich an dem Tag ganz allein im Rampenlicht stehen! »
    Ich Dussel verriet meinen Eltern, dass ich vor ein paar Tagen über das Kinderkriegen nachgedacht hatte, und

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