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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Polizeistation hinauffuhren.
    «Wie meinst du das?»
    «Vielleicht war Kivinen immer noch verrückt nach der Flöjt und hat ihr versprochen, seine Frau zu verlassen.»
    «Ich weiß nicht recht. Das Haus wäre die passende Kulisse für ein richtiges Melodram, das stimmt schon. Aber diese Barbro Kivinen ist ziemlich unterkühlt, sie ist wohl gar nicht fähig, vor Wut so auszurasten, dass sie jemanden vom Turm stößt. Und mit einem wie Jaska würde sie vermutlich gar nicht reden.»
    «Du kannst sie wohl nicht leiden?»
    « So würde ich das auch wieder nicht sagen. Menschen, die wissen, was sie wollen, haben immer etwas Faszinierendes», zitierte ich Barbros Worte.
    «Aber es ist nicht angenehm, mit ihnen zu leben», seufzte Koivu.
    Koivu fuhr nach Joensuu, um seinen Bericht zu schreiben, versprach aber, am nächsten Abend mit dem Sieben-Uhr‐Bus zurückzukommen, um sich die Stripperin von Arpikylä anzusehen. Ich versuchte Ella zu erreichen, aber auf ihrem Anrufbeantworter am Arbeitsplatz und zu Hause lief ein Band, sie sei am Freitag nicht anzutreffen. Ich hinterließ auf beiden die Nachricht, sie wäre in der Nacht, als Meritta ermordet wurde, am Bergwerkshügel gesehen worden und solle sich melden, wenn sie lieber mit mir sprechen wolle als mit Järvisalo.
    Der kleine Kupferschlüssel lag immer noch auf meinem Schreibtisch. Wo, in aller Welt, war das passende Schloss? Vielleicht hatte Jaska doch gefunden, was er bei Meritta gesucht hatte, und es irgendwo versteckt. Aber wo?
    Einen Ort gab es, an den ich noch nicht gedacht hatte: den Proberaum. Ob er sich noch mit demselben Schlüssel aufschließen ließ wie die anderen Türen im Schulhaus? Am besten rief ich meine Eltern an.
    Mein Vater lieh mir seinen Schlüssel. Die Tür klemmte genauso wie früher, ich musste eine ganze Weile daran rütteln, bevor sie aufging. Hier probte nur noch Jaskas Band, denn im neuen Jugendzentrum gab es viel bessere Räume, mit Fenstern und Toiletten. Offenbar hatte niemand gemerkt, dass Jaska und seine Kumpels weiterhin im Schulkeller probten. Wahrscheinlich wären Pasi, Johnny und er sich neben den anderen Bands im Jugendzentrum uralt vorgekommen.
    Vielleicht würde Pasi jetzt ein neues Zuhause für sein Schlagzeug suchen müssen, genau wie der Keyboarder für seine Tasten. Die Bassgitarre lag auf dem Tisch, Johnnys Gitarre ebenfalls. Nur Jaska hatte seine mit nach Hause genommen, seine Gitarre hatte er immer sorgfältig gehütet.
    Ich beschloss, mit dem Notenregal anzufangen. Nichts Besonderes, nur überquellende Aschenbecher, vertrocknetes Schwarzbrot, eine zusammengedrückte leere Packung Saft und haufenweise Noten. Ich wollte sie mir nicht genauer ansehen, denn ich fürchtete die Nostalgie, in die mich die alten Songs versetzten. So schüttelte ich nur die Bücher und die dickeren Stapel, um mich zu vergewissern, dass nichts dazwischensteckte. Dann untersuchte ich die Gitarrenkästen und das Innere der Trommeln. Ich griff hinter die Sesselpolster.
    Vergeblich. Blieb noch das Sofa. Es war eine ausziehbare Schlafcouch mit einem Kasten für das Bettzeug. Dort hatte Jaska früher immer seinen Kram versteckt.
    Jetzt auch. Unter ekelhaft schmutzigen Decken und Kissen fand ich eine halbvolle Schnapsflasche und eine Einkaufstüte voll Bierflaschen. Das Pfand für die leeren Flaschen, die außerdem noch in der Kiste lagen, hätte für ein großes Bier im Kupferkrug gereicht. Jaskas eiserne Reserve. Hierher hatte er manchmal eine Frau mitgebracht, und ab und zu hatte er wohl auch hier übernachtet, wenn er so besoffen war, dass er sich nicht nach Hause traute.
    Aber im ganzen Raum entdeckte ich nichts, worauf der kleine Kupferschlüssel gepasst hätte.
    Allmählich begann ein Gedanke Gestalt anzunehmen. Hatte sich Jaska hier mit seinem Mörder verabredet? Die Schule stand den Sommer über leer, hier konnte man sich ungestört treffen. Und der Keller war ein nahe liegender Treffpunkt, wenn derjenige, mit dem sich Jaska verabredet hatte, Johnny war.
    Ich schob den Bettkasten zurück und setzte mich aufs Sofa, in dessen Rücklehne sich der Zigarettenrauch ein gefressen hatte. Wie oft hatte ich hier gesessen, auf die anderen gewartet und voller Hoffnung auf die Schritte gelauscht, die die Treppe herunterkamen: Vielleicht war es keiner der Jungs von Rattengift, sondern Johnny. Es war leicht gewesen, die Schritte zu unterscheiden, das Poltern unseres Drummers, Jaskas Schlurfen und Johnnys energischen Fußballerschritt. Zum Schluss hatte ich ihn

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