Kupfervenus
Preis.« Mein Blick gab ihm zu verstehen, daß er sich sein Angebot an den Hut stecken solle. »Na schön, für einen Freund könnte ich vielleicht auf dreitausend runtergehen.« Die Hälfte vom Preis kassierte er, wenn ich ihn richtig einschätzte, als Maklergebühr – wodurch er mir nicht sympathischer wurde. »Wegen der kurzen Mietzeit«, setzte er noch hinzu – eine wenig überzeugende Erklärung.
Ich saß stumm da und blickte finster, in der Hoffnung, ihn so kleinzukriegen: nichts zu machen! Die Regio XII ist ein ganz passabler Bezirk. Sie liegt östlich vom Aventin, jenseits der Via Ostiensis – also praktisch bei mir um die Ecke. Die Fischteiche, denen sie ihren Namen verdankt, sind schon vor Jahren ausgetrocknet, folglich dürften die Moskitos auch abgewandert sein. Ich machte mit Cossus aus, daß ich morgen mit ihm hingehen und mir die Wohnung ansehen würde.
Als ich an diesem Abend heim zur Brunnenpromenade kam, war ich entschlossen, das Apartment in der Piscina Publica unter allen Umständen zu nehmen. Ich war es leid, daß mir vor lauter Treppensteigen dauernd irgendwo ein Blutgefäß platzte. Ich hatte die Nase voll von dem Dreck und dem Krach und davon, daß fremde Leute mich mit ihren miesen Querelen behelligten. Und darum sagte ich mir, als ich an diesem Abend in das unüberschaubare Gewirr der aventinischen Gassen zurückkehrte, die miteinander vernetzt sind wie die unterirdischen Wurzeln irgendeines ekligen Fadenpilzes, Falco, sagte ich mir, vier Zimmer mit anständigem Grundriß, egal wo, müssen einfach besser sein als das hier.
Gedankenversunken bog ich um die Ecke zu Lenias Wäscherei. Morgen würde ich den Mietvertrag unterschreiben, und fortan hätte ich keinen Grund mehr, mich zu schämen, wann immer ich einem Fremden meine Adresse geben mußte …
Ein Paar Füße bremsten meine glücklichen Träume aus.
Die Füße, die übrigens riesengroß waren, traten im Säulengang vor dem Korbflechterladen, etwa zehn Schritte von mir entfernt, auf der Stelle. Abgesehen von ihrem Elefantenmaß fielen sie mir auch deshalb auf, weil ich mich immer am gleichen Fleck postierte, wenn ich Grund hatte, diskret das Terrain zu sondieren, bevor ich mich in meine Wohnung wagte.
Kein Zweifel, mit diesen Füßen vertrat sich jemand nicht nur die Beine. Der Mensch, dem sie gehörten, nahm keine Notiz von den Waren des Korbflechters, obschon er sich vor einem turmhohen Stapel Allzweckkiepen lümmelte, die in jedem Haushalt Verwendung gefunden hätten, ganz zu schweigen von dem famosen Picknickkorb vor seiner Nase, den ein echter Schnäppchenjäger sich im Nu geangelt hätte … Ich versteckte mich hinter einem Pilaster, um den Kerl genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein Einbrecher war das nicht: Einbrecher gehen dahin, wo es was zu stehlen gibt. Selbst die Stümper unter ihnen meiden also die Brunnenpromenade.
Ein Klient oder Gläubiger wäre reingegangen und hätte sich bei Lenia erkundigt. Diese Quadratlatschen konnte nur einer hergeschickt haben: Anacrites, der Oberspion.
Ich schlich vorsichtig im Krebsgang bis zur Ecke zurück und flitzte durch ein Seitengäßchen in den Hof. Hier, hinter der Wäscherei, sah es aus wie immer. An diesem schwülen Sommerabend stieg einem der Gestank aus der offenen Senkgrube besonders penetrant in die Nase. Zwei halbverhungerte schwarze Hunde lagen dösend im Schatten. Hinter einem geborstenen Fensterladen über meinem Kopf tobte der tägliche Ehekrieg einer Nachbarsfamilie. Neben dem Verschlag einer kränklichen Kapaunenschar stritten sich zwei Frauen beim Hühnerrupfen; oder vielleicht tratschten sie auch bloß. Und ein Mann, den ich noch nie gesehen hatte, saß auf einem Faß und hielt Maulaffen feil.
Das konnte nur ein zweiter Spion sein. Er saß ungeschützt in der prallen Sonne, und diesen schweißtreibenden Platz hätte er sich bestimmt nicht ausgesucht, wenn er seinen Hintern nur auf ein Faß gehievt hätte, um die Beine zu entlasten. Aber für jemanden, der das Kommen und Gehen auf Lenias Trockenhof überwachen wollte, war es der geeignete Ausguck. Falls dieser Mensch nicht zufällig einem der Mädchen aus der Wäscherei nachstieg, führte er gewiß etwas im Schilde.
Ich beschloß, sicherheitshalber den Rückzug anzutreten.
Eine große Familie kann mitunter ganz nützlich sein. Ich habe eine Menge Verwandte, die sich allesamt einbilden, ich sei ihr jeweiliges Eigentum. Und die Chance, einmal kräftig über meinen Lebenswandel herziehen zu können, war es
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