Kupfervenus
gleich hierhereilen …«
»Um dir eine Dosis Liebespech einzuverleiben?«
»Ist ein wunderbares Abführmittel. Du bist übrigens ›zu Höherem bestimmt‹.«
»Das klingt nach harter Arbeit! Ist es sowas wie ein Vermächtnis? Kann ich’s ganz rasch weitervererben?«
»Nein, Gnädigste, Ihr Horoskop steht – allerdings hat die Orakelhexe zum Glück auch festgestellt, daß ich der Lenker deiner Sterne bin! Also, für ein kleines Schmiergeld könnte ich mich bereitfinden, die Vorsehung ins Wanken zu bringen und die Schicksalsfäden aufzudröseln …«
»Erinnere mich daran, daß ich dich nicht in meine Nähe lasse, wenn ich gerade Wolle spinne … Bist du gekommen, um mich zum Lachen zu bringen, oder ist das nur eine quälende Stippvisite, auf daß ich mich hinterher um so mehr nach dir verzehre?«
Der Pförtner hatte ihr die Tür geöffnet, und folglich war ich schon drin.
»Tust du’s?« fragte ich beiläufig.
»Was?«
»Dich nach mir verzehren?«
Helena Justina schenkte mir ein unergründliches Lächeln.
Sie scheuchte mich in einen abgelegenen Säulengang unter eine Pergola. Während sie neben mir Platz nahm und eine Rose in meine Schulterspange steckte, schickte sie die Haussklaven, mir Wein zu holen, hieß sie ihn wärmen, ließ mir Schälchen mit Mandeln bringen, dann Kissen, dann einen neuen Becher, weil meiner einen winzigen Sprung in der Glasur hatte … Ich aalte mich in ihrem Sessel mit der verstellbaren Rückenlehne und genoß es, so verwöhnt zu werden (was mir aber auch zu denken gab). Irgendwas war im Busch. Warum war Helena plötzlich so hingebungsvoll? Wahrscheinlich hatte irgendein Lackaffe mit Senatorenstammbaum sie eingeladen, sich seine Sammlung schwarzfiguriger Vasen anzusehen.
»Marcus, erzähl mir, wie war dein Tag?« Ich beschrieb’s ihr in düsteren Farben. »Kopf hoch! Du brauchst mehr Abwechslung. Warum läßt du dich nicht mal von ein paar Flittchen umgarnen? Geh und besuch deine Klientinnen. Der Kameenschneider bringt, denke ich, gar nichts, aber erzähl ihnen von der Wahrsagerin und von dem Steinmetz. Und dann paß auf, wie sie reagieren.«
»Du schickst mich zu diesen Hexen? In die Höhle des Löwen?«
»Ach was, das sind zwei übersättigte Verschwenderinnen ohne jeden Geschmack und mit noch weniger Skrupeln, die sich beide allzu offenherzig kleiden … Ich glaube, mit denen wirst du schon fertig.«
»Woher weißt du das alles?«
»Ich hab sie mir mal angesehen.« Ihr stieg die Röte ins Gesicht, aber sie hielt meinem Blick trotzig stand. Ich war’s, der erschrocken in seinem Sessel zappelte.
»Helena Justina! Wie hast du das denn angestellt?«
»Ich hab ihnen heute nachmittag meine Aufwartung gemacht, ihnen erzählt, daß ich eine Mädchenschule für Findelkinder gründen möchte, und mich erkundigt, ob ich sie – als warmherzige Frauen und in einem Fall obendrein Mutter – wohl zu einer Spende bewegen könne.«
»Mars Ultor! Und? Haben sie angebissen?«
»Zuerst nur Atilia. Diese Pollia ist ein hartherziges kleines Biest – aber schließlich hab ich sie doch bei ihrer Ehre gepackt. Dann hat sie mir natürlich eine astronomische Summe gespendet, um mich zu beeindrucken, wie dick sie’s doch haben.«
»Du hast ihnen hoffentlich nicht verraten, wer du bist?«
»Und ob! Schließlich gibt es keinen Grund, warum sie mich mit dir in Verbindung bringen sollten.« Hart, aber wahr – fiel es mir doch selbst mitunter schwer, uns miteinander in Verbindung zu bringen. »Die Leute auf dem Pincio sind gräßliche Snobs. Deine Klienten waren entzückt, daß eine leibhaftige Senatorentochter inmitten ihrer geschmacklosen Kunstwerke Glühwein nippte und sie beschwor, sich an ihren guten Werken zu beteiligen.«
»Haben sie dich etwa betrunken gemacht?«
»Nicht ganz. Aber es ist typisch für Leute ihres Schlages, daß sie sich für tadellose Gastgeberinnen halten, wenn sie einem Besucher einen Mordspokal mit kochendheißem Inhalt kredenzen, obwohl das zu dieser Tageszeit völlig unpassend war. Was ich wirklich gebraucht hätte, war eine schöne Schale Kräutertee. Ach, übrigens, haben sie dich betrunken gemacht?«
»Nein.«
»So ein Pech! Sie wollten, daß ich ihre protzigen Silberpokale bewundere – zu schwer zum Heben und zu überladen, um sie anständig putzen zu können. Meiner hatte den größten Topas, den ich je gesehen habe.« Sie hielt nachdenklich inne und fuhr dann fort: »Diese Leute beurteilen alles auf der Welt nach seinem Preis. Wenn etwas nicht
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