Kupfervenus
Amphitheater geschickt?«
»Ich wußte, daß er hin wollte, ja.«
»Und wußten Sie auch, wie heiß es war? War Ihnen je der Verdacht gekommen, daß er ein schwaches Herz hatte? Haben Sie versucht, ihm das Theater auszureden?«
»Ich bin keine Xanthippe.«
»Also ist Moscus übergekocht, und Sie haben seelenruhig den Schaum von der Herdbank gewischt und einen frischen Topf aufs Feuer gerückt! Wo haben Sie Eprius, den Apotheker, eigentlich gefunden?«
»Er war’s, der mich fand.« Sie legte sich zuviel Selbstbeherrschung auf. Eine Unschuldige hätte mich inzwischen längst aufs wüsteste beschimpft. »Als Moscus im Theater zusammengebrochen war, lief jemand in seine Apotheke nach einem Stärkungsmittel – vergebens. Moscus war bereits zu den Göttern heimgegangen. Das Leben kann grausam sein: Während ich noch um meinen Mann trauerte, kam Eprius, um für seine Arznei zu kassieren.«
»Aber Sie haben Ihren Gläubiger bald um den Finger gewickelt!« Severina war so anständig, sich ein kleines Lächeln zu gestatten, und ich merkte, daß ihr das Antwortzucken um meine Lippen nicht entging. »Wie ging’s weiter – Eprius ist erstickt, oder?« Sie nickte. Die emsigen Hände hielten den Webstuhl in Gang, und in mir erlosch jede Anwandlung von Mitgefühl. Ich stellte mir nämlich gerade vor, wie dieselben kleinen Hände sich anstrengten, dem Apotheker in seinem Todeskampf die Luft abzudrücken. »Waren Sie im Haus, als es passierte?«
»In einem anderen Zimmer, ja.« Ich beobachtete, wie sie sich innerlich auf die neue Fragetaktik einstellte. Sie hatte diese Geschichte schon viel zu oft geprobt, als daß ich sie hätte in Verlegenheit bringen können. »Als sie mich holten, war er bereits bewußtlos. Ich tat, was ich konnte, um ihn wieder zum Atmen zu bringen; die meisten Frauen wären an meiner Stelle in Panik geraten. Die Pastille hatte sich ganz tief im Schlund festgeklemmt. Ein Arzt fand sie später, und ich muß gestehen, daß meine Wiederbelebungsversuche versagt haben; ich bin wohl zu aufgeregt und verzweifelt gewesen. Ich habe mir deswegen genug Vorwürfe gemacht – aber man kann das, was geschah, trotzdem nur als Unfall ansehen.«
»Er hatte also Husten, wie?« fragte ich feixend.
»Ja.«
»Schon lange?«
»Wir wohnten auf dem Esquilin.« Als ungesunde Gegend wohlbekannt. Sie suchte sich wirklich überzeugende Mordmethoden aus.
»Wer gab ihm das Mentholbonbon?«
»Das hat er sich wohl selbst verschrieben! Er hatte immer ein Specksteinkästchen voll davon auf Vorrat. Ich hab ihn zwar nie eins nehmen sehen, aber er sagte mir mal, die wären gegen seinen Husten.«
»Haben Sie sich in seiner Apotheke nützlich gemacht? Eine gescheite und hilfsbereite Partnerin wie Sie – ich wette, als er Ihnen den Brautkranz brachte, haben Sie gleich als erstes angeboten, seine Rezepte zu überprüfen und mit den Giftvorräten abzustimmen … Was passierte mit Grittius Fronto?«
Diesmal schauderte sie. »Das werden Sie ja wissen! Ein wildes Tier hat ihn gefressen. Und bevor Sie fragen: Nein, ich hatte nichts mit seinen Geschäften zu tun. Ich bin nie in der Arena gewesen, in der das Unglück geschah, und ich war weder dabei noch in der Nähe, als Fronto starb.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich hörte, es sei ein sehr blutiges Schauspiel gewesen!«
Severina sagte nichts. Ihr Gesicht war von Natur aus so bleich, daß sich unmöglich feststellen ließ, ob sie jetzt wirklich außer Fassung geraten war. Aber mein Urteil stand fest.
Sie hatte zu viele plausible Antworten parat. Ich versuchte es zur Abwechslung mal mit einem Kalauer: »Ach, und den Panther haben Sie auch nicht gekannt?«
Unsere Blicke trafen sich. Ich spürte, wie ein Funke übersprang.
Offenbar hatte ich ihr Selbstbewußtsein nun doch erschüttert. Severina musterte mich jetzt sehr viel aufmerksamer. »Sie müssen eine Menge Mut haben«, sagte ich, »wenn Sie sich trauen, Ihren feuerroten Schleier über eine weitere Hochzeit zu spannen.«
»Es ist guter Stoff; ich hab ihn selbst gewebt!« Sie hatte sich wieder gefangen. Selbstironie ließ die kalten grauen Augen recht reizvoll aufleuchten. »Alleinstehende Frauen ohne Beschützer«, fuhr sie melancholisch fort, »haben ein ziemlich eingeschränktes Gesellschaftsleben.«
»Wie wahr – und bestimmt ist es schrecklich für so ein geborenes Hausmütterchen, wenn niemand mehr da ist, dem sie ein gemütliches Heim bereiten kann …«
Wenn ich nicht so viele abstoßende Details über das traurige Ende
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