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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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beiden Imperien hatten sich in letzter Zeit drastisch verschlechtert. Da sie nun aber durch fortgesetzte Rivalität gegen die eigenen Interessen verstoßen hätten, wurde dieses Fest veranstaltet, auf dem man den Streit beilegen wollte.«
    »Von wem stammte denn dieser Vorschlag?« fragte ich drohend. Ich kannte die Antwort bereits.
    »Von mir. Aber ursprünglich war’s Ihre Idee, Falco, die Streithähne zusammenzubringen …« Severina stockte und bat dann unvermittelt: »Entschuldigen Sie mich einen Moment, ja?« Sie sah aus, als ob ihr jeden Moment schlecht werden würde.
    Sie schlüpfte aus dem Zimmer. Ich gab ihr ein paar Minuten, dann ging ich ihr nach.
    Meine Spürnase führte mich in eine Kammer neben dem geschmackvollen Triklinium, wo wir mit Novus zu Mittag gegessen hatten. Severina stand reglos im Dunkeln. Ich hob die Lampe, die ich mit hereingebracht hatte. »Fehlt Ihnen etwas?«
    »Mir geht so viel im Kopf herum … es dreht sich alles.«
    Ich trat behutsam näher. »Zotica?« Ihre tiefe Versunkenheit und der starre Blick waren Anzeichen echter Erschütterung. Jetzt hob sie eine Hand an die Stirn, und im nächsten Moment begann sie zu weinen.
    Ich kämpfte meinen Verdruß nieder und knurrte: »Die erste Regel für einen Detektiv lautet: Eine Frau, die in Tränen ausbricht, führt nichts Gutes im Schilde.«
    »Dann gehen Sie solchen Frauen doch aus dem Weg!« fauchte Severina. Ich faßte sie mit zwei Fingern am Ellbogen und führte sie zu einem Diwan. Sie setzte sich folgsam hin und begann, mit abgewandtem Gesicht zu schluchzen. Ich hockte mich daneben und ließ sie weinen. »Es tut mir leid«, flüsterte sie endlich und beugte sich vor, um sich mit dem Zipfel ihres Hemdchens das Gesicht zu wischen. Ich erhaschte einen flüchtigen Blick auf ein Knie, was mich seltsam erregte.
    Sie atmete schwer, als versuche sie, mit einem unerwarteten Problem zu Rande zu kommen. Natürlich spielte sie Theater. Es konnte gar nicht anders sein. Ich erinnerte mich, daß Lusius, der Schreiber des Prätors, gesagt hatte, Severina sei normalerweise in Streßsituationen sehr beherrscht, und ich hielt Freund Lusius für einen scharfen Beobachter. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, daß ihre Erschütterung zum Teil echt war.
    »Hoffentlich haben Sie eine Geschichte für den Ermittlungsrichter parat.« Sie starrte immer noch wie in Trance vor sich hin. »Noch besser wäre es«, schlug ich vor, »Sie erzählen dem guten Onkel Marcus, was sich zugetragen hat, und lassen ihn die Sache regeln.«
    Severina streckte seufzend ihre winzigen Füßchen aus. Die Füße und das, was ich von ihren Beinen sehen konnte (mehr als üblich), waren voller Sommersprossen; die Arme ebenso. »Ach, geben Sie’s doch auf, Falco!«
    »Sie wollen also nicht mit mir reden?«
    »Wenn ich Novus vergiftet habe, ganz bestimmt nicht!«
    »Und? Haben Sie’s getan?«
    »Nein! Juno und Minerva – wenn ich bloß hinter seinem Geld hergewesen wäre, was hätte es dann für einen Sinn gehabt, ihn vor der Hochzeit zu ermorden?«
    »Das habe ich mich auch schon gefragt.«
    »Phantastisch! Und was für eine hirnrissige Erklärung ist Ihnen dazu eingefallen?«
    »Ich bin sicher, daß Sie ihn umgebracht haben – aber ich habe keinen blassen Schimmer, warum.«
    Sie sprang auf. »Didius Falco, Sie haben kein Recht, mich zu belästigen! Entweder verhaften Sie mich, oder Sie verschwinden …«
    »Was haben Sie vor, Zotica?«
    »Ich hole mir jetzt einen Krug Wein aus dem Speisezimmer – und dann werde ich mich betrinken!«
    Mein Herz pochte warnend – aber ich sagte mir, das sei vielleicht meine einzige Chance, Severina zu einer unbedachten Äußerung zu verleiten. »Ach, setzen Sie sich wieder hin! Ich hole den Krug. Und glauben Sie einem Experten: Betrinken kann man sich rascher und sehr viel lustiger, wenn einem ein Freund dabei hilft!«
XXXVII
    Warum mache ich sowas nur? (Warum macht’s überhaupt jemand?)
    Auf einem Büfett fand ich Becher und eine halbvolle Amphore mit einem Gebräu, das gallig genug schmeckte für die Art vorsätzliches Besäufnis, das unweigerlich in Übelkeit endet. Severina holte einen Krug frisches Wasser. Auf Gewürze verzichteten wir. Unser gegenseitiger Argwohn würde bei Bedarf schon für ein bitteres Aroma sorgen.
    Wir ließen uns auf dem Boden nieder und lehnten uns gegen einen Diwan. Anfangs tranken wir schweigend.
    Auch nach fünf Jahren als Privatermittler brachte mich der Anblick einer Leiche immer noch aus dem Gleichgewicht.

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