Kupfervenus
mußte zusehen, wie ein bildhübscher Caesar versuchte, mir mein Mädchen auszuspannen; und wenn die Gäste nachher alle frohgelaunt heimwankten, würde ich Stunden brauchen, um den Trümmerhaufen, den sie zurückgelassen hatten, zu beseitigen.
Eine gute Eigenschaft hat meine Familie: Sobald alles, was sie grapschen konnten, aufgegessen und ausgetrunken war, setzten sie sich rasch wieder ab. Meine Mutter entschuldigte sich mit ihrem Alter und ging als erste, freilich nicht bevor Petros Frau Silvia den jungen Kaiser kreischend daran gehindert hatte, sich nützlich zu machen, indem er die Reste des Steinbutts wegwarf. Mama hatte natürlich vor, aus den Gräten und der restlichen Brühe eine gute Suppe zu kochen. Petronius und Silvia brachten meine Mutter nach Hause (mitsamt ihrem Eimer voll Gräten). Titus besann sich darauf, ihr zum Abschied ein paar lobende Worte über Festus zu sagen (der in Judaea unter Titus gedient hatte). Noch ganz benommen von seinem Fast-Malheur mit der Abfallbeseitigung, erschien es Seiner Hoheit taktvoll, sich ebenfalls zu empfehlen. Bei mir hatte er sich bereits bedankt, und nun griff er wie von ungefähr nach Helenas Hand.
»Camillus Verus’ Tochter hat sich energisch für Ihre Interessen eingesetzt, Falco!« Ich fragte mich, ob er wohl gehört hatte, daß mein Verhältnis zu Helena nicht rein beruflicher Natur war; und ob er ahnte, wie verbissen ich mich bemühte, sie hierzubehalten. Nein, das war ihm scheinbar entgangen: ein raffinierter Taktiker, dieser Caesar!
Ich sah Helena an und schüttelte mild tadelnd den Kopf. »Ich dachte, wir wären uns über deine Aufgabe heute abend einig gewesen: Du solltest nur die Oliven rumreichen und die Weinbecher zählen, bevor die Gäste heimgehen!«
Titus bot Helena an, sie nach Hause zu bringen.
»Besten Dank, Caesar«, antwortete sie in dem ihr eigenen bestimmten Ton, »aber Didius Falco hat den Auftrag, sich um mich zu kümmern …« (ich war früher mal ihr Leibwächter gewesen). Titus ließ nicht locker. »Und er braucht das Geld!« zischelte sie da, keineswegs diskret.
Titus lachte. »Oh, das Geld kann er auch von mir bekommen …«
»Bemühen Sie sich nicht, Caesar! Ohne Arbeit nimmt er kein Geld – Sie wissen doch, wie empfindlich Falco ist!«
Indes war sie nun einmal die Tochter eines Senators. Offiziell hatte ich keinen Anspruch auf sie. Und es war undenkbar, den Sohn des Kaisers zu brüskieren, indem ich ihn auf meiner Schwelle in einen kleinlichen Streit um die Etikette verwickelte. So kam es, daß ich Helena in dem lärmenden Pulk, der Titus auf die Straße runter eskortierte, schließlich aus den Augen verlor.
Es war zwar unhöflich von mir, aber ich war so niedergeschlagen, daß ich einfach oben blieb. Nachdem meine Verwandten erst mal die zwei Treppen runtergepoltert waren und meinen kaiserlichen Gast zum Palatin zurückgewunken hatten, sahen sie keinen Grund, noch einmal all die beschwerlichen Stufen raufzukraxeln, nur um mir auf Wiedersehen zu sagen. Also gingen sie gleich heim. Die ehrbaren Bürger der Piscina Publica litten gewiß schmerzlich unter dem Spektakel, mit dem sie abzogen.
In der Wohnung war es auf einmal furchtbar still. Jetzt ging’s ans Aufräumen, und ich machte mich auf eine lange Nacht gefaßt. Ich schnippte ein paar Stengel Brunnenkresse in einen Abfalleimer, richtete träge ein paar umgekippte Becher auf und klappte dann auf einer Bank zusammen, ganz wie erschöpfte Gastgeber es zu tun pflegen, wenn sie sich nach einem rauschenden Fest den übriggebliebenen Scherbenhaufen ansehen.
Hinter mir klappte eine Tür. Ein Wesen mit sanften Fingern und feinem Zeitgefühl kitzelte mich im Nacken. Ich beugte mich vor, um ihr mehr Raum zu geben. »Bist du das?«
»Ja, ich bin’s.« Na bitte: ein gewissenhaftes Mädchen. Natürlich war sie nur zurückgekommen, um mir beim Abwasch zu helfen.
XLV
Damit hätte ich rechnen können. Die Frage war, ob ich sie überreden konnte, hinterher noch bei mir zu bleiben.
Ich beschloß, zuerst die Hausarbeit zu erledigen und die knifflige Aufgabe hinauszuschieben, bis die Müdigkeit mich schmerzunempfindlich gemacht hatte.
Helena und ich gaben ein brauchbares Gespann ab. Ich konnte zupacken, wenn es sein mußte. Sie war etwas heikler, aber im Ernstfall scheute sie vor keiner Arbeit zurück. »An welchem Ende der Straße ist der Misthaufen?« Sie stand mit zwei unappetitlichen Abfalleimern in der Wohnungstür.
»Laß sie über Nacht auf dem Treppenabsatz stehen. Die
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