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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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ist. Wenn
Sie jetzt eine Vorlesung halten, sitzen wir morgen noch hier.«

    »Okay. Also die Kurzfassung: Wir operieren in jedem
Staat, der als Hersteller oder Transitland eine Rolle spielt. Deutschland ist Letzteres.
Und hier verfügen eine ganze Menge Menschen über eine ganze Menge Geld. Also
können von Deutschland aus Drogen finanziert werden, ohne dass die Finanziers
auch nur den leisesten Dunst davon haben, was mit ihrem Geld passiert. Okay?

    Ferner ändert sich der internationale Drogenmarkt derzeit
rapide. Kolumbien hat traditionell immer nur Kokain hergestellt. Jetzt baut es
seit einigen Jahren zusätzlich auch noch den Grundstoff von Heroin an, also
Mohn. Die Kokainsträucher wuchsen bisher ausschließlich in Südamerika; jetzt
werden sie zusehends auch in Fernost angepflanzt.

    Das hat auch etwas mit den Verbrauchern zu tun. Wir erwarten
für die Vereinigten Staaten eine harte, brutale Heroinphase, für Europa und
gewisse Länder in Fernost, Japan zum Beispiel, eine Kokainphase.«

    »Wieso denn das?«

    »Das passt zur politischen Stimmung«, erklärte White lapidar.
»Der Deutsche zum Beispiel hechelt ununterbrochen seine Karriereleiter rauf,
will ununterbrochen gut drauf sein, will immer Power haben. Natürlich könnte er
künstliche Aufputscher sniefen, spritzen oder schlucken. Wer aber was auf sich
hält, schnupft Koks. Er demonstriert damit Geld, und Geld ist das Zeichen für
Erfolg.

    Kokain hat für alle Polizisten der Welt einen erheblichen
Nachteil: Kokainverbraucher fallen niemals oder nur sehr selten kriminell auf.
Bestenfalls kriegen sie eine Anzeige wegen Falschparkens. Streng genommen sind
Kokssniefer Leute mit Geld, die sich hin und wieder einen Spaß erlauben wollen,
weil Spaß im Leben das Einzige ist, was man sich ständig gönnen sollte.«

    »Warum legalisiert ihr das ganze Scheißzeug nicht einfach?«

    White sah Grau grinsend an. »Wenn wir es legalisieren,
verlieren wir unsere Spielwiese.« Er wandte sich wieder seinem dürren Ast zu
und ritzte ein Viereck in den Sand.

    »Nach wie vor ist Kokain ein Fetisch der Reichen. Wenn
ich auf der Jacht eines reichen Mannes auftauche und sage: ›He, Leutchen, hebt
mal die Patschhändchen, ich bin der schreckliche Al White von der DEA!‹, lachen
die sich tot und bieten mir die silberne Zuckerdose mit dem Kokain an. Verstehen
Sie, was ich meine? Kokain war und ist die Droge intensivster Arroganz.«

    »Haben Sie denn selbst mal gekokst?«

    »Selbstverständlich habe ich es probiert.«

    »Und? War’s gut?«

    White verzog den Mund. »Ja und nein. Ich wollte wissen,
wie es wirkt. Aber ich würde mich nie auf dieses Scheißzeug verlassen. Okay, es
putschte auf. Aber toll war es nicht.«

    »Wen soll ich suchen?«

    »Der Mann heißt Ulrich Steeben.«

    »Ein Gangster?«

    »Nein! Aber falls doch, ist er perfekt getarnt. Das kommt
darauf an, aus welcher Perspektive man ihn betrachtet. Also der Reihe nach: Wir
sind seit Jahren hinter einem Südländer her. Er ist ein Mann, der zwar Drogen
finanziert, aber seinen Enkel totprügeln würde, wenn es dem einfallen sollte,
auch nur einen Joint zu probieren. Er macht wie die meisten Großdealer sowohl
legale als auch illegale Geschäfte. Er finanziert Drogen, aber er weiß nicht
einmal, wie sie aussehen. Das interessiert ihn auch nicht.«

    »Wie heißt er?«

    »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Zu Ihrem eigenen Schutz.
Dieser Mann reiste privat nach Acapulco zum Sonnenbaden. Dann machte er einen
Abstecher ins Grenzgebiet zwischen Peru und Kolumbien. Er wollte mit ein paar Kokainherstellern
einen Plan besprechen. Es ging darum, in Berlin einen Kokainschläfer
einzusetzen.

    Der Grund ist einfach: In Europa sind die Grenzen kein
Problem mehr. Gleichzeitig wird Interpol ausgebaut, dadurch sichert man Europa
nach außen ab. Die alten Schmuggelrouten über den Atlantik an die Küste Nordspaniens
oder über Afrika taugen nicht mehr. Die Kokainmärkte in den Ballungsgebieten Europas
werden ausgetrocknet. Ein Kokainschläfer in Berlin würde für ganz Nordeuropa
viele Probleme erledigen: Wann immer jemand Kokain benötigt, der Schläfer kann
es liefern. Klar?«

    »Durchaus nicht«, sagte Grau.

    White seufzte. »Sie wollten keinen Vortrag, jetzt kriegen
Sie eben doch einen. Die nationalen und internationalen Kriminalisten sind
verdammt gut geworden. Die Kokaindealer müssen darauf reagieren. Ein Schläfer
in Berlin ist eine verdammt clevere Reaktion. Kapiert?«

    »White, ich bin Laie.« Grau sah ihn

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