Kurier
abgesperrten Gebäudes. Dort stand eine Wache, die sehr martialisch
wirkte, sich aber überhaupt nicht für sie interessierte, sondern sie ohne Gruß
passieren ließ.
»Mein Freund ist in der Fliegerbar«, sagte Luiz.
Die Bar war eine Baracke, in der ein unbeschreiblicher Lärm
herrschte und die total überfüllt war. Luiz steuerte zielsicher auf einen Zwerg
zu, ein Mann, nicht größer als ein Meter sechzig. Er klopfte ihm auf die
Schulter und sagte irgendetwas.
»Hallo«, sagte Grau. »Wir haben ein Problem.«
Der Mann war nicht älter als fünfundzwanzig, ein Weißer,
rothaarig. Er hatte ein schmales Gesicht, das völlig von Sommersprossen übersät
war. Er kicherte merkwürdig hoch und grinste wie ein Faun. »Das ist sehr gut,
Mann. Leute, die Probleme haben, geben viel Geld aus, um sie loszuwerden.«
»Richtig.« Grau lächelte. »Luiz hier meint, dass wir
nachts um drei Uhr mit dir starten können. Richtung Norden, den Magdalena
entlang bis Barranquilla.«
»Nachts um drei? He, Mann, das kostet mich meine Lizenz.«
»Nicht doch«, widersprach Grau. »Du kaufst dir eine
neue.«
»Die neue kostet tausend Dollar und fünfhundert zusätzlich
für die Bürokratenhengste und deren Scheißtempel. Aber gut, Mann, lass hören,
was du willst.«
»Er sieht bestimmt dauernd John-Wayne-Filme«, erklärte
Grau Milan auf Deutsch. »Also, es ist so: Ein Freund hat eine Tochter hier. Sie
studiert. Sagt sie. In Wirklichkeit kifft sie, nimmt Koks, badet abends in Gras
und säuft wie ein Loch. Wir holen sie raus.«
Der kleine Mann sah Grau sehr direkt an und fragte
listig: »Sie wird vielleicht bewusstlos sein?«
»Das könnte sein«, gab Grau zu. »Aber das stört dich
nicht, oder?«
»Nicht sehr.« Der kleine Mann grinste. »Aber ich kann
nachts hier nicht starten. Das geht nicht, Kumpels, das geht beim besten Willen
nicht. Die haben mich sofort am Arsch.«
»Und wo geht es?«, fragte Grau.
»Wir könnten was anderes machen. Ich könnte jetzt auftanken,
könnte die Biene nordwärts nach Honda fliegen. Kleines Kaff, nicht viel Bullen.
Ich warte da. Luiz bringt euch ran. Dann über den Rio Magdalena. Bis Barranquilla?
Hm, das geht. Aber die Frage ist, habt ihr Geld genug?«
»Das haben sie, ich sage dir, das haben sie.« Luiz nickte
heftig.
»Okay. Ich gehe also auftanken und fliege die Biene nach
Honda. Ich stehe südwärts von Honda über dem Fluss. Merkt euch das! Gut, okay,
Mann. Dann nur noch die Sache mit dem Geld. Können wir vor die Tür gehen?«
Grau nickte. »Sicher.«
Sie gingen hinaus. »Ich rechne mal den Sprit bis Barranquilla.
In Mompos tanke ich zwischen. Sind Bullen hinter euch her?«
»Wahrscheinlich nicht«, sagte Grau.
»Also, rechnen wir trotzdem mit Bullen. Ich muss tief
fliegen. Ich komme mit einer Tankfüllung nicht bis Barranquilla. Macht aber
nichts. Und dann? Von Barranquilla aus?«
»Rüber nach Puerto Rico. Was ist besser: Ponce oder San
Juan?«
»Ponce«, sagte er schnell. »Es geht aber nicht normal.«
»Wieso?«
»Weil du das Mädchen bei dir hast«, erklärte der kleine
Mann freundlich. »Aber vielleicht kann Zero helfen. Zero steht in Barranquilla
und ist pleite. Lass mich überlegen. Das mache ich von unterwegs. Kostet ein
Schweinegeld, Mann.«
»Macht nichts«, sagte Grau. »Wie viel für dich?«
»Ich heiße Negro, weil ich rote Haare habe.« Er grinste.
»Also, lass mich rechnen. Zweimal volltanken, der lange, lange Weg. Muss tief
fliegen, kostet eine Menge Sprit. Sagen wir tausend Dollar Sprit?« Er sah Grau
schnell an.
Grau nickte. »Gut. Was kostet die Stunde?«
»Nicht Stunde, pauschal. Sagen wir zweitausend? Zusammen
dreitausend?«
»Gib ihm dreitausend, Milan«, sagte Grau. »Noch etwas,
Negro: Falls du eine Sauerei machst, bist du im Arsch! Ist das klar?«
»Das ist klar, Mann, ist klar.« Er sprach einige sehr eindrücklich
kurze Sätze mit Luiz, der dauernd nickte, dann verschwand er wieder in der
Fliegerbaracke.
»Wenn er bescheißt, seid ihr tot«, sagte Grau.
Luiz sah ihn lange an und nickte dann. »Das wissen wir,
Mann. Du kannst uns glauben, dass wir das verdammt gut wissen. Du machst dies,
du machst das. Machst du dies nicht, bist du tot, machst du das nicht, bist du
erst recht tot. O ja, wir wissen das.« In seinen Augen lag ein demütiger
Ausdruck.
»Ins Hilton« ,
bestimmte Grau. »Du holst uns um zwei Uhr ab. Du sagst kein Wort, auch nicht zu
deiner Frau.«
»Kein Wort«, versprach Luiz. »Ihr werdet gutes
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