Kurier
dass er den Stoff und die Dollars will. Nichts
sonst. Er wird versuchen, dich zu kaufen. Er ist glitschig wie Schmieröl, der
schlägt an Geschmeidigkeit jeden deutschen Politiker.«
»Gut. Sonst noch irgendetwas? Wo kann man eine gute Uhr
für Milans Frau kriegen?«
»Ku’damm, nur am Ku’damm. Ich habe übrigens das ungeschnittene
Filmmaterial deiner Freundin gesehen und ihr genau erklärt, wie White und
Thelen in die Story passen. Die Redakteure weigern sich allerdings bis jetzt,
den Film zu zeigen. Sie hat wirklich Wahnsinnsaufnahmen gedreht. Das sieht
verrückt aus, wie dieser Hausmeister den toten Steeben hochwuchtet, und der …
die Genitalien im Mund …
O Gott, das können die eigentlich gar nicht zeigen. Aber
sie werden es irgendwie deichseln. Wenn das gelaufen ist, Bruder, kannst du
hier nur noch mit einer kugelsicheren Weste spazieren gehen. Da fällt mir
übrigens noch etwas ein: Dein christkatholischer Thelen, Dr. Robert Thelen: In
welcher Organisation ist der?«
»Caritas. Er bezeichnete sich als Überzeugungstäter.
Weshalb willst du das wissen?«
Sundern zog die Worte in die Länge. »Als White abgestritten
hat, die zehn Millionen Dollar zu haben, im Hotel, gestern, da hast du
wahrscheinlich nicht daran gedacht, dass Thelen sie gebunkert haben könnte,
stimmt’s?«
»Stimmt«, gab Grau zu. »Glaubst du etwa, Thelen versteckt
das Zeug in einer Kirche?«
Einen Moment lang war es sehr still.
»Ich dachte nicht gerade an eine Kirche«, sagte Sundern,
wieder sehr lang gezogen, und wahrscheinlich schielte er. »Kannst du ein bisschen
mehr über Thelen in Erfahrung bringen?«
»Ich werde es in Bonn versuchen«, versprach Grau. »Ich
melde mich. Ist Meike da?«
»Na sicher. Ich gebe sie dir.« Es dauerte eine ganze
Weile, dann meldete sie sich leicht empört: »Wo steckst du denn? Warum hast du
mich nicht mitgenommen?«
»Es war zu riskant. Hör mir zu und antworte nicht. Milan
ist der Praktiker unter uns, Milan ist der Krieger mit Erfahrung. Er sagt, dass
wir in Mehmets Haus im Grunde wie auf dem Präsentierteller sitzen. Niemand muss
uns suchen, jeder weiß, wo wir sind. Thelen, White, die Fahnder der Kripo,
Gretzki und Davidoff wissen es. Du solltest dich hässlich machen, deinen
Butterbrotbeutel nehmen und verschwinden.«
»Das geht nicht. Ich lasse Sundern nicht allein. Nicht
jetzt, Grau. Das kannst du nicht von mir verlangen.«
»Okay, wenn du meinst. Wir erledigen noch einige Einkäufe
und kommen dann.«
»Und, Grau, denk dran, ich hab dich lieb.«
»Ich dich auch. Das macht den Sommer gut.« Zu Milan sagte
er: »Sie will Sundern nicht allein lassen.«
Milan nickte, sagte aber nichts.
Sie bezahlten und gingen hinaus in die Sonne.
»Jetzt kaufe ich Berlin«, entschied Milan. »Was meinst
du, wenn ich sie heiraten will: Muss ich Mama fragen?«
»Die Verrückte? Na sicher musst du das. Sie wird dich als
Erstes ausquetschen, ob du auch genug Kundschaft für Sigrid ranschaffen kannst.
Sie hat mir gesagt, sie hätte ihre Tochter immer dazu angehalten, richtig hart
zu arbeiten, Freier um Freier abzuzocken. Stört dich das nicht?«
Milan schüttelte den Kopf. »Nein, stört mich nicht. Das
ist vorbei. Du hast eine Frau nur, wenn du ihr Herz hast.«
»So isses«, stimmte Grau zu. »Will Sigrid die Pension weiterführen?«
»Will sie nicht. Sie ist überhaupt keine Hausfrau. Sie hasst
es, Eier in die Pfanne zu hauen. Jetzt habe ich Geld und kann einen Kiosk
kriegen, und ich werde sagen: ›Schätzchen, schraub die Preise hoch!‹« Er machte
ein paar tänzelnde Schritte. »Du hast mir Glück gebracht, Grau, wirklich. Ich
sollte dir zehn Prozent abgeben.«
»Erst kaufst du eine Uhr und solide Fummel für die Dame.
Dann reden wir weiter.«
Am Ku’damm fielen sie nacheinander bei drei Juwelieren
ein und ließen sich unzählige Uhren zeigen, aber sie konnten sich nicht
einigen, ob zu Sigrid eine damenhafte Uhr oder eher die sportlichere Variante passte.
»Wenn sie polnische Würste für dich braten soll, muss es
der sportliche Typ sein.«
Einen Kompromiss, dessen Ergebnis ihnen gar nicht gefiel,
beendete Grau sehr jungenhaft mit der Bemerkung: »Dann kaufen wir eben zwei!«
»Na gut«, sagte Milan listig. »Dann kriegt sie eine mit
meinem Namen und eine mit deinem.«
Sie verbrachten zwei weitere Stunden damit, Kleider,
Mäntel und Dessous, vornehmlich in den Farben Rot und Schwarz, zu kaufen, wobei
Milan ständig gedankenverloren Höschen und Büstenhalter
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