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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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»Sie
werden schon erwartet, mein Herr. Bitte, da rechts.«

    Gretzki war ein zierliches Männchen. Etwa eins siebzig
groß, vielleicht auch nur eins fünfundsechzig. Er schlängelte sich grazil und
elegant wie ein Aal um die Billardplatte herum. Zu einem grauen Einreiher,
offensichtlich vom Schneider, trug er ein weißes Hemd mit einem grünen
Seidenschal.

    Er hatte goldene Ringe an beiden kleinen Fingern und sein
Lächeln schien eingefroren. Sein Gesicht war merkwürdigerweise, im Gegensatz zu
seinem hageren, kindlichen Körper, rund und lebhaft wie ein kleiner,
zufriedener Mond, und es sah so rosig aus, als bräuchte er sich niemals zur rasieren.

    »Ich bin Gretzki, meine Herren«, sagte er leise. Er hatte
kleine, wässrige Augen.

    »Ich heiße Grau. Das ist mein Freund Milan. Setzen Sie
sich. Etwas zu trinken? Entschuldigen Sie diese Vorstadtkneipe, aber uns schien
das am sichersten. Hier stört uns garantiert niemand.«

    »Das ist sehr gut, meine Herren. Wir haben ein diffiziles
Thema.« Er reichte ihnen die Hand.

    »Woher sprechen Sie so ausgezeichnet Deutsch?«

    »Ich bin zur Hälfte Deutscher. Bei guten Geschäften muss
man in Europa heutzutage deutsch sprechen, nicht wahr?« Er setzte sich und
zupfte die Bügelfalte über dem rechten Knie in Form. »Vielleicht einen Schluck
Champagner? Nein, nein, Sekt reicht auch.«

    »Sekt«, sagte Milan fordernd und betrachtete Gretzki
freundlich.

    »Sind Sie eingeflogen?«, fragte Grau.

    »Nein, nein, ich war ohnehin im Grenzgebiet unterwegs.
Ich bin mit dem Wagen in Berlin. Hier braucht man doch ein eigenes Auto.«

    Grau spürte, dass Milan etwas sagen wollte und ihn fragend
anblickte. Er nickte kaum merklich.

    »Mister Davidoff soll ebenfalls in Berlin sein«, sagte
Milan freundlich.

    Diese Neuigkeit gefiel Gretzki gar nicht, Davidoff konnte
er offensichtlich nicht leiden. »Das mag sein, das weiß ich nicht. Das
interessiert mich auch nicht so sehr, meine Herren.« Er lächelte plötzlich strahlend.
»Der Einzige, der mich wirklich interessiert, ist der Pole Gretzki.«

    Grau lachte und nickte. »Das Zeitalter der Einzelkämpfer.
Sie haben recht, Gretzki. Wenn ich Gretzki wäre, würde mich auch nur Gretzki
interessieren.«

    Der Wirt kam zögerlich mit einer Flasche Sekt und drei
Gläsern auf einem Tablett. Sie schwiegen und sahen ihm zu, wie er ein wenig
nervös die Flasche öffnete, sie nicht rechtzeitig genug schräg hielt und eine
Fontäne auf Milans Hosen niedergehen ließ.

    »Lass nur«, sagte Milan. »Die Hosen sollen mitsaufen.«

    Gretzki lachte begeistert und murmelte: »Köstlich. Was
sagt man von Ihrem Milan, Herr Grau? Er wäre eine ganze Armee wert.«

    »Das ist er auch«, bestätigte Grau.

    »Dann will ich ihn haben. Milan, ich zahle das Doppelte.«
    Milan lächelte fein. »Ich bin nicht käuflich.«

    Der Wirt verschwand.

    »Nun, meine Herren, können wir Klartext reden?« Er sah
sie sehr freundlich an, wenngleich seine Freundlichkeit die eines Wolfes war.
Seine Augen lachten nicht mit, sie waren jetzt kalt und hart wie grau-stumpfes
Eis.

    »Klartext.« Grau nickte. »Ich habe allerdings ein wenig
den Verdacht, dass wir die falschen Gesprächspartner sind.«
    »Aber es geht um Sundern«, sagte Gretzki mit großen,
unschuldigen Augen. »Und Sundern ist doch Ihr Freund, oder?«

    »Das ist er, in der Tat.«

    Gretzki setzte sich adrett zurecht und betrachtete eingehend
die Fingernägel seiner linken Hand.

    »Formulieren wir es so: Ihr Freund Sundern hat ein Problem.
Normalerweise hat er mit Bargeld und Rauschgift nichts zu tun. Aber jetzt
deutet alles darauf hin, dass er über einen halben Zentner Kokain verfügt.
Erstklassige Ware, wie sie normalerweise in Europa nicht auf dem Markt ist.
Zehn Millionen Dollar in bar.

    Ich weiß, ich weiß, meine Herren, alles vom lieben alten
Pedrazzini, alles nur zu treuen Händen, gebracht von dem allerliebsten Prinzen
namens Steeben, der so ekelhaft sterben musste. Ich denke, wir verstehen uns:
Ihr Freund Sundern hat ein enormes Problem mit den Sicherheitsbehörden Ihres
Landes. Ich könnte dabei helfen.« Er blinzelte sie so freundlich an, als könne
er kein Wässerchen trüben.

    Grau sah draußen im Sonnenschein eine alte Frau vorbeigehen.
Sie ging sehr langsam, schwankend fast, und verließ sich dabei auf einen
kleinen Stock. »Wie würde diese Hilfe denn aussehen?«, fragte er.

    »Sagen wir, ich würde gegen einen fairen Preis Geld und
Ware übernehmen. Kein Risiko, kein Gewinn, sage ich

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