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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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langes Plastikröhrchen strömte. »Infusion«, sagte er halblaut. Die
Stimme jedenfalls funktionierte noch.

    Etwa drei Meter entfernt waren drei kleine Ledersessel um
einen runden Tisch mit einer Glasplatte gruppiert. Dahinter zeichnete sich auf
einem roten Vorhang die Silhouette zweier hoch aufragender Fenster ab. Auf dem
Tisch standen Blumen. Gerbera, dachte Grau, es sind Gerbera. Dann machte er
sich daran, seinen Körper zu betasten. Er erinnerte sich an die Wunde knapp
oberhalb der Hüfte und fühlte vorsichtig danach. Da war ein kleiner Hügel aus
Mull und etwas, was sich ausnahm wie ein Wundpflaster. Jemand hatte seine Uhr
sorgfältig in den Lichtkreis der kleinen Lampe gelegt. Es war halb zwölf. Tag
oder Nacht? Er entschied sich für Nacht.

    Dann war da noch ein Gerät, ein kleiner Plastikkubus, auf
dem in weißen Buchstaben Baby-Alarm stand. Er grinste und sagte laut: »Ich bin wach!« Dann entdeckte er, dass er
völlig nackt war.

    Es gab nur eine Tür, eine weiße, mit Schleiflack belegte
Stahltür. Sie öffnete sich wie von Geisterhand. Milan stand da und lächelte
leicht beklommen. »Bist du okay?«

    »Vollkommen okay«, versicherte Grau. »Wo bin ich denn
hier?«

    »Im Penthouse von Mehmet, oben im fünften Stock. Du hast
vierzehn Stunden geschlafen.«

    »Was ist inzwischen passiert?«

    »Nichts, gar nichts.« Milan kam ans Bett und setzte sich.
»Du hast Meike rausgeholt, das ist deine Eintrittskarte. Sundern liebt dich
jetzt wie seinen Sohn. Kann ich offen reden, ich meine, hörst du zu?«

    »Na klar«, behauptete Grau.

    »Du hast einen Fehler gemacht in Miezes Wohnung. Du musst
das wissen.«

    »Ich werde nie mehr versuchen, irgendeine Frau irgendwelchen
Südamerikanern wegzunehmen.« Grau grinste.

    »Das weißt du noch nicht«, sagte Milan ernsthaft. »Du
hast die Schießeisen der Leute aus dem Fenster geworfen. Gut gemacht. Aber sie
tragen immer auch Waffen direkt am Körper. Sie haben immer irgendwelche
zusätzlichen Waffen, die sie niemals irgendwo liegen lassen. Messer zum
Beispiel oder Schusswaffen. Der Peruaner, der aus der Wohnung kam, hatte eine
flache Beretta. Er hat dich getroffen und du bist nur nicht tot, weil mein
Knaller qualmte, ihm die Sicht nahm und ihm in den Ohren dröhnte. Du musst das
wissen, Grau.«

    »Ich werde es mir merken«, versprach Grau, »aber ich werde
so etwas Idiotisches sowieso nie mehr tun.«

    »Du lügst wie ein Deutscher«, entgegnete Milan ruhig.
    »Was ist denn mit dir los?«

    Milan lächelte leicht. »Was soll sein? Sie fragen mir Löcher
in den Bauch, sie wollen wissen, wer du bist, woher du kommst, was du willst
und so weiter. Ich sage ihnen, ich bin nur ein kleiner Angestellter und ich
weiß von nichts.«

    »Haben sie irgendetwas gesagt, irgendetwas in unserer Sache?
Wissen sie, wo dieser Steeben ist, das Geld, der Stoff?«

    Milan schüttelte den Kopf. »Nichts, sie sagen nichts. Sie
sagen auch nicht, weshalb sich diese Indianer die Meike geholt haben. Nur
Geronimo hat einmal erwähnt, das wäre ein – wie nennt man das? –, ein Missverständnis
gewesen.«

    »Ein Missverständnis?«

    »Er hat das so gesagt Und ich soll dich von Sigrid grüßen.«

    »Wie geht es ihr?«

    »Gut. Sie beschwert sich, sie ist sauer. Sie sagt, sie
hätte nichts anderes getan, als auf der gottverdammten Treppe herumzusitzen.
Sie sagt, sie wäre unter ihren Möglichkeiten eingesetzt worden.« Er lachte
beglückt.

    »Wo seid ihr untergekommen?«

    »Wir sind bei Mama. Eine Freundin schmeißt weiter die
Pension.«

    »Wir hatten doch ausgemacht, dass wir essen gehen und
etwas für Sigrid kaufen.«

    »Du hast wirklich Sorgen«, sagte Milan mit beißendem
Spott. »Ich habe deinen Gürtel mit dem ganzen Geld. Hier ist er.« Er zog ihn
aus der Innentasche seines Jacketts und legte ihn aufs Bett.

    »Ich brauche das jetzt nicht, behalt du es. Glaubst du,
wir kommen weiter?«

    »Ich weiß es nicht, ich schweige, ich warte. Sundern will
dich sprechen, natürlich. Meike auch. Puh, sie ist ein Wahnsinnsgeschoss, aber
auch gefährlich.«

    »Wieso das?«

    »Ich weiß es nicht, ich ahne es nur. Sie wartet übrigens
draußen. Du kannst jetzt dieses Baby-Gerät abschalten.« Er griff nach dem
kleinen Kunststoffkasten und drückte einen Knopf. »Sie verehren dich wie Jesus,
und natürlich glauben sie nicht, dass du Journalist bist.«

    »Aber ich bin einer …«

    Milan schüttelte den Kopf. »Du bist jetzt keiner, Grau,
du bist keiner mehr. Ich schick dir Meike

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