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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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rein.«

    Er ging und Meike kam.

    Sie wirkte wie ein braves schönes Mädchen, sie war nicht
geschminkt. Sie kam in einfachen blauen Jeans, weißer, hochgeschlossener Bluse
und flachen schwarzen Lackschuhen. Sie trug das lange blonde Haar als
Pferdeschwanz. Sie sagte munter mit einer etwas heiseren Stimme: »Du hast drei
Wünsche frei, Fremder.«
    Sie blieb einen Meter vor seinem Bett stehen und verschränkte
die Arme. Sie wirkte nervös.

    Grau wollte ihr die Befangenheit nehmen und schwadronierte
drauflos: »Ich möchte, dass du mich liebst, dass wir heiraten, dass wir ein
paar Kinder zusammen kriegen, dass wir auswandern, irgendwo eine Hütte bauen
und Schafe züchten, nein, Pferde.«

    »Das ist sehr gut«, sagte sie und grinste wie ein Junge.
»Warum hast du mich herausgeholt?«

    »Das weiß ich selbst nicht so genau«, erwiderte Grau.
»Willst du dich nicht setzen?«

    Sie war froh, irgendetwas tun zu können. Sie sah sich um
und murmelte: »Eine trostlose Bleibe ist das hier.« Dann ging sie zu der
Sitzecke, nahm einen Sessel und schob ihn polternd ans Bett heran. Sie drehte
sich wieder um und zog auch das Tischchen näher zu Grau.

    »So ist es etwas gemütlicher«, sagte sie. Sie legte das
rechte Bein hoch über das linke. »Im Ernst, das wäre beinahe ziemlich
schiefgegangen. Ich danke dir, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Warum hast
du das gemacht?«

    »Ich will einen heißen Draht zu Sundern«, antwortete er
ganz ehrlich. »Außerdem fand ich es beschissen von denen, dich als Geisel zu
nehmen. Was wollten denn die Typen?«

    »Sie wollten etwas von Sundern, von dem sie glaubten, er
hätte es.«

    Grau nickte. »Zehn Millionen in bar und fünfzig Pfund
reines Kokain.«

    »Wenn du das weißt, bist du doch garantiert ein Bulle«,
sagte sie altklug.

    »Das bin ich nicht«, sagte er. Sie sah schön aus am Rande
des matten Lichtscheins, sie verwirrte ihn. »Lebt dieser Mann noch?«

    »Welcher Mann?« Sie sah ihn schnell an, sie ignorierte
die Frage und versuchte, um eine Antwort herumzusteuern.

    Sie zog eine kleine, flache silberne Dose aus der Hosentasche
und ließ sie aufspringen. Die Innenseite des Deckels bestand aus einem kleinen
Spiegel. Zuerst dachte Grau, sie würde sich schminken, einfach so, in seiner
Gegenwart. Aber sie hatte etwas ganz anderes im Sinn.

    Sie zückte einen kleinen Briefumschlag und schüttete mit
einem winzigen Löffel ein weißes Pulver auf den Spiegel. Dann zauberte sie eine
Art Rasierklinge hervor und hackte damit geschickt auf das Pulver ein.
Schließlich zog sie den feinen weißen Staub zu einer langen Linie auseinander,
holte einen Tausendmarkschein aus der Hosentasche und rollte ihn versiert zu
einem Röhrchen. Sie zog das Kokain in ihr rechtes Nasenloch hoch und sah ihn
dann strahlend an.

    »Hast du das von Nase?«, fragte Grau unverfroren. Er war
wütend, er hatte einen Klumpen aus Wut im Bauch.

    »Wer ist denn schon Nase?«, fragte sie provozierend.
»Nase ist ein Arsch.«

    »Der Arsch hatte die Wohnung von Mieze gemietet, um dich
und die Peruaner dort unterzubringen«, sagte Grau leichthin.

    »Kannst du das beweisen?«, fragte sie schnell.

    »Das brauche ich nicht«, entgegnete Grau. »Ich weiß es
einfach, und mit dieser Tatsache wird Nase leben müssen.«

    »Er streitet es aber ab«, sagte sie. Sie schniefte ein paarmal.

    »Mieze hat es mir gesagt.« Grau betrachtete eindringlich
die Infusionsflasche. Sie war leer.

    »Klemm sie ab«, bat er. Er löste das Pflaster vom Arm,
mit dem die Nadel in der Vene gehalten wurde, und zog die Nadel heraus.

    »Das mit dem Kokain ist nicht gut«, sagte er gepresst.

    »Es bringt mich gut drauf«, erklärte sie. »Ich brauche es
nicht, aber für Leute, die Sorgen haben, ist es ein verdammt guter
Muntermacher.«

    »Eine verdammte Scheiße ist es, und du weißt das genau.«
Er wurde beängstigend sanft.

    Sie setzte sich wieder und zog das rechte Bein dicht an ihren
Körper, als könnte sie sich so vor seinen Vorwürfen schützen. »Bist du ein
Spießer?«

    Grau überlegte. »Wahrscheinlich. Also gut. Sundern hat
weder die Dollars noch das Kokain. Und wer hat es dann?«

    »Das wissen wir nicht.«

    »Lebt dieser Mann noch, dieser Steeben?«
    Sie nickte. »Er lebt noch.«

    »Woher weißt du das?«, wollte Grau wissen.

    Sie zog ein zerknülltes Stück Papier aus der Tasche und
gab es ihm. »Vielleicht solltest du nicht darüber sprechen«, bat sie, »aber ich
schulde dir noch was.«

    Es war ein Telegramm und der

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