Kurier
wahr? O Gott, Grau, du machst eine glückliche
Frau aus mir! Das ist viel besser als ein langer Orgasmus auf dem Wasserbett,
oh, Verzeihung. Wirklich ein Diplomat? Kein Irrtum?«
»Besorg mir eine Bleibe. Erst dann recherchierst du.«
»Moment, Moment, Moment, nicht einhängen, bitte. Grau, es
hängt so verdammt viel davon ab. Ich kann hier bei der ARD in Berlin
einsteigen. Ich kann eine Kamera und ein Team kriegen.«
»Gut, einverstanden.«
»Kann ich meine Kontakte in der Szene anzapfen?«
»Du kannst alle fragen, nur einen nicht: Sundern. Geht
das klar?«
»Okay. Sundern ist also dein Mann. Einverstanden. Kann
ich Nase fragen?«
»Das geht nicht mehr, der ist gerade explodiert. Ich war
Zeuge: Er ist mausetot. Aber du kannst mit dem Kamerateam an einen bestimmten
Ort fahren. Du musst allerdings verdammt schnell sein. Da steht ein Bauernhof
in Flammen. Müritzsee, zwischen Klink und Grabenitz, notiert? Und da drin liegt
unter anderem die Leiche von Nase. Wie heißt Nase eigentlich mit bürgerlichem
Namen?«
»Erwin. Erwin Habdank. Wirklich tot? Was machst du da für
eine Geschichte? Kann ich die Wohnung von jemand anderem besorgen lassen? Unter
dieser Telefonnummer hier? Klink und Grabenitz habe ich.«
Meike sagte plötzlich erschreckt: »Mir ist so schlecht.«
Sie sagte es wie ein fieberkrankes Kind.
»Ich muss aufhören«, sagte Grau hastig. »Ich garantiere
dir die Geschichte. Bis später. Falls du ein Funktelefon hast, merk dir diese
Zahlen.« Er gab ihr die Nummer und kappte die Verbindung.
»Zwei Kilometer noch«, sagte Milan. »Besorgt sie eine
Wohnung? Wer ist sie denn überhaupt?«
»Ein guter Typ«, sagte Grau. »Sie ist nach Berlin
versetzt worden, weil ihre Zeitung fand, dass sie zu respektlos mit den Bonner
Amtsinhabern umspringt. Sie hilft uns. Ich erkläre dir das noch genau.«
»Ich kann es mir vorstellen«, sagte Milan und nickte heftig.
»Du machst jetzt Druck, nicht wahr?«
»Überdruck«, sagte Grau. »Meike, wir sind da.«
Sie folgten den Schildern. »Lasst mich das machen«, sagte
Grau. »Wir müssen schnell sein. Pass auf Frau Namenlos auf.«
»Sicher«, murmelte Milan, »sicher. Und wenn irgendetwas
passiert?«
»Gas geben, abhauen«, empfahl Grau lapidar. Er ließ den
Wagen über einen schmalen Weg zur Ambulanz rollen.
Die Schwester am Empfang war etwa sechzig, und offenbar
mochte sie die Nachtschicht nicht. Sie wirkte ziemlich mürrisch.
»Wir hätten gern einen Arzt«, sagte Grau munter und mit
einem freundlichen Lächeln.
Sie sah nur knapp hoch. »Aha. Und weshalb, bitte sehr?
Unfall?«
»Nein, weil der dringende Verdacht besteht, dass dieser
Frau Heroin gespritzt wurde.«
»Polizei«, sagte sie scharf.
»Ist das hier ein Krankenhaus oder eine Polizeiwache?«, stellte
Grau eine schnelle Gegenfrage.
»So einfach ist das nicht, junger Mann. Bei Verdacht auf
Heroin müssen wir die Polizei einschalten.«
»Zunächst einmal müssen Sie für den betroffenen Menschen
sorgen«, belehrte Grau sie grob. »Hier ist mein Presseausweis. Ich würde Ihnen
raten, verdammt schnell zu sein. Sonst werde nämlich ich die Polizei rufen.«
Sie wollte protestieren, aber sie wusste, dass er recht
hatte. Sie griff zum Telefon. »Ambulanz. Dr. Hoffmann, kommen Sie, bitte.« Sie
knallte den Hörer auf und sagte giftig: »Ihren Ausweis, bitte. Ist die Dame
versichert? Und wo?«
»Sie ist versichert, aber ich zahle bar.« Er griff in die
Tasche und legte einen Geldschein hin. »Können Sie quittieren?«
Sie stotterte augenblicklich: »Das darf ich gar nicht,
das kann ich nicht. Sie müssen wiederkommen, wenn die Kasse geöffnet hat.«
»Du lieber Gott«, sagte Grau ergeben und verdrehte die
Augen zum Himmel.
Ein junger Mann in weißem Kittel kam, gähnte ungeniert und
fragte: »Hier stirbt doch keiner oder wem geht es schlecht?«
»Meiner Freundin«, sagte Grau schnell. »Wahrscheinlich
wurde ihr Heroin gespritzt. Haben Sie den Schnelltest?«
Der Mediziner nickte, kratze sich am Kinn und sagte:
»Haben wir. Wieso? War sie bewusstlos? Unfall? Oder haben Sie an einer Orgie
teilgenommen?«
Da sagte Meike: »Hier sind die Einstiche.«
Der Arzt nahm ihren Arm, glitt mit der Handfläche über
die Armbeuge, fasste an ihren Kopf, legte ihn schief, sagte: »Augen weit auf!«,
und blickte aufmerksam auf ihre Pupillen. »Kann sein«, sagte er dann. »Wer war
das Schwein? Und was ist das für eine Wunde am Knie?«
»Genau wissen wir es nicht«, sagte Grau.
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