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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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um.

    »Ja«, sagte sie wie ein Kind. Dann stieß sie Milan
beiseite, setzte sich sehr aufrecht und legte Grau beide Arme von hinten um den
Hals.

    »War es wirklich Heroin?«, wiederholte Grau.

    »Ja, ja, Nase hat das jedenfalls behauptet.«

    »Dann ab in ein Krankenhaus«, bestimmte Grau. »Kann sein,
dass der Kreislauf wegsackt. Das riskiere ich nicht. Milan, wie heißt die
nächste Stadt?«

    »Penzlin. Sieht groß genug aus für ein Krankenhaus.«

    »Also los«, sagte Grau. Ihre Hände fühlten sich gut an,
sie waren sehr warm und lebendig, und sie verwirrten ihn. »Wir holen dich da
raus«, setzte er hinzu. Er fuhr sehr schnell. »Ruf die Auskunft an«, sagte er.
»Ich brauche in Berlin die Nummer einer alten Kollegin. Warte mal, sie heißt
Helga Friese. Genau, Helga Friese.«

    »Wieso denn das? Soll ich lieber fahren?« Milan war nervös.

    »Kein Risiko«, mahnte Grau. »Helga Friese.«

    Milan telefonierte und Grau fuhr höchst konzentriert.
Meike hatte noch immer die Arme um seinen Hals geschlungen.

    Sie redete wie ein Kind. »Sie hatten nichts zu essen in
dem Haus. Nur Bier. Ich mag kein Bier.«

    »Ich hab die Nummer«, sagte Milan. »Soll ich wählen?«

    Grau nickte. Dann nahm er den Hörer und musste eine Weile
warten. Ein Mann sagte sehr ärgerlich: »Verdammt noch mal, wer ist da?«

    »Entschuldigung«, haspelte Grau.

    »Wissen Sie denn, wie viel Uhr es ist?«

    »Irgendwas um vier Uhr morgens. Ich hätte gern Helga
Friese. Kann ich sie bei Ihnen erreichen? Es ist sehr dringend, ein beruflicher
Notfall.«

    Der Mann wurde ein wenig freundlicher. »Helga hat
schlechte Laune und einen dicken Kopf. Ich weiß nicht, ob sie mit Ihnen
sprechen will.«

    »Sie muss«, beharrte Grau eigensinnig.

    Der Mann sagte halblaut: »Es ist beruflich, sagt er. Du
solltest in die Welt zurückkehren und dem Schnaps abschwören. Hier ist die
Welt.« Offensichtlich hielt er ihr den Hörer hin.
    »Ich will die Welt nicht«, sagte sie nörgelnd, aber dann
war sie dran und krächzte: »Ja, bitte?«

    »Grau hier, falls du dich erinnerst, Grau in Bonn, Jobst
Grau.«

    »Traum meiner schlaflosen Nächte.« Sie schien durchaus
erfreut.

    »Ich recherchiere in Berlin eine haarige Geschichte. Ich
kann jetzt nicht viel erklären. Kannst du mir helfen? Du wirst normal bezahlt,
ich würde sagen, ich gehe mit tausend Dollar in Vorschuss. Ist das okay?«

    »Oh! Grau-Schätzchen, was sagst du da? Moment mal, ich
gehe in mein Arbeitszimmer.«

    Grau grinste, glücklicherweise verlief die Straße schnurgerade.
Dann war sie wieder da.

    »Arbeitest du noch immer frei?«, fragte er.

    »Ja«, sagte sie. »Aber ehrlich gestanden habe ich die
Nase voll. Ich warte auf einen Hammer, verstehst du? Wenn ich einen Hammer
habe, kriege ich auch einen festen Job. Ich könnte dann in ein eigenes Bett
wechseln, wenn du weißt, was ich meine …«

    Grau spürte den Atem von Meike in seinem Nacken.

    »Ich verstehe. Aber er macht doch einen ganz netten Eindruck.«

    »Er ist ja auch nett«, sagte sie gedehnt. »Aber unter
uns: Es ist einfach beschissen, immer auf die Fünfmarkstücke vom eigenen Macker
angewiesen zu sein, oder? Grau, ich tue alles für dich, also, kriege ich einen
Hammer?«

    »Zuerst brauche ich eine Wohnung. Niemand darf wissen, wo
sie ist und dass ich drin bin. Die Wohnung sollte mindestens vier Betten haben
und möglichst …«

    »Was hat das mit unserem Job zu tun? Wohnung in Berlin?
Bist du wahnsinnig?«

    »Es gehört zum Hammer«, sagte Grau ruhig, »lass dir was
einfallen. Ich bezahle notfalls auch das Hotel, wenn irgendwelche Leute uns die
Wohnung zur Verfügung stellen. Das ist Punkt Nummer eins. Punkt Nummer zwei,
und der ist ungleich wichtiger: Hast du Beziehungen zum Landeskriminalamt?
Drogen?

    Ich brauche eine genaue Analyse der letzten acht bis zehn
Wochen. Die größten Gruppen. Wer verscheuert was? Gab es Bewegung auf dem
Kokainmarkt? Ist es wahr, dass jemand mit einem halben Zentner reinem Kokain
und zehn Millionen Dollar in bar in die Szene der Stadt eingestiegen ist? Alles
notiert?«

    »Zehn Millionen Dollar in bar? Bist du verrückt?«

    »Nicht die Spur. Dann rufst du sofort nach neun Uhr das
Presseamt des Auswärtigen Amtes in Bonn an und fragst nach einem jungen
Diplomaten namens Ulrich Steeben, Dr. Ulrich Steeben. Du darfst aber nicht
sagen, dass dieser Mann mit den Dollars und dem Koks in Berlin gelandet ist.
Das ist dein Hammer. Du fragst einfach ganz harmlos, wo der abgeblieben ist.«

    »Ist das

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