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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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Morgenmäntel. Das ist wohl besser.«
Dann zupfte sie ein paar schweißnasse Haare zur Seite. »Du kannst herrlich
albern sein.«

    Grau ging ins Badezimmer, um die Mäntel zu holen.

    »Du hast den schönsten flachen Bauch der Welt«, sagte er,
als er zurückkam.

    »Wie geht es dir?, fragt der Bauch.«

    »Wie dem Macker in Pretty
Woman. Er stiert dich an und weiß nicht, wer du bist. Also: Wer bist du?«

    »Sundern sagt immer, ich wäre der weiße Reiher in der
ersten Reihe seiner Nachtgeschöpfe.«

    »Sundern ist wirklich ein Poet. Eigentlich wollte ich
aber wissen, wer du bist, und nicht, was Sundern sagt.«

    »Ich will so eine schwere Frage jetzt nicht beantworten«,
gab sie ernsthaft zurück. »Aber sag mir mal eins: Wenn du wirklich Journalist
bist, was für eine Geschichte willst du dann schreiben?«

    »Über das neue Berlin«, sagte Grau schnell, »über das
neue Regierungs-Berlin.«

    »Was soll dann dieser Milan?«

    »Milan ist mein Freund.«

    »Ein Freund, der anderen Leuten Lokuspapier in den Mund
stopft oder ihnen die Arme bricht?« Sie war jetzt sehr weit weg und voller Misstrauen.

    »Woher weißt du das mit den gebrochenen Armen? Das war
übrigens ein Geheimdienstmann.« Grau wurde langsam patzig. Er dachte: Wir haben
uns so schön und spontan gefunden, und schon die ersten Worte trennen uns
wieder. Worte trennen offenbar immer in diesem Gewerbe.

    »Grau«, sagte sie mild, »du vergisst, dass dies Sunderns
Stadt ist. Er braucht nicht einmal zu fragen, irgendjemand ruft ihn an und
erzählt es ihm. Bist du denn so naiv?«

    »Na, sicher bin ich naiv«, erklärte er sanft. »Ich muss
naiv sein, um schlimme Fragen stellen zu können. Also: Ich erzähle dir die
Geschichte. Es ist eine komische Story, weil ich ursprünglich nur aus Bonn fortwollte.
Ich wollte irgendwie mein Leben ändern.«

    Es klingelte und sie sahen versunken und unbeteiligt zu,
wie Milan aus dem Kinderzimmer stürzte und die Tür öffnete. Draußen stand
Sigrid und sie heulte laut vor Erleichterung. Sie fiel Milan um den Hals und
wollte ihn nicht mehr loslassen.

    »Es ist wirklich eine komische Geschichte«, redete Grau weiter.
»Ich wollte einfach weg, irgendwie weg. – Hallo, Sigrid.«

    »Grau-Schätzchen! Du hast Milan Papiere besorgt, richtige
Papiere?« Sie sah wie immer ein wenig zerknautscht aus, ihr Make-up wirkte
verschmiert und eingetrocknet.

    Grau nickte. »Habe ich. Es war ein Sonderangebot. Das ist
Meike, das ist Sigrid. Sie hat die Treppe besetzt, als wir dich rausholten.«

    »Und meine ganzen Klamotten habe ich mit billigem Whiskey
versaut«, tönte Sigrid. »Sind Sie die Meike von Sundern?«

    »Ich bin die Meike von Sundern, Schwester.«

    Sigrid kniff die Augen zusammen. »So oft wie die Mannsleute
Sie irgendwo rausholen mussten, sind Sie ja wohl eine Chaos-Meike, oder? Na,
macht nichts, Hauptsache, es passiert keinem was. Und Nase ist zum Herrn
aufgefahren, habe ich gehört?«

    »Das ist er«, bestätigte Grau. »Kanntest du ihn denn?«

    »Na klar, wer kannte ihn nicht? Wie soll das Spielchen
denn jetzt weitergehen?« Sie stemmte die Arme in die Hüften, was eindeutig
hieß: Grau, spuck gefälligst sofort deine Pläne aus!

    »Ich weiß es nicht«, sagte Grau. »Ich gehe nachher mit
Milan zu Sundern. Ich hoffe, Sundern wird ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.
Was glaubst du?« Er sah Meike an.

    »Ich weiß es nicht, Grau. Sie sagen, irgendwas Komisches
sei gelaufen und Steeben hätte mich beschissen. Ich weiß nicht, warum er mich
beschissen haben soll. Hör mal, Schwester, können wir vielleicht ein paar Sachen
kaufen gehen und …«

    »Du verlässt diese Wohnung nicht«, sagte Grau hastig.
»Ich bin froh, dass du gerade mal nicht gekidnappt bist!«

    »Aber kein Mensch weiß, dass ich hier bin«, schnauzte
sie.

    Milan mischte sich mit sanfter Stimme ein: »Du kannst
jetzt nicht raus, Meike. Sigrid kann dir doch ein paar Sachen besorgen. Das
geht, aber mehr auch nicht.«

    »Also, Schätzchen«, sagte Sigrid munter, »ich rede mal
ein paar Takte mit meinem Milan, und dann hole ich dir, was du brauchst. Soll
ich dir Klamotten kaufen oder so?«

    »Aber alles ganz unauffällig«, verlangte Milan.

    »Ganz professionell«, betonte Sigrid. »Ich bin über die
Höfe gekommen, mich hat hier auf der Straße kein Mensch gesehen. Also, Milan,
was ist? Reden wir?«

    Er lächelte. »Wir reden. Wir reden im Kinderzimmer.« Sie
gingen.

    »Milan ist irgendwie gut. So unbefangen«, sagte Meike.
»Du bist

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