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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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jetzt den Umfang der Sauerei?«

    »Hat White denn so kalkuliert, dass irgendjemand hingeht
und Steeben tötet?«

    »Das denkt der brave Laie. White und Thelen wollten einfach,
dass die Ratten aus ihren Löchern kommen und dann von den Berliner Bullen
abkassiert werden. Sie wollten das, um sich einen Status zu schaffen, der sie
unangreifbar macht. Als Drogenkönige von Berlin.«

    »Und das Ganze, ohne dass Steeben und sein Ziehvater in
Italien etwas ahnten! Das ist ja geradezu ungeheuerlich. Dann braucht doch der
Italiener bloß noch Steeben samt Stoff und Geld aus Berlin verschwinden zu
lassen. Oder?«

    »Sehr richtig«, lobte Sundern. »Sehr richtig gedacht. Der
olle Italiener brauchte nur Steeben anzurufen und zu sagen: ›Mein Junge, pack
deine Sachen und verschwinde, das Ganze ist eine Falle!‹ Aber das hat er nicht
getan, lieber Grau, genau das hat er nicht getan!« Jetzt schielte er wieder.

    »Woher wissen Sie das?«, fragte Grau erregt.

    »Der Mann heißt Pedrazzini, hockt auf seinem Landsitz in
der Toscana und ist so etwas wie mein Gönner. Er mag mich. Er sagte mir heute
Mittag am Telefon, er habe Steeben nicht befohlen, samt Gepäck aus Berlin zu
verschwinden. Meine zweite Frage war: ›Hatte Steeben denn wirklich so viel Geld
und Koks bei sich?‹ Und die Antwort lautete sehr trocken: ›Leider ja!‹ Das ist
der Stand, Grau.«

    »Was sagte er noch? Ich meine, er muss doch irgendetwas
dazu gesagt haben, irgendetwas zu Thelen oder White.«

    »Er ist ein weiser alter Mann, den man nicht überstrapazieren
darf. Er hat schweres Asthma. Ich habe nur wissen wollen, ob Steeben in Berlin
angekommen ist und ob er das Zeug da bei sich hatte. Pedra sagte Ja, also
stimmt es auch. Die Amsterdam-Leute waren stinksauer. Nicht nur weil Steeben
hier mit einem Sack voll Koks einmarschiert ist, sondern auch weil Pedra vorher
kein Wort darüber hat verlauten lassen.

    Für sie war das rätselhaft, denn für sie – und auch für
mich – hätte Pedra mit ihnen reden und ihnen sagen müssen, was er vorhat. Also
dachten sie: Der Schweinehund Sundern steckt dahinter! Sie holten sich Meike
und mussten begreifen, dass ich nicht dahinterstecke und nichts von diesem
ganzen Geschäft wusste. Dann kriegte Nase Angst. Er hatte den Peruanern aus
Amsterdam das Quartier angeboten und selbstverständlich gewusst, dass sie sich
Meike holen wollten. Also holte er sich Meike, um gewissermaßen meiner Rache zu
entgehen.«

    Er grinste wie ein Junge. »Sie sehen, es geht durchaus so
zu wie in jeder gutbürgerlichen Familie: Klaust du meine Meike, klau ich deine
Meike. Aber die Amsterdamer waren von Beginn an viel raffinierter: Sie
schickten nicht nur die Typen aus Übersee, sie schickten auch Mathilde, um postwendend
Rache zu nehmen und Nases Bauernhaus in die Luft zu jagen. Das konnte Mathilde
aber nicht tun, solange Meike im Haus war. Die Amsterdamer wussten jetzt, dass
Sundern nichts damit zu tun hat, wohl aber Nase. Den können wir nicht mehr
fragen. Ich vermute, dass White und Thelen ihm ein mieses Geschäft
vorgeschlagen haben. Bis jetzt also hatten nur White und Thelen gewisse
Vorteile, niemand sonst. Ich habe mit Mama Chang gesprochen.«

    »Wer ist denn Mama Chang?«

    »Mama Chang ist eine kluge alte Frau in Amsterdam, die
verdammt gute, schnelle Geschäfte macht. Mama Chang ist sehr daran
interessiert, ein sauberes Berlin zu haben, einen klaren Markt.«

    »Das heißt also, wir haben jetzt einen Schwebezustand?«, fragte
Grau.

    »Ja, und ich vermute, die Schweinerei geht erst so
richtig los. Steeben ist also samt Gepäck seit zehn Tagen in der Stadt und
niemand weiß, wo er ist. Bevor er nicht wieder auftaucht, haben die Bullen
Hochkonjunktur. Wir können nur abwarten, was weiter geschieht.«

    »Wie kommt denn diese Mama Chang dazu, einen Überseetrupp
zu schicken? Die fallen hier doch auf wie weiße Elefanten?«

    Sundern lachte heiter. »Das ist eine wunderbare Truppe.
Es sind Peruaner und eigentlich nennen sie sich Andentänzer. Sie machen
Volkstanz. Vor fünf Jahren kamen sie im Austausch rüber, Kulturaustausch
zwischen Peru und den Niederlanden. Sie entschieden sich, hierzubleiben, denn
hier können sie richtig viel verdienen. Nicht nur durch tanzen. Also bleiben
sie hier, scheffeln Geld und schicken es in ihre Dörfer. Das ist
Entwicklungshilfe.« Jetzt lachte er schallend.

    »Warum sagen Sie eigentlich, Sie hätten selbstverständlich
auch mit der Unterwelt zu tun?«

    »Weil ich sie alle kenne. Das bleibt bei

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