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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Bach
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stand auf, ging zur Wohnungstür und trat in den Flur, sog die
Luft ein. Es roch nach nichts. Nur nach altem Haus. Nicht nach Knoblauch, nicht
nach gebratenem Fleisch, nicht nach Rosmarin, nicht nach Bratkartoffeln.
    Seitdem Arno hier wohnte, wohnten auch diese Gerüche im Flur. Warum
roch es nicht nach Essen?
    Sie stieg die Stufen in den ersten Stock hoch.
    Hinter den Milchglasscheiben von Arnos Wohnungstür war es dunkel.
Der Aufkleber mit seinem Namen war weg. Ein kleiner weißer Papierstreifen am
Türrahmen war alles, was davon übrig geblieben war. Das »el«, der letzte Rest
von »Arno Herkel«.
    Die Kiste. Deshalb stand die Kiste im Flur!
    Maria rannte die Treppe wieder hinunter und riss die Kiste auf. Ein
Plastikseiher, ein alter Handfeger, CD s.
Bücher. Alles Dinge, die Arno sich von ihr geliehen hatte.
    Dann sah sie den Brief. Er war heruntergefallen, hatte zwischen
Pappe und Wand darauf gewartet, gefunden zu werden.
    Ihr Herz schlug so heftig, dass es in ihren Ohren pochte. Sie öffnete
den weißen Umschlag.
    Hallo, Feigling!, stand in
der ersten Zeile.
    Maria ahnte, was noch da stand.
    Ein Klingeln. Das Telefon in ihrer Wohnung.
    Sie eilte hinein, ließ den Brief auf den Couchtisch fallen, als
könnte sie sich daran die Finger verbrennen.
    Mengert war am Apparat. »Hallo, Maria. Es gibt Neuigkeiten.«
    »Habt ihr jemanden von der VSA erwischt?«
    »Arthur telefoniert denen noch hinterher. Aber deshalb rufe ich
nicht an. Es ist jemand hier, der dich sprechen möchte.«
    Sie sah auf das Blatt, das auf dem Tisch lag. Es ging gar nicht
anders. Sie musste lesen, was da stand, ob sie wollte oder nicht.
    … hatte ich die Hoffnung, dass es dir auch so geht … muss ich
dein Nein wohl respektieren … wünsche dir für dein Leben …
    Der konnte doch nicht einfach so abhauen!
    Wieso hatte er nicht wenigstens noch einmal mit ihr geredet! Nur
weil sie nicht mit ihm ins Bett ging, musste er doch nicht gleich die Koffer
packen.
    »Hallo. Bist du noch da?«
    »Ja, ja.«
    Er hatte noch vor ein paar Wochen gesagt, es gefalle ihm in Heidelberg.
Hatte mit ihr darüber gesprochen, dass er seiner Tante vielleicht die Wohnung
abkaufen wollte. Und dann verschwand er einfach?
    Das konnte gar nicht sein. Der machte Witze. Morgen war er bestimmt
wieder da.
    »Ich habe ihm gesagt, du kommst gleich.«
    »Wem?«
    »Sag mal, hörst du mir überhaupt zu? Rinkner! Kurt Rinkner ist
zurückgekommen. Er will mit dir reden. Nur mit dir.«
    Es dauerte knappe sieben Minuten, dann war sie an der
Polizeidirektion. Auf dem Weg dorthin hatte sie mühsam versucht, Arno aus ihrem
Kopf zu verbannen.
    Als sie die Tür zur Abteilung aufzog, kam Mengert ihr schon
entgegen.
    »Er sitzt hinten bei mir im Büro mit einer Fahne, als wäre er Perkeo
persönlich. Er hat gesagt, er will nur mit dir reden. Seitdem schweigt er die
Wand an.«
    »Ist Alsberger noch da?«
    »Der ist nach Hause gegangen.«
    Maria hastete den Flur entlang, Mengert hinterher.
    »Arthur hat eben eine Mitarbeiterin von dieser VSA ausfindig gemacht. Die ist zum Büro
und sucht die Sachen raus. Da müssten wir bald was hören.«
    Es war, als wären sie beide niemals weg gewesen.
    Rinkner saß vor dem Schreibtisch, das gleiche Bild, derselbe
gebeugte Mann. Einen Unterschied gab es allerdings: In dem kleinen Raum roch es
wie in einer Kneipe.
    »Hallo, Herr Rinkner.«
    Maria warf ihre Jacke über die Stuhllehne und setzte sich an den
Schreibtisch. Mengert lehnte sich an die Wand, sodass Rinkner ihn nicht direkt
im Blick hatte.
    »Mein Kollege hat mir erzählt, dass Sie mir etwas sagen wollen?«
    Rinkner hob den massigen Schädel. Seine Augen waren rot gerändert.
    »Ich wollte …«
    »Was wollten Sie?«
    »Lea … Sie hat ihn gesehen … der das Mädchen entführt hat …«
    »Ja, den hat sie gesehen. Das wissen wir schon.«
    Als Rinkners Alkoholdunst ihre Schreibtischseite erreichte, wich
Maria unwillkürlich zurück.
    »Sie hat mich gehasst«, sagte er.
    Er atmete aus, schickte neue Alkoholschwaden über den Tisch.
    »Sie kam und hat geschrien. Dass sie geht. Ich habe …«
    Es klopfte, Arthur schaute herein.
    »Kannst du mal kommen, Maria?«
    Er wartete im Flur. Sie konnte es an seinem Gesicht sehen: Es war
nichts Gutes, was er ihr zu sagen hatte.
    »Am 3. August ist dieses ›Corti-Pulmonale‹ kein einziges Mal in der
Apotheke verkauft worden. Ich habe sie gebeten, uns mal alle Namen zu faxen von
denen, die das Medikament überhaupt dort in den letzten Monaten nachgefragt
haben.

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