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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Bach
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Dunkelrot gewandelt.
    Dass das gesamte Team am Wochenende zu arbeiten hatte, wenn ein Fall
wie dieser anlag, war nichts Außergewöhnliches. Dass auch Ferver am Samstag
auftauchte, allerdings schon, und Maria hätte nur zu gern auf seine Anwesenheit
verzichtet.
    »Wie können die nur so dämlich sein! Dafür tragen Sie die Verantwortung, das ist Ihnen doch wohl klar.
Hier sind doch alle …«
    Maria verstand noch irgendetwas von »unfähig« und »Sauhaufen«.
    Sie stand vor Fervers Schreibtisch, die übliche Position für arme
Sünder und Idioten, und starrte auf die Halbglatze ihres Chefs, die glänzte wie
eine polierte Tomate.
    Es klopfte. Arthur steckte so vorsichtig den Kopf herein, als
erwarte er, dass ihm gleich ein Aktenordner um die Ohren fliegen würde.
    »Tut mir leid, dass ich störe. Aber ich müsste einmal kurz mit Frau
Mooser sprechen. Es ist wichtig.«
    Ferver strich sich erschöpft über die Stirn.
    »Gehen Sie, gehen Sie«, sagte er und winkte mit der Hand, wie ein
König, der seinem Untertan bedeutet, dass man auf die Hinrichtung heute
gnädigerweise verzichte und er sich nun entfernen könne.
    Maria floh, bevor er es sich anders überlegen konnte.
    »Was Neues von Lindnar?«, fragte sie, als sie die Tür hinter sich
zugezogen hatte.
    »Nein. Aber die Kollegen haben sich gemeldet, wegen des Einbruchs
bei Lea Rinkner.«
    Arthur machte ganz den Eindruck, als hätte er auch die letzte Nacht
wieder im Büro verbracht. Er war blass, die Haare klebten an seinem Kopf, und
auf seinem Hemd, mitten auf dem Bauch, gab es einen großen dunklen Fleck.
    »Jemand in der Nachbarschaft hat eine Person beobachtet, die sich
vorgestern im Eingang des gegenüberliegenden Hauses herumgedrückt hat. Und nun
rate mal, wer das war?«
    »Lindnar?«
    »Nein, es war eine Frau. Klein, dunkel gekleidet, ziemlich dünn,
schwarze Haare. Sie hat mindestens eine Stunde da gestanden, und irgendwann,
als der Nachbar wieder rübergesehen hat, war sie weg.«
    Klein, dünn, schwarze Haare.
    »Hört sich an wie Cloe Pettke«, sagte Maria.
    »Ja, und wenn du mich fragst, dann sieht das ganz danach aus, als
hätte sie auf eine Gelegenheit gewartet, ins Haus zu kommen. Jemand geht raus,
und wenn man schnell genug ist, kann man die Tür noch abfangen, schon ist man
drin.«
    »Cloe Pettke.« Damit hatte Maria nun wirklich nicht gerechnet. »Was
will die denn in Lea Rinkners Wohnung?«
    »Kann ich hellsehen?« Arthur schaute deprimiert auf den dunklen Fleck
auf seinem Hemd. »Nein, denn wenn ich hellsehen könnte, dann wüsste ich, warum
Sabine sich nicht meldet. Machen das viele Frauen so, Maria? Das ist doch
unfair, findest du nicht? Ich meine, diese Katharina Förster hat Eichendorff ja
angeblich auch nicht gesagt, warum …«
    »So sind die Frauen nun mal. Unfair und gemein. Manche knutschen
sogar rum und verschanzen sich dann im Badezimmer. Aber das passiert nur, weil
man sie nicht in Ruhe lässt.«
    Damit drehte sie sich um und ließ den verblüfften Arthur einfach
stehen.
    Unter Cloes Handynummer meldete sich niemand.
    Zwanzig Minuten später stand Maria mit Alsberger vor dem Mietshaus
in der Vangerowstraße. Sie fuhren mit dem Aufzug in den dritten Stock,
klingelten an einer der grauen Türen und erklärten einer überraschten, verhärmt
aussehenden Frau, dass man ihre Tochter etwas fragen müsse.
    Sie hatten Glück. Cloe lag noch im Bett. Sie wurde geweckt, man
erhielt eine Audienz.
    Cloes Zimmer roch wie ein einziger großer Aschenbecher. Sie hockte
mit verstrubbelten Haaren auf der Bettkante, in Schlafanzughose und Sweatshirt.
    Kleidungsstücke lagen auf dem Boden verstreut, der Lampenschirm auf
dem kleinen Hocker neben dem Bett hing schief und war an einer Stelle leicht
angesengt. Vor dem Fenster hing eine vergilbte Gardine, die wahrscheinlich
jeden noch so hellen Sonnenstrahl verschluckte.
    Alsberger war direkt neben der Tür stehen geblieben und hatte Maria
damit unausgesprochen die einzige Sitzmöglichkeit überlassen, die es außer dem
Bett gab: einen Drehstuhl, der vor einem winzigen Schreibtisch stand.
    Er schwankte gefährlich, als Maria sich darauf niederließ.
    »Also, was wolltest du da?«, fragte sie zum zweiten Mal.
    Cloe war noch so verschlafen, dass sie sogar vergaß, gegen
Alsbergers Anwesenheit zu protestieren. Sie griff nach einem kleinen
Lederbeutel, der neben dem Bett lag.
    »Wirklich, ich war nicht vor Leas Wohnung.« Cloe holte etwas Tabak
heraus und begann sorgfältig, ihn auf einem Zigarettenpapier zu

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