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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Bach
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»Warum auch? Lea ist tot.«
    »Dass Lea tot ist, wissen wir schon.«
    Maria schaute Cloe eine Weile zu. Meditatives Zigarettendrehen –
eine gute Strategie, um niemanden ansehen zu müssen.
    »Wenn du da auch geraucht hast, dann sieht es ganz schlecht für dich
aus. An jeder deiner Kippen klebt so viel DNA ,
dass es kein Problem ist, nachzuweisen, dass sie von dir ist. Es reicht aber
auch schon eine Hautschuppe. Zum Beispiel auf dem Siegel, das an der Tür zu
Leas Wohnung war. Wir finden bestimmt etwas. Es dauert nur ein bisschen, und es
kostet den Staat viel Geld.«
    Cloe drehte den Tabak in das Papier ein, scheinbar voller
Konzentration.
    »Es ist besser für dich, wenn du uns erzählst, was war.« Der Stuhl
quietschte leise unter Marias Gewicht. »Aber du hast natürlich die freie Wahl.
Wir können dich jetzt auch mitnehmen, und dann fangen wir mal mit dem Zeugen
an, der dich gesehen hat. Der war sich ganz sicher, dass er bei einer
Gegenüberstellung die Person wiedererkennt, die da im Hauseingang gestanden
hat.«
    Langsam und bedächtig leckte Cloe am Rand des Zigarettenpapiers
entlang. Dann suchte sie auf dem kleinen Hocker nach einem Feuerzeug, zündete
die Zigarette an und zog daran, bis die Spitze rot glühte.
    »Also gut«, sagte sie. »Ich werde das Schloss von der Tür ersetzen.
Ich habe ja nichts geklaut, das kann doch nicht so schlimm sein.«
    Sie kramte aus dem Chaos vor ihren Füßen einen kleinen Aschenbecher
hervor.
    »Und was wollten Sie in Frau Rinkners Wohnung?«, fragte Alsberger.
    Cloe tat einen tiefen Zug an ihrer Zigarette und blies den Rauch in
die Luft.
    »Ich wollte nur noch einmal …«, sie stockte. »Ich wollte noch mal
dahin. Nur noch ein einziges Mal. Die Wohnung wird doch irgendwann ausgeräumt.
Wir hatten so viel Spaß da. Wir haben zusammen gekocht, haben stundenlang
gequatscht. Ich war mehr bei Lea als hier.«
    Etwas, was Maria gut verstehen konnte. Lea Rinkners Wohnung war auch
nicht besonders gemütlich, aber tausendmal besser als das nikotingelbe Loch, in
dem Cloe hauste.
    »Bei Lea, das war mein Zuhause.« Cloe zupfte einen kleinen Krümel
Tabak von ihrer Zungenspitze und strich ihn an ihrer Schlafanzughose ab. »Ich
wollte nur noch einmal da sein. Nur noch ein einziges Mal. Ich habe nichts
gemacht, ich habe mich aufs Bett gelegt und geträumt. Dass Lea da ist, in der
Küche etwas für uns kocht.«
    »Dafür muss man nicht einbrechen«, entgegnete Alsberger. »Sie hätten
uns oder den Vater von Frau Rinkner fragen können, ob Sie in die Wohnung
dürfen, wenn sie freigegeben wird.«
    »Habe ich doch.« Cloe schaute mit vorwurfsvollem Blick zu Maria.
»Ich habe Ihnen extra geschrieben, dass ich Sie noch etwas fragen wollte. Aber
Sie haben sich ja nicht gemeldet.«
    Jetzt fiel es Maria wieder ein. Es hatte auf Cloes letzter Karte
gestanden.
    »Und da konntest du nicht noch einmal bei mir anrufen?«
    »Und Leas Vater kann man nichts fragen«, überging Cloe Marias
Bemerkung. »Der ist das totale Arschloch.«
    Sie inhalierte noch einmal, lang und tief.
    Alsberger witterte wohl seine Chance. Sofort fragte er nach: »Gab es
Probleme in der Beziehung von Frau Rinkner zu ihrem Vater?«
    »Klar gab es Probleme. Wenn Ihr Vater saufen würde wie ein Loch,
hätten Sie damit kein Problem?«
    »Wir haben gehört, dass Lea auswandern wollte. Hatte er deshalb
Streit mit ihr?«
    »Auswandern!« Cloe drückte den Rest der Zigarette aus. »Das mit dem
Auswandern war nur so eine Spinnerei von Lea. Sie hat ab und zu mal davon
geredet, aber gemacht hätte sie das nie. Das war halt Leas Kurpfalzblues. Drei
Tage lang hat sie hier alles angekotzt. Dann war sie überzeugt, dass es überall
auf der Welt besser wäre, und danach war es wieder gut. Wie bei einer Grippe. Das
ist doch bei jedem mal so.«
    »Komisch.« Maria lehnte sich nach hinten, sofort quietschte das
Stuhlwrack wieder. »Bei mir nicht.«
    »Na, dann ziehen Sie mal in die Altstadt und lassen sich am
Wochenende von irgendwelchen Besoffenen vor die Haustür pinkeln, dann kriegen
Sie auch den Kurpfalzblues, verspreche ich Ihnen.«
    Alsberger versuchte es noch einmal: »Hatte Lea Rinkner Streit mit
ihrem Vater?«
    »Immer wieder mal. Lea hat sich ständig über ihn aufgeregt. Sie war
die Putze für ihn, und er hat sie noch blöde angemacht, wenn sie kam.«
    Es war, als hätte man Alsberger mit einer Nadel in den Hintern
gestochen. Der Kopf schnellte in die Höhe, sein Blick fixierte Cloe.
    »Wie meinen Sie das?

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