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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Bach
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zurück. Dann ließ er Alsberger langsam
hinuntergleiten, Zentimeter für Zentimeter, bis er Boden unter den Füßen hatte.
    Alsberger sackte zusammen und griff sich an den Hals.
    »Sie …«, brachte er mühsam hervor.
    Rinkner stand vor ihm, das Gesicht ohne jede Regung. Maria zog ihn
zurück. Der Riese ließ es geschehen, wie eine Marionette, die eben noch auf der
Bühne getanzt hatte und nun leblos an ihren Fäden hing.
    »Kommen Sie.« Sie stieß mit dem Fuß ein paar Scherben beiseite und
führte ihn zu der Bank. »Hier, setzen Sie sich.«
    Alsberger stützte sich an der Wand ab. Er schwankte ein wenig hin
und her.
    »Sie …«, wiederholte er mit hasserfülltem Blick auf Rinkner. »Sie …«
    »Raus!«, befahl Maria.
    Alsberger sah sie ungläubig an.
    »Warten Sie vor der Tür. Sie halten sich jetzt an meine Anweisung!
Machen Sie, dass Sie rauskommen.«
    Alsberger kniff die immer noch blassen Lippen zusammen. Dann drehte
er sich um, zerrte den Tisch beiseite, der die Tür halb versperrte, und verließ
wortlos den Raum.
    Maria hob den Stuhl auf, der im Tumult umgekippt war, ging zur Spüle
und nahm zwei der schmutzigen Gläser, die darin standen. Sie spülte sie aus.
    Rinkner saß da, als habe ihn sein Ausbruch das letzte Quantum
Energie gekostet.
    »Sie hatten doch bestimmt nicht nur eine Flasche von dem Zeug?«
    »Untendrunter«, kam es mit monotoner Stimme von der Bank.
    Im Schrank unter der Spüle fand Maria zwei Flaschen Weinbrand. Sie
schraubte eine auf, schüttete die Gläser voll und hielt Rinkner eines hin. Er
nahm es, ohne sie anzusehen.
    »Meine Tochter ist ein bisschen älter als Lea. Wir haben im Moment
ziemlichen Krach. Sie redet nicht mehr mit mir.« Sie setzte sich mit dem Stuhl
so, dass Rinkner nicht umhinkam, sie anzuschauen. »Sie will vielleicht
weggehen. Nach Boston.«
    Maria drehte das Glas in ihren Händen.
    »So ist das wohl manchmal. Man gerät mit seinen Kindern in
Geschichten hinein, die man sich nicht mal hat vorstellen können. Und tut ihnen
weh, obwohl man es nicht wollte. Ich habe immer gedacht, ich bekomme das hin,
dass meine Tochter einmal sagt, sie hat eine tolle Mutter. Eine, die alles
richtig gemacht hat. Aber am Ende gibt es immer irgendetwas, was man falsch
gemacht hat.«
    »Sie haben es wirklich schwer«, sagte Rinkner. »Soll ich jetzt
heulen, oder was?«
    »Tät vielleicht mal ganz gut.«
    Rinkner trank, bis sein Glas halb leer war.
    »Was war mit Ihnen und Lea? Wollte sie wirklich weg? Auswandern?«
    Der Riese nickte, kaum merklich. »Sie hat gesagt, sie kann mich
nicht mehr sehen.«
    »Weshalb?«
    »Ich musste ihr versprechen, dass ich aufhöre. Habe ich auch. Immer
wieder.« Er hob das Glas. »Sie sehen ja, was draus geworden ist.«
    Ein Geräusch kam von der Tür. Wahrscheinlich Alsberger, der mit
gezückter Waffe dahinter stand, bereit, hereinzustürmen, sobald Maria sich auch
nur räusperte.
    »Gab es sonst etwas, weshalb Lea wegwollte? Etwas, weshalb sie Sie
nicht mehr sehen konnte?«
    War es Trauer, die da auf seinem Gesicht zu sehen war? Oder Angst?
    Wieder polterte es im Flur. Nun hatte auch der Riese es gehört. Er
hob den Kopf.
    »Sagen Sie diesem Arschloch da draußen, dass ich Lea nie angefasst
habe. Ich habe ihr nichts getan.«
    Rinkner fixierte die Tür. Der Moment, in dem Maria etwas von ihm
hätte erfahren können, war schon wieder vorbei. Alsberger hatte ihn mit seinem
Gepolter kaputt gemacht. Sie würde ihn vierteilen, würde ihn teeren und federn,
wenn dieser Fall vorbei war, egal was Vera sagte.
    »Sehen Sie mich an, Herr Rinkner! Los, sehen Sie mich an!«
    Sie hatte keine Lust auf eine zweite Runde zwischen den beiden.
    »Sehen Sie mich an!«
    Vor der Tür war es wieder still. Rinkner drehte ihr langsam den Kopf
zu.
    »Was wollte Clothilde Pettke hier?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wann war sie hier?«
    »Gestern Abend. Sie war oben, auf dem Speicher. Ich war in der
Küche, da habe ich sie gehört.«
    »Sind Sie sicher, dass das Clothilde Pettke war?«
    »Ich bin hoch, und als sie mich gesehen hat, ist sie an mir vorbei.
Vermummt wie ein Bankräuber. Sie hat mich halb die Treppe runtergestoßen. Aber
sie war es. Das kleine Frettchen kenn ich. Die war ein paarmal mit Lea hier.«
    Der Hintereingang. Cloe hatte gewusst, wie sie ins Haus kam. Und
wahrscheinlich Glück gehabt. Rinkner musste schon sehr betrunken gewesen sein,
sonst wäre sie wohl kaum unbeschadet wieder herausgekommen.
    Oder hatte sie genau damit gerechnet? Dass er gar nichts von

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