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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Bach
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vermummte Gestalt war in die Straße eingebogen und ging
zielstrebig auf Rinkners Haus zu.
    Maria klappte ihr Handy zu und rutschte etwas tiefer in ihren Sitz.
    »Runter«, raunte sie Alsberger zu.
    Die dunkle Gestalt blieb vor dem Tor an Rinkners Haus stehen und
schaute sich kurz um. Dann verschwand sie im Innenhof.
    Alsberger hatte schon die Hand am Türgriff des Wagens.
    »Bleiben Sie hier«, stoppte Maria ihn. »Wenn wir sie jetzt
schnappen, wird sie uns irgendeine herzerweichende Geschichte auf die Nase
binden, was sie da wollte. Wir warten, bis sie rauskommt.«
    Sie warteten. Und warteten. Und warteten.
    Einmal konnten sie in der oberen Etage einen Schatten hinter einem
der Fenster sehen, der schnell wieder verschwand.
    »Und Sie sind sicher, dass es keinen anderen Ausgang gibt?«
Alsberger schaute auf die Uhr.
    »Wo soll es denn da einen anderen Ausgang geben? Vordertür,
Hintertür. Und wenn sie hinten rausgeht, muss sie zum Tor hinaus.«
    In der Innentasche ihrer Jacke vibrierte das Handy. Eilig holte
Maria es hervor. Eine SMS :
    Vielleicht dann nächsten Samstag, doch gemütlich bei mir? Jörg.
    Alsberger hatte sich zur Seite gebeugt und lugte auf das Display.
    »Und, was Neues wegen Lindnar?«
    Maria dreht das Handy rasch weg. »Nein, nein. Unwichtig.«
    Einen kurzen Moment schlug ihr Herz schneller. Ein Abend bei Jörg,
zu Hause, gemütlich. Das hieß doch sicher so etwas wie: ein Abend auf dem Sofa,
bei Sekt und Kerzenschein.
    Und dann? Was dann?
    Endlich in ihrem Traum angekommen?
    Sofa. Sekt trinken. Arnos weiche Lippen auf ihrer Haut.
    Es tat weh, es zog in ihrer Brust. Verdammt, warum konnte sie sich
jetzt nicht einfach freuen? Warum musste sie ausgerechnet jetzt an Arnos
nackten Hintern denken?
    Alsberger schreckte sie aus ihren Gedanken.
    »Die Scheune«, sagte er.
    »Was ist mit der Scheune?«
    Maria steckte das Handy wieder ein. Später antworten war besser,
vielleicht freute sie sich ja doch noch.
    »Waren Sie mal in der Scheune?«
    »Ja, ich war in der Scheune. Sie auch, Alsberger, daran müssten Sie
sich eigentlich noch erinnern. Oder geht das bei Ihnen jetzt schon los mit der
Vergesslichkeit?«
    »Aber wie war das in der Scheune? Manchmal gibt es doch da noch eine
Tür nach hinten raus. Vielleicht ist ein Garten dahinter. Könnte sein, oder?«
    »Nein, da gab es keine Tür.«
    »Sie ist jetzt schon über eine Stunde drin.« Alsberger runzelte
skeptisch die Stirn. »Wenn sie denn noch drin ist.«
    Keine Tür. Maria war sich sicher. Hundert Prozent.
    Auf jeden Fall ziemlich sicher.
    »Wenn die Tür in der Scheunenwand auch aus Holz ist«, sagte
Alsberger, »dann sieht man sie wahrscheinlich gar nicht auf Anhieb.«
    Es gab keine Tür.
    Oder vielleicht doch?
    Eine winzig kleine Tür, eine verdeckte Tür, eine Chamäleon-Tür?
    »Wenn wir Pech haben, stehen wir morgen noch hier, und Clothild…«
    »Mein Gott, Sie machen mich echt fertig.« Maria knöpfte ihre Jacke
zu. »Also gut. Wir gehen rein.«
    Leise drückte sie die Klinke des Tores runter und trat in den
Innenhof. Niemand war zu sehen. Nur der Tierschädel über dem Scheunentor
starrte mit leeren Augenhöhlen von oben auf sie herab. Alsberger war mitten im
Hof stehen geblieben. Wie hypnotisiert sah er hoch zu dem Tierkopf.
    »Deshalb ist er auf den Hades gekommen. Weil er immer dieses Ding
gesehen hat.«
    »Schnauze.« Maria zog ihn unsanft weiter.
    Als sie die Hintertür öffnete, schlug ihr der Geruch von kaltem
Zigarettenrauch entgegen.
    Im Flur stand eine Tür offen, ein schwacher Lichtschein fiel heraus.
Man konnte die schmalen, ausgetretenen Stufen einer Steintreppe sehen, die in
die Tiefe führten.
    Ein Geräusch war von unten zu hören, ein Rascheln.
    Leise stieg Maria hinunter, stützte sich an der rauen Wand ab.
    Wieder ein Rascheln.
    Sie ging weiter, trat am Ende der Treppe durch einen Rundbogen, in
einen Raum mit einem niedrigen Gewölbe. Die Wände waren weiß gekalkt, und
überall standen Regale mit alten leeren Flaschen, von Spinnweben überzogen.
    Manche waren etwas von der Wand weggerückt, als habe sie jemand mit
Mühe ein Stück nach vorn gezerrt. Hinter einem klaffte, kurz über dem Boden,
ein großes dunkles Loch in der Mauer.
    Von der Decke hing eine Glühbirne. In ihrem schwachen Lichtkegel
kniete eine Gestalt am Boden. Es war Cloe. Sie hatte sie nicht bemerkt.
    Maria konnte ihr Gesicht sehen, den entrückten, verzauberten
Ausdruck darin, ganz wie Sterntaler, die im sanften Licht des funkelnden
Firmaments ihr

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