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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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konnte, die sein Kunstwerk binnen Sekunden in Stücke schießen, massakrieren, verbrennen oder versenken mochten. Trotzdem ließ die Besatzung all diese Zumutungen gutwillig über sich ergehen, entwickelte sich zu einer erfahrenen, zähen und ehrgeizigen Crew, die vom ersten Moment, da sie den Fuß auf Feindesland setzte, genau wußte, was von ihr erwartet wurde; und die ebensogut wußte, daß sich die Atmosphäre auf dem Achterdeck verändert hatte: Seit Almoraira begegnete Dillon dem Kommandanten mit ehrlichem Respekt und besonderer Aufmerksamkeit, und ihr gemeinsames Auf- und Abgehen an Deck und ihre häufigen Besprechungen blieben nicht unbemerkt. Natürlich waren auch die Gespräche in der Offiziersmesse, bei denen der Erste voll des Lobes über den Husarenstreich gegen Almoraira war, sofort im ganzen Mannschaftslogis verbreitet worden.
    »Falls ich noch richtig addieren kann«, sagte Jack und blickte von seinen Papieren auf, »dann haben wir seit Einsatzbeginn das Siebenundzwanzigfache unserer eigenen Tonnage an Schiffen erbeutet, versenkt oder verbrannt. Wären sie alle auf einem Haufen gewesen, hätten sie mit zweiundvierzig Geschützen auf uns feuern können, die Drehbassen mit eingerechnet. Genau das hat der Admiral gemeint, als er sagte, wir sollten den spanischen Nachschub stören. Und wenn«, er lachte herzhaft auf, »wenn wir uns dabei die Taschen mit ein paar tausend Guineen füllen können — um so besser.«
    »Darf ich eintreten?« fragte der Zahlmeister im Türrahmen.
    »Guten Morgen, Mr. Ricketts. Kommen Sie, kommen Sie näher, und nehmen Sie Platz. Sind das die Zahlen von heute?«
    »Jawohl, Sir. Ich fürchte, Sie werden nicht erfreut sein. Das zweite Faß in der unteren Lage ist undicht geworden, und wir müssen an die zweihundert Liter Trinkwasser verloren haben.«
    »Dann lassen Sie uns um Regen beten, Mr. Ricketts«, sagte Jack. Aber nachdem der Zahlmeister gegangen war, wandte er sich niedergeschlagen an Stephen. »Alles wäre eitel Wonne, wenn wir nicht dieses elende Problem mit dem Wasser hätten. Das Glück ist mit uns — die Besatzung hält sich tapfer, keiner ist krank —, dieser Einsatz wäre die reinste Freude, wenn ich bloß noch das restliche Wasser in Mahón gebunkert hätte. Trotz scharfer Rationierung verbrauchen wir eine halbe Tonne pro Tag, was kein Wunder ist bei dieser Hitze und den vielen Gefangenen; das Pökelfleisch muß gewässert und der Rum verdünnt werden, auch wenn wir uns in Seewasser waschen.« Er hatte es sich in den Kopf gesetzt, die Zufahrtswege nach Barcelona unsicher zu machen, das vielleicht verkehrsreichste Gebiet des ganzen Mittelmeers; es sollte der Höhepunkt ihres Einsatzes werden. Aber nun mußte er des Wassers wegen nach Menorca zurückkehren und war sich alles andere als sicher, welcher Empfang ihn dort erwarten würde. Und welche neuen Befehle. Sein Einsatz war befristet gewesen, viel Zeit blieb ihm nicht mehr; launische Winde oder launische Vorgesetzte, die er unterwegs traf, konnten ihm leicht den Rest stehlen.
    »Falls es nur Wasser ist, was uns fehlt, kann ich Ihnen nicht weit von hier einen Bach zeigen, wo Sie alle Fässer füllen können, die Sie brauchen.«
    »Warum haben Sie mir das nicht früher gesagt?« rief Jack, schüttelte Stephen begeistert die Hand und grinste ihn an — kein schöner Anblick, denn die versengte linke Seite seines Gesichts, sein Kopf und Hals leuchteten immer noch bläulichrot wie ein Affenhintern, glänzten fettig von Stephens Heilsalbe und waren gesprenkelt mit nachwachsenden gelben Stoppeln. Zusammen mit seiner tiefbraunen, rasierten rechten Wange verlieh das seinem Gesicht einen verderbten, degenerierten und tückischen Ausdruck.
    »Sie haben mich nie gefragt.«
    »Unverteidigt? Ohne Küstenbatterie?«
    »Kein Haus weit und breit, geschweige denn eine Kanone. Früher war die Gegend bewohnt, denn auf einem Landvorsprung stehen dort die Reste einer römischen Villa, und man erkennt noch den Verlauf einer alten Straße, überwuchert von Bäumen und Gebüsch — Zistrosen und Pistazien. Zweifellos wurde die Quelle benutzt, sie ist sehr ergiebig und hat wahrscheinlich heilende Wirkung. Die Bauern glauben heute noch, daß ihr Wasser gegen Impotenz hilft.«
    »Und Sie sind sicher, daß Sie den Ort finden?«
    »Ja.« Schweigend starrte Stephen eine Weile unter sich. »Hören Sie«, sagte er schließlich, »würden Sie mir einen Gefallen erweisen?«
    »Von Herzen gern.«
    »Ein Freund von mir wohnt zwei oder drei Meilen

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