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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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noch mehr zählt, Sie sind ein überzeugter Tory, genau wie ich. Außerdem sahen wir gestern Leutnant Dillon, der — wie ich hörte — Lord Kenmares Neffe ist und ein hübsches kleines Landgut besitzt; er scheint ein rechter Gentleman zu sein. Also, um es kurz zu machen, Sir, wenn Sie meinen Sohn einstellen würden, wäre ich Ihnen sehr verpflichtet. Erlauben Sie mir, noch hinzuzufügen«, sagte er mit gezwungener Jovialität, die ihm sichtlich gegen die Natur ging, »daß Sie diesen kleinen Gefallen bei meinem Insiderwissen und meiner Marktkenntnis gewiß niemals zu bereuen haben. Es soll Ihr Schaden nicht sein, das verspreche ich Ihnen, hihi.«
    »Lassen Sie uns jetzt zu den Damen gehen«, schlug Kapitän Harte vor, der tatsächlich für seinen Gast errötet war.
    »Am besten ist es, er verbringt einen Monat oder zwei mit uns auf See.« Jack erhob sich. »So kann er herausfinden, ob ihm der Dienst in der Marine gefällt und ob er dafür geeignet ist. Danach sehen wir weiter.«
    »Tut mir leid, daß ich Ihnen das zugemutet habe«, sagte er, Stephen am Arm die Hafentreppe hinunter bugsierend, über deren warme Mauern grüne Eidechsen flitzten. »Ich hätte nicht gedacht, daß Molly Harte ein so miserables Essen geben kann — weiß der Himmel, was über sie gekommen ist. Haben Sie diesen Oberst bemerkt?«
    »Den in Rot und Gold, mit Stiefeln?«
    »Ja. Er war der perfekte Beweis für meine Worte, daß es im Heer zwei Sorten Offiziere gibt — die einen so freundlich und sanftmütig, wie man sich’s nur wünschen kann, genau wie mein lieber alter Onkel, und die anderen solch schwerfällige, linkische Grobiane wie dieser Bursche. Ganz anders als bei der Marine. Ich habe das immer wieder festgestellt und kann es trotzdem nicht verstehen. Wie kommen diese beiden Sorten nur miteinander aus? Ich hoffe sehr, daß er Mrs. Harte nicht lästig wird — sie ist manchmal so unbedacht und vertrauensselig — nicht auf der Hut vor Schmarotzern.«
    »Der Mann, dessen Namen ich mir nicht merken kann, dieser Bankier — er war ein höchst interessantes Studienobjekt«, sagte Stephen.
    »Ach, der.« Jack schien uninteressiert. »Was kann man auch von einem erwarten, der den ganzen Tag dasitzt und nur an Geld denkt? Und trinkfest sind sie auch nie, diese Sorte Leute. Harte muß hoch in seiner Schuld stehen, wenn er ihn in seinem Haus verkehren läßt.«
    »Oh, gewiß war er ein langweiliger, oberflächlicher und beschränkter Popanz, aber als Typ fand ich ihn wirklich faszinierend. Der Bourgeois in Reinkultur: der typisch verstopfte, hämorrhoidale Habitus, die X-Beine, die Hängeschultern, die nach außen gerichteten Plattfüße, der übelriechende Atem, die großen, vorquellenden Augen, die milde Selbstzufriedenheit; und dann natürlich die weibische Hartnäckigkeit, mit der er für Autorität und Prügelstrafen stritt, als er betrunken war. Ich wette, er ist fast schon impotent. Das würde auch die rastlose Geschwätzigkeit seiner Frau und ihren Drang zu dominieren erklären, absurderweise begleitet von diesem Kleinmädchengehabe ... und ihren Haarausfall — in einem Jahr oder so ist sie bestimmt kahl.«
    »Wahrscheinlich wär's ganz gut, wenn jeder impotent wäre«, sagte Jack düster. »Es würde der Welt eine Menge Probleme ersparen.«
    »Und nachdem ich nun die Eltern kenne, warte ich gespannt auf ihren Sohn, diese Frucht so seltsam unattraktiver Lenden. Wird er eine riesenwüchsige Jammerfigur sein? Ein kleiner Tyrann? Oder wird die Elastizität der kindlichen Seele ...«
    »Ach, er ist garantiert die gleiche vermaledeite kleine Landplage wie sie alle. Aber bis zu unserer Rückkehr aus Alexandria wissen wir wenigstens, ob sich was aus ihm machen läßt. Zum Glück haben wir ihn nicht bis zum Ende unseres Einsatzes auf dem Hals.«
    »Sprachen Sie eben von Alexandria?«
    »Ja.«
    »Alexandria in Unterägypten?«
    »Ja. Habe ich Ihnen das nicht gesagt? Vor unserem nächsten unabhängigen Einsatz werden wir mit einem Auftrag zu Sir Sidney Smiths Geschwader geschickt. Er hält dort die Franzosen im Auge, müssen Sie wissen.«
    »Alexandria!« Stephen blieb mitten auf dem Kai stehen. »Oh, welche Freude! Ich wundere mich, daß Sie nicht sofort, als Sie mich sahen, in Jubel ausgebrochen sind. Was für ein großmütiger, verständnisvoller Admiral — pater classis — oh, wie ich diesen würdigen Mann verehre!«
    »Wieso? Es ist doch nicht mehr als ein Törn übers Mittelmeer, rund dreitausendsechshundert Meilen im ganzen, noch

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