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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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versuchen ... Könnte er an den Füßen über Deck aufgehängt werden? Unten ist dazu kein Platz.«
    »Shannahan. Thomas. Helft dem Doktor. Nehmt das Schiemannsgarn dort für die Füße und schäkelt den Jungen an die Stengentalje. Danach tut ihr alles, was der Doktor verlangt. Mr. Lamb, diese Fischung ...«
    Stephen schickte seinen Assistenten um Lanzetten, Zigarren und den Blasebalg aus der Kombüse. Und als Henry Ellis leblos hoch über Deck hing, Kopf nach unten, Zunge hervorquellend, schwang er ihn zwei-, dreimal hin und her, bis ihm kein Wasser mehr entströmte. »Jetzt haltet ihn fest«, sagte er und ließ ihn hinter den Ohren zur Ader. »Mr. Ricketts, seien Sie so gut, diese Zigarre für mich anzuzünden.« Und wer immer von Sophies Besatzung nicht mit der Reparatur der gebrochenen Rah, dem Anschlägen des neuen Segels, dem Hochhieven des Ganzen, dem ständigen Trimmen der Halsen und Schoten und dem heimlichen Ausspähen nach der Fregatte vollauf beschäftigt war, der genoß den unvergeßlichen Anblick, wie Dr. Maturins Zigarrenrauch vom Blasebalg eingesogen und dieser mit dem Stutzen in Ellis’ Nase gesteckt wurde — während Cheslin das andere Nasenloch und den Mund zuhielt — und wie der Doktor den beißenden Rauch in die Lungen des Jungen pumpte. Gleichzeitig bewegte er den aufgehängten Körper so, daß die Gedärme das eine Mal aufs Zwerchfell drückten und es dann wieder entlasteten. Ein konvulsivisches Keuchen und Würgen, heftigeres Betätigen des Blasebalgs und noch mehr Rauch, dann ein stärkeres Luftschnappen und schließlich ein Hustenanfall. »Jetzt könnt ihr ihn abschneiden«, wies Stephen seine faszinierten Helfer an. »Der ist eindeutig dazu geboren, gehängt zu werden, nicht zu ertrinken.«
    In der Zwischenzeit hatte die Fregatte ein ganzes Stück Seeraum gut gemacht, so daß man ihre Stückpforten jetzt ohne Fernglas zählen konnte: Ein starkes Schiff — ihre Breitseite konnte dreihundert Pfund Eisen in den Gegner jagen, die Sophie dagegen nur achtundzwanzig —, aber sie lag tief im Wasser und hatte selbst bei diesem mäßigen Wind schwer zu kämpfen. Die Dünung brach sich weiß unter ihrem Steven und stieg als Gischt über ihre Reling. Trotzdem holte sie gegenüber der Sophie deutlich auf. Aber mit dieser Crew, sagte sich Jack, muß er die Royals noch vor der Dunkelheit wegnehmen. Sein eingehendes Studium der Dédaigneuse hatte ihn davon überzeugt, daß eine Menge ungeschulter Leute auf ihr fuhren oder sogar die ganze Besatzung aus Neulingen bestand, was auf französischen Schiffen nicht selten vorkam. Vorher versucht er's vielleicht mit ein paar Distanzschüssen, ging es Jack durch den Kopf.
    Wieder blickte er nach der Sonne. Sie stand noch immer ziemlich hoch über dem Horizont. Als er mitgezählte hundert Male von der Heckreling zur achtersten Kanone und von der Kanone wieder zur Heckreling marschiert war, schien sie kaum tiefer gesunken zu sein, strahlte immer noch idiotisch heiter zwischen dem geschweiften Unterliek des Großbramsegels und der Marsrah hervor, während die Fregatte eindeutig näher gekommen war.
    In der Zwischenzeit ging der Alltagsbetrieb auf der Sophie fast von selbst weiter. Zu Beginn der ersten Hundewache wurden die Leute zum Abendessen gepfiffen.
    Um zwei Glasen, als Mowett das Logscheit einholte, fragte James Dillon: »Soll ich klar zum Gefecht machen lassen, Sir?« Sein Ton war defensiv, denn er war sich der Reaktion des Kommandanten nicht sicher. Sein Blick ging an Jacks Gesicht vorbei zur Dédaigneuse , die unter ihrer gewaltigen Segelpyramide voranstürmte, grell beschienen von der Abendsonne und mit einem weißen Gischtknochen im Maul, der sie noch schneller aussehen ließ.
    »O ja, auf jeden Fall. Wir wollen erst noch hören, was Mr. Mowett abgelesen hat, und danach machen wir sofort gefechtsklar.«
    »Sieben Knoten und vier Faden, Sir«, meldete Mowett dem Ersten, der sich umwandte, grüßend an den Hut tippte und den Befund an den Kommandanten weitergab.
    Die rollenden Trommelwirbel, das dumpfe Poltern vieler nackter Füße auf dem hohl widerhallenden Deck; dann die langwierige Arbeit, um Bonnets an die Bram- und Royalsegel zu heften; das Aufriggen zusätzlicher Backstagen an den Bramstengen (denn Jack war entschlossen, nachts mehr Segel zu setzen); die hundert verschiedenen Variationen an Brassen und Schoten, das häufige Halsen — das alles brauchte seine Zeit. Aber immer noch stand die Sonne am Himmel, immer noch kam die Dédaigneuse

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