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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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dafür, daß sie ein Kriegsschiff vor sich hatten, eine Fregatte, wenn nicht gar ein Linienschiff. Und diese Bramsegel waren nicht gerade seemännisch flink geschotet worden — der Royal Navy hätte das nicht sonderlich gefallen.
    »Machen Sie das Geheimsignal, Mr. Pullings. Mr. Marshall, halten Sie etwas von ihr ab. Mr. Day, klar bei Kanone.«
    Als kleiner roter Ball stieg die Flagge schnell zum Vortopp empor, entfaltete sich und wehte nach vorn aus, während die weiße Flagge und der Wimpel hoch oben im Großtopp knatterten, gefolgt von dem Kanonenschuß nach Luv.
    »Sie setzen die blaue Nationale, Sir«, meldete Pullings, das Teleskop fest am Auge. »Roter Wimpel im Großtopp. Der Blaue Peter im Vortopp.«
    »An die Brassen!« rief Jack. »Neuer Kurs Südwest zu Süd, ein halb Süd«, wies er den Rudergänger an, denn dieses Antwortsignal war überholt, es hatte bis vor sechs Monaten gegolten.
    »Setzt die Royals und die Groß- und Mars-Leesegel. Mr. Dillon, bitte lassen Sie mich wissen, was Sie von ihr halten.«
    James kletterte auf die obere Saling des Großmasts und richtete sein Glas auf das ferne Schiff aus. Sobald die Sophie auf dem neuen Kurs stetig lag und sich stampfend über die lange südliche Dünung hob, kompensierte er ihre Bewegungen mit geschickter Hand und fing den Fremdling im hellen Kreis der Linse ein. Das Mündungsfeuer ihrer Bugkanone blinzelte ihm im Schein der Nachmittagssonne über die See zu. Ja, mit Sicherheit eine Fregatte; ihre Stückpforten konnte er noch nicht zählen, aber sie war zweifellos stark bewaffnet. Und elegant. Auch sie setzte die unteren Leesegel, hatte aber Probleme mit der einen Leesegelspiere.
    »Sir«, sagte der Kadett im Großmars, als Dillon an ihm vorbei nach unten kletterte, »Andrews hier glaubt, sie ist die Dédaigneuse .«
    »Hier, nimm mein Glas.« Dillon reichte Andrews sein Teleskop, das beste an Bord.
    »Ja, das ist die Dédaigneuse «, sagte der Matrose, ein Mann mittleren Alters, mit einer speckigen roten Weste direkt auf der kupferbraunen Haut. »Man erkennt deutlich ihren übertrieben geschwungenen Bug. Ich war als Gefangener an Bord, drei Wochen und mehr. Sie haben mich damals aus einer Kohlenbrigg geholt.«
    »Wie stark ist sie bewaffnet?«
    »Sechsundzwanzig Achtzehnpfünder in der Hauptbatterie, Sir, achtzehn lange Achter auf Vor- und Achterschiff und einen langen Zwölfer aus Bronze als Jagdgeschütz im Bug. Ich mußte ihn immer polieren.«
    »Es ist natürlich eine Fregatte, Sir«, berichtete James unten an Deck.
    »Andrews, ein zuverlässiger Mann, hat sie als die Dédaigneuse erkannt. Er war Gefangener an Bord.«
    »Na schön.« Jack lächelte. »Wie gut, daß es auf den Abend zugeht.«
    Sonnenuntergang in vier Stunden, die kurze Dämmerung dieser Breiten und dazu Neumond, das fügte sich alles günstig. Die Dédaigneuse hätte schon zwei Knoten schneller als die Sophie sein müssen, um sie abzufangen; das aber hielt Jack für unwahrscheinlich, denn sie war schwer und kein berühmter Schnellsegler wie die Astrée oder die Pomone . Trotzdem konzentrierte er all seine Kraft darauf, seine geliebte Slup in Höchstfahrt zu bringen. Möglicherweise konnte er in der Nacht doch nicht entkommen — er selbst hatte auf der westindischen Station einmal eine zweiunddreißigstündige Verfolgungsjagd über zweihundert Meilen offener See erlebt —, deshalb zählte jeder Meter. Im Augenblick kam der Wind raum von Backbord ein, was fast der günstigste Winkel war, und sie preschten mit sieben Knoten dahin. Sie schienen sogar in der ersten Viertelstunde gegenüber der Fregatte aufzuholen, so flink und geschickt hatten die vielen geschulten Hände die Zusatzsegel gesetzt.
    Wenn das nur von Dauer wäre, dachte Jack und prüfte den Stand der Sonne, die schwach durchs dünne Tuch des Großbramsegels schien. Die heftigen Frühjahrsschauer des westlichen Mittelmeers, später die griechische Sonne und starker Wind hatten der Leinwand so zugesetzt, daß nur mehr die gedoppelten Reffreihen und Lieken kein Licht durchließen. Die ausgeleierten Segel mochten auf Vorwindkursen noch ihren Dienst tun, aber falls sich die Sophie mit der fremden Fregatte auf ein Wendeduell einließ, mußte sie den kürzeren ziehen, denn mit diesen Fetzen konnte sie nicht mehr viel Höhe am Wind laufen.
    Es war nicht von Dauer. Sobald der schwere Rumpf der Fregatte den Preß der Zusatzsegel spürte, die sie so leger gesetzt hatte, holte sie auf und begann die Sophie abzuhängen. Dies ließ sich

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