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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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noch einige Vorschläge, die aber kein Echo fanden; da beugte er sich vor und betrachtete den Schläfer eine Weile, hob seine Beine unendlich zart und vorsichtig auf die Heckbank, drückte ihn nach hinten und schob ihm ein Kissen unter den Kopf, rollte die Seekarten zusammen und schlich auf Zehenspitzen davon.
    Tatsächlich, mit einer schnellen Reise war es vorbei. Die Sophie wollte nach Nordwesten segeln, und der Wind, falls er überhaupt wehte, kam genau aus Nordwest. Aber endlose Tage lang tat er nicht einmal das, und zuletzt mußten sie noch zwölf Stunden rudern, um Menorca überhaupt zu erreichen. Mit hängenden Zungen krochen sie halb verdurstet den ganzen langgestreckten Hafen hinauf, denn die Wasserration war während der letzten vier Tage auf einen Viertelliter pro Mann gekürzt worden.
    Noch schlimmer: Sie krochen ihn auch wieder hinunter, gezogen vom Kutter und der Barkasse, in denen die Leute übelgelaunt an den schweren Riemen pullten, während der Gestank der Gerbereien sie verfolgte, lastend in der reglosen, schwülen Luft.
    »Was für ein trostloser Ort«, sagte Jack, auf Höhe der Quarantäne-Insel zurückblickend.
    »Meinen Sie wirklich?« Stephen war mit einem in Segeltuch eingeschlagenen Bein an Bord zurückgekommen, einem ganz frisch amputierten Bein, das ihm Mr. Florey geschenkt hatte. »Für mich hat Mahón durchaus seine Reize.«
    »Sie finden ja auch Kröten reizvoll.« Jack wandte sich an Mr. Watt. »Ich dachte, diese Leute sollten sich in die Riemen legen?«
    Seine neueste Enttäuschung — oder eher Verärgerung —, eine Bagatelle, aber irritierend, machte ihm noch zu schaffen. Er hatte Evans von der Bombarde Aetna in seinem Boot mitgenommen, obwohl dies einen Umweg durch all die Versorger und Transporter des Malta-Konvois bedeutete; und Evans hatte, mit einem Seitenblick auf seine Epaulette, in seiner typisch vorlauten Art gefragt: »Wo haben Sie Ihren Schwabber gekauft?«
    »Bei Paunch.«
    »Dachte ich mir. Seine Fransen bestehen zu neunzig Prozent aus Messing, wußten Sie das? So gut wie keine echte Vergoldung daran. Die scheuern schnell durch.«
    Neid und böser Wille. Jack hatte eine Reihe ähnlicher Bemerkungen zu hören bekommen, alle aus den gleichen jämmerlichen Motiven. Er für seinen Teil hatte es noch nie einem Kameraden verübelt, daß er mit einem Sondereinsatz betraut wurde oder besonderes Glück mit Prisen hatte. Außerdem hatte er in dieser Hinsicht längst nicht soviel pekuniären Erfolg gehabt, wie die Leute glaubten. Mr. Williams hatte ihn mit langem Gesicht empfangen: Ein Teil der Ladung von der San Carlos war nicht beschlagnahmt worden, weil er einem Griechen aus Ragusa gehörte, der unter britischer Protektion stand; die Admiralitätsgebühren waren sehr hoch gewesen, und überhaupt, wie die Dinge zur Zeit standen, lohnte es sich kaum noch, die kleineren Prisen zurückzuschicken. Zuletzt hatte die Werft noch ein kindisches Theater wegen der gebrochenen Bramrah veranstaltet — dabei war sie auf höchst legale Weise zu Schaden gekommen. Und vor allem: Molly Harte hatte, abgesehen von einem einzigen Nachmittag, keine Zeit für ihn erübrigen können. Sie weilte zu Besuch bei Lady Warren in Ciudadela: ein seit langem verabredetes Treffen, wie sie sagte. Er hatte nicht damit gerechnet, daß ihre Absage ihn so tief treffen, seine Stimmung so verdüstern würde.
    Also eine ganze Reihe von Enttäuschungen. Mercy und ihre Auskünfte waren erfreulich gewesen, aber das war auch schon alles. Lord Keith war zwei Tage zuvor ausgelaufen und hatte sich verwundert darüber geäußert, daß sich Captain Aubrey noch nicht blicken ließ — wie Kapitän Harte Jack sogleich schadenfroh berichtete. Aber Ellis' fürchterliche Eltern waren noch in der Stadt, und er war gezwungen gewesen, zusammen mit Stephen ihre Gastfreundschaft zu erdulden — wobei es ihm zum erstenmal in seinem Leben widerfuhr, daß eine halbe Flasche sauren Weißweins für vier Personen reichen mußte.
    Enttäuschungen: Seine Besatzung, übermütig dank einer weiteren Abschlagszahlung auf ihr Prisengeld, hatte sich schlecht benommen; äußerst schlecht, sogar nach liberalsten Hafenmaßstäben. Vier saßen wegen Vergewaltigung im Gefängnis; vier lagen noch in der Ausnüchterungszelle, als die Sophie auslief; einer hatte sich das Schlüsselbein und ein Handgelenk gebrochen.
    »Sauf- und Raufbolde«, knurrte Jack und musterte seine Besatzung. Tatsächlich boten die meisten Bootsgasten an den Riemen einen abstoßenden

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