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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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für einen Gastgeber überhaupt nicht geziemt ... Was für eine Wohltat ist es doch, wieder mit richtigen Kriegsschiffen zu kämpfen statt mit diesen verdammten Freibeutern«, bemerkte er etwas zusammenhanglos, als sich die jungen Männer und der Zahlmeister verabschiedet hatten.
    »Was sind Sie doch für ein heilloser Romantiker«, sagte Stephen. »Reißen die Kugeln eines Freibeuters etwa nicht die gleichen Löcher wie die eines Kriegsschiffes?«
    »Ich und romantisch?« rief James ehrlich empört, und seine grünen Augen begannen wütend zu funkeln.
    »Jawohl, mein Bester.« Stephen nahm eine Prise Schnupftabak. »Ich wette, Sie berufen sich als nächstes auf Gott und erzählen mir etwas von höheren Rechten.«
    »Aber selbst Sie mit Ihrer Begeisterung für jede Gleichmacherei können doch nicht abstreiten, daß der König unserer Ehre einziger Born ist?«
    »Nein, nichts liegt mir ferner«, antwortete Stephen.
    »Als ich das letzte Mal daheim war«, fuhr James fort und füllte Stephens Glas nach, »ging ich zum Leichenschmaus für den alten Terence Healy. Er war Pächter bei meinem Großvater gewesen. Dabei sangen wir ein Lied, das mir schon den ganzen Tag im Kopf herumgeht. Aber ich krieg’s nicht mehr zusammen.«
    »Ein irisches Lied oder ein englisches?«
    »Es enthielt auch englische Worte. Eine Strophe ging so:
    Oh the wild geese a-flying, a-flying, a-flying,
    The wildgeese a-swimming upon the grey sea.«
    Stephen pfiff leise eine Melodie und begann dann mit seiner mißtönenden Krächzstimme zu singen:
    »They will never return, for the white horse has scunnered,
    Has scunnered, has scunnered
    The white horse has scunnered upon the green lea.«
    »Ja, das ist es, das ist es! Ich danke Ihnen!« rief James und verschwand, die Melodie vor sich hin summend, an Deck, um dafür zu sorgen, daß die Sophie all ihre Kraft zusammennahm.
    Bei Sonnenuntergang segelte sie mit demonstrativen Anzeichen eines endgültigen Abschieds auf die offene See hinaus und nahm Kurs auf Menorca. Aber noch vor dem Morgengrauen drehte sie um und hielt wieder auf Land zu; immer noch kam der Wind für sie günstig aus Nordnordost. Doch er hatte schon einen herbstlich kalten Biß und brachte eine Feuchtigkeit mit, die Stephen an das Pilzesuchen unter fallendem Buchenlaub denken ließ; und über dem Wasser trieben feine Dunstschleier, von denen einige seltsam braun gefärbt waren.
    Mit Steuerbordhalsen und Westnordwestkurs hielt die Sophie wieder aufs spanische Festland zu. Die Hängematten waren schon in den Finknetzen an der Reling verstaut, der Duft nach Kaffee und brutzelndem Schinken würzte die Luftwirbel an der Luvseite ihres brettharten Gaffelgroßsegels. Fern an Steuerbord voraus verhüllte der braune Nebel immer noch das Tal von Llobregat und die Flußmündung, doch weiter oben an der Küste, bei der verschwommen am Horizont hingelagerten Stadt, hatte die aufsteigende Sonne alles bis auf einige Dunstschwaden weggebrannt, die auch Landspitzen, Inseln oder Sandbänke hätten sein können.
    »Ich weiß, ich weiß, diese Kanonenboote wollten uns in irgendeine Falle locken«, sagte Jack. »Ich zermartere mir den Kopf, wie die aussah.«
    Aber er war kein geübter Heuchler, und Stephen war sofort überzeugt, daß er die Beschaffenheit dieser Falle nur zu gut kannte oder zumindest eine ziemlich genaue Vorstellung davon hatte.
    Die Sonne spielte auf der Wasseroberfläche, bemalte sie mit ständig wechselnden Farbschattierungen, saugte hier neuen weißen Dunst hervor, brannte dort den alten weg und warf faszinierende Schattenmuster des straffen Riggs und der kühn geschwungenen Segel aufs weiße Deck, das unter dem Knirschen der Bimssteine noch weißer geschrubbt wurde. Wie durch Zauberei ließ sie drei Strich an Steuerbord voraus ein blaugraues Kap sich in Luft auflösen und statt dessen ein großes Schiff hervortreten, das dicht unter der Küste nach Süden hielt. Ein Ruf aus dem Ausguck meldete sein Auftauchen, aber trockenen Tones und eher der Form halber, denn als sich die Nebelbank hob, war das Schiff in ganzer Größe schon von Deck aus zu sehen.
    »Na also«, sagte Jack und schob sein Teleskop nach langem Rekognoszieren klickend zusammen, »Mr. Dillon, was halten Sie davon ?«
    »Ich glaube fast, das ist unser alter Freund, Sir«, sagte James.
    »Ganz recht. Lassen Sie das Großstenge-Stagsegel setzen, und halten Sie auf ihn zu. Die Schwabber nach achtern, wischt das Deck trocken. Und lassen Sie die Männer sofort frühstücken,

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