Kurs auf Spaniens Kueste
dankbar sein.‹ — ›Zu gütig, Sir‹, sagte ich, ›doch ich habe nur getan, was jeder pflichtbewußte Sekretär tun würde.‹ — ›Tja‹, antwortete er, ›das war unsere Rettung.‹« Jung-Richards nahm einen Schluck Porter und fuhr fort: »Beinahe hätte ich noch hinzugefügt: ›Ich will Ihnen was sagen, Goldilocks‹ — wir nennen ihn nämlich Goldilocks in der Marine, genau, wie sie zu mir Höllenhund-Davy oder Donnerkeil-Richards sagen —, ›Sie machen mich dafür zum Fähnrich auf der Cacafuego , dann sind wir quitt.‹ Morgen hole ich das vielleicht noch nach, denn ich spüre, daß ich das Zeug zum Kommandanten habe ... Sie sollte uns zwölf oder dreizehn Pfund pro Tonne einbringen, meinst du nicht auch?« fragte er seinen Onkel. »Wir haben ihren Rumpf nicht sehr arg zerschossen.«
»Könnte sein«, sagte Mr. Williams nachdenklich. »Wenn sie von der Regierung angekauft wird, sollte das schon herausspringen; und noch einmal soviel für ihre Ladung. Captain A. dürfte nette fünftausend bekommen, ganz abgesehen vom Kopfgeld. Und dein Anteil wäre — mal sehen — rund zweihundertsechzig Pfund. Falls sie von der Regierung übernommen wird.«
»Wieso denn ›falls‹, Nunckie?«
»Na ja, eine gewisse Person hier besorgt doch die Ankäufe für die Admiralität. Und diese gewisse Person hat eine Frau, die es mit der ehelichen Treue nicht so genau nimmt. Deshalb könnte diese gewisse Person scheußlich unangenehm werden. O Goldilocks, Goldilocks, warum die Eskapaden?« klagte Mr. Williams zum sprachlosen Erstaunen seiner Nichten. »Wenn er sich um seine Arbeit gekümmert hätte, statt den Deckhengst zu spielen, dann ...«
»Aber sie hat doch das Netz nach ihm ausgeworfen!« rief Mrs. Williams, die ihren Mann niemals einen Satz vollenden ließ, jedenfalls nicht seit seinem Ja in der Dreifaltigkeitskirche von Plymouth im Jahre 1782.
»Oh, diese Schlange!« rief ihre unverheiratete Schwester, und die Augen der Nichten wandten sich nun, noch größer und runder, allesamt ihr zu.
»Eine elende Dirne!« rief Mrs. Thomas. »Der Vetter meiner Pasquita hat die Kutsche gefahren, in der sie zum Kai kam. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie ...«
»Man sollte sie nackt durch die Stadt prügeln und an den Pranger stellen. Ach, hätte ich doch nur eine Peitsche!«
»Na, na, meine Liebe ...«
Mr. Williams schüttelte mißbilligend den Kopf.
»Ich weiß, was du jetzt denkst, Mr. W.«, rief seine Frau. »Hör sofort auf damit! Diese Schamlosigkeit — wie eine läufige Hündin!«
Der Schlange guter Ruf hatte tatsächlich gelitten. Zuviel war in den letzten Monaten über sie geklatscht worden, deshalb empfing die Gouverneursgattin sie so kühl, wie sie's ohne Eklat wagen durfte. Doch Molly Hartes Erscheinung hatte sich verblüffend verändert: Schon immer eine ansehnliche Frau, war sie jetzt eine blendende Schönheit geworden. Mit Lady Warren fuhr sie zum Konzert vor, am Portal schon erwartet von ihren Bewunderern aus Heer und Marine. Die Konkurrenten um ihre Gunst umdrängten sie schnaubend und schwitzend vor Eifersucht, während ihre Frauen, Schwestern und sogar Liebsten sich in farblosen Witwengrüppchen im Hintergrund hielten und schweigend, mit verkniffenen Lippen, die scharlachrote Robe anstarrten, die hinter den vielen Uniformen fast verschwand.
Die Herren wichen zurück, als Jack erschien, und einige gesellten sich wieder zu ihren Frauen, von denen sie sofort verhört wurden, ob sie nicht auch fänden, daß Mrs. Harte stark gealtert, unmöglich gekleidet und überhaupt eine Vogelscheuche sei. Solch ein Jammer, in ihrem Alter, die Ärmste! Sie mußte ja mindestens dreißig oder vierzig, wahrscheinlich sogar fünfundvierzig sein. Das helle Licht war wirklich ungünstig für sie. Und dann Spitzenhandschuhe! Nie kämen sie auf die Idee, Spitzenhandschuhe zu tragen. Überhaupt, war es nicht furchtbar ordinär, sich so klotzig dicke Perlen umzuhängen?
Sie hat wirklich etwas von einer Dirne an sich, dachte Jack und musterte sie voller Wohlgefallen, wie sie hoch erhobenen Hauptes dastand, den schwatzenden Frauen trotzig die Stirn bietend. Ja, sie war zu haben, und dieses Wissen steigerte sein Verlangen. Molly gehörte allerdings nur dem Erfolgreichen. Aber eingedenk der Cacafuego , die unten im Hafen neben seiner Sophie lag, fand Jack das ganz richtig.
Nach einigen Minuten geistloser Konversation — einer Prüfung in Verstellungskunst, die Jack seiner Meinung nach mit Glanz und Gloria bestand —
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