Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
Vom Netzwerk:
drängte die Gesellschaft schlurfenden Schritts ins Musikzimmer, wo Molly Harte sich dekorativ hinter ihre Harfe plazierte und der Rest sich auf den zierlichen, vergoldeten Stühlen niederließ.
    »Was werden wir zu hören bekommen?« fragte gespannt eine Stimme hinter Jack. Herumfahrend gewahrte er Stephen mit frisch gepuderter Perücke und — bis auf das vergessene Hemd — recht respektabel aussehend.
    »Etwas von Boccherini für Cello und danach das Stück von Haydn, das wir arrangiert haben. Mrs. Harte wird dabei die Harfe spielen. Kommen Sie, setzen Sie sich zu mir.«
    »Tja, das muß ich wohl«, antwortete Stephen, »bei dem Gedränge. Dabei habe ich mich so auf dieses Konzert gefreut. Es ist das letzte, das wir für lange Zeit zu hören bekommen.«
    »Unsinn«, sagte Jack zerstreut, »danach kommt noch Mrs. Browns Party.«
    »Bis dahin sind wir schon unterwegs nach Malta. Unsere Befehle werden in diesem Augenblick ausgeschrieben.«
    »Die Sophie ist alles andere als seeklar«, protestierte Jack. »Sie müssen sich irren.«
    Stephen zuckte mit den Schultern. »Ich habe es vom Sekretär persönlich.«
    »Dieser verdammte Schuft!« rief Jack.
    »Pst«, zischte man in ihrer Umgebung. Der erste Geiger nickte, senkte seinen Bogen, und im nächsten Augenblick stürzten sie sich vereint auf die ersten Takte und füllten das Zimmer mit köstlich verwobenen Melodien, die das nachdenkliche Cellomotiv vorbereiteten.
    »Alles in allem«, sagte Stephen, »war Malta eine ziemliche Enttäuschung. Immerhin habe ich unten am Strand eine erkleckliche Menge Heuschreckenkrebse gefunden und einen ganzen Weidenkorb voll davon gesammelt.«
    »Sie haben recht«, antwortete Jack. »Obwohl ich mich bei Gott nicht beklagen kann, abgesehen von der Sache mit dem armen Pullings. Man hat uns hier sehr großzügig ausgerüstet — bis auf die Langriemen. Niemand hätte entgegenkommender sein können als der Arsenalverwalter ... Und bewirtet haben sie uns wie Könige. Ob einer Ihrer Krebse wohl, ganz allgemein gesprochen, einen Mann wieder aufrichten könnte? Ich bin deprimierter als ein kastrierter Kater — total aus dem Tritt.«
    Stephen musterte ihn aufmerksam, fühlte ihm den Puls, ließ sich die Zunge zeigen, stellte einige gezielte Fragen und untersuchte ihn. »Hat sich eine Wunde entzündet?« fragte Jack, von Stephens Ernst erschreckt.
    »In gewissem Sinn ist es eine Wunde«, antwortete Stephen, »aber keine aus unserem Gefecht mit der Cacafuego. Eine Dame Ihrer Bekanntschaft muß mit ihrer Gunst zu großzügig umgegangen sein, zu wahllos im engeren Sinne.«
    »Gütiger Gott!« rief Jack, dem derlei noch nie zugestoßen war.
    »Macht nichts«, sagte Stephen, gerührt von Jacks Entsetzen, »wir bringen Sie bald wieder auf die Beine. Früh erkannt, ist die Sache kein großes Problem. Es wird Ihnen nicht schaden, sich zu schonen, nur lindernden Gerstensud zu trinken und Haferschleim zu essen, dünnen Haferschleim — kein Rind- und kein Hammelfleisch, keinen Wein und keinerlei Spirituosen. Wenn das stimmt, was mir Marshall über das westliche Mittelmeer zu dieser Jahreszeit erzählt hat, dann werden Sie, unseren Zwischenaufenthalt in Palermo eingerechnet, mit Sicherheit wieder dazu imstande sein, Ihre Gesundheit, Ihre Karriere und Ihr Glück erneut aufs Spiel zu setzen, wenn wir Kap Mola sichten.«
    Er verließ die Achterkajüte mit einem, wie Jack schien, unmenschlichen Mangel an Mitgefühl und begab sich sofort nach unten, wo er einen Trunk und ein Pulver aus dem großen Vorrat mischte, den er (wie alle Marineärzte) ständig zur Hand hatte. Unter dem Ansturm des Nordostwinds, der in Böen vom Delamare Point herabwehte, legte sich die Sophie weit nach Lee über, und er verschüttete die Hälfte des Gebräus.
    »Der Rest ist immer noch zuviel«, murmelte er, die Schiffsbewegungen schon wie ein alter Salzbuckel ausbalancierend, und goß den Überschuß in eine Phiole. »Aber das macht nichts, dann reicht es noch für den jungen Babbington.« Er verkorkte das Gefäß, stellte es in den passenden Ausschnitt eines Regals, zählte die benachbarten Phiolen mit ihren Namensetiketten und kehrte in die Achterkajüte zurück. Er wußte nur zu gut, daß Jack dem uralten Seemannsglauben je mehr, desto besser anhing, und sich ins Jenseits dosieren würde, wenn er nicht scharf beaufsichtigt wurde. Und während der Kommandant unter Würgen und Stöhnen die übelkeiterregende Tinktur schluckte, stand Stephen dabei und dachte über ihre Beziehung

Weitere Kostenlose Bücher