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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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»Kommen Sie, Sir. Pflücken wir die Rosen, solange sie blühen.«
    Es war ein tapferer Versuch, das Gesicht zu wahren. Mit nobler Ausdauer setzten sie ihr Gespräch in der Kajüte fort und hoben nur die Stimmen, als die spanischen Batterien auf Green Island und dem Festland zu feuern begannen und der Donner der britischen Breitseiten durch die Bucht rollte. Immerhin ertappte sich Jack dabei, daß er Marmelade auf seine Steinbuttschnitte strich und auch etwas zerstreut antwortete. Mit einem splitternden Krachen barsten die Heckfenster der Desaix; das gepolsterte Schränkchen darunter, Kapitän Pallieres bester Weinbehälter, schoß durch die halbe Kajüte, einen Schauer von Champagner, Madeira und Glasscherben versprühend. Und mitten zwischen den Trümmern eierte eine jetzt kraftlose Kugel der HMS Pompée herum.
    »Vielleicht gehen wir doch besser an Deck«, meinte Kapitän Palliere.
    Die Situation entbehrte nicht der Kuriosität. Es herrschte fast totale Flaute. Die Pompée war gerade noch an der Desaix vorbeigeglitten, um dicht am Steuerbord-Vorschiff der Formidable Anker zu werfen, und feuerte jetzt aus allen Rohren auf dieses französische Flaggschiff, das sich mittels an Land befestigter Trossen über die tückischen Untiefen hinweg näher an die Küstenbatterien heranwarpte. Die Venerable ankerte mangels Wind mit einer halben Meile Abstand von Formidable und Desaix und beschoß beide energisch mit ihrer Backbordbatterie, während die Audacious , soweit Jack durch die lastenden Rauchwolken erkennen konnte, drei- oder vierhundert Meter weiter draußen frontal vor der Indomptable lag. Caesar, Hannibal und Spencer taten ihr Bestes, um bei der nur gelegentlich von einem schwachen Hauch aus Westnordwest unterbrochenen Flaute zum Zentrum des Geschehens vorzudringen. Die französischen Schiffe hielten ein regelmäßiges Feuer aufrecht, während die spanischen Batterien im Hintergrund, vom Torre del Almirate im Norden bis nach Green Island im Süden, ohne Unterlaß ihren rollenden Donner über die Bucht schickten. Die großen spanischen Kanonenboote, die mit ihrer Wendigkeit in der Flaute und dank der Ortskenntnis ihrer Offiziere jetzt in diesem von Riffen und unberechenbaren Strömungen verseuchten Revier ihren hohen Kampfwert bewiesen, eilten herbei, von ihren Langriemen angetrieben, um die verankerten Feinde zu beharken.
    Der Pulverrauch driftete langsam seewärts, mal hierhin, mal dorthin, und verhüllte immer wieder den Felsen von Gibraltar am fernen Rand der Bucht und die drei Schiffe weiter draußen. Doch schließlich kam eine leichte Brise auf, und die prallen Toppsegel der Caesar erschienen oberhalb des Gewoges. Sie führte die Flagge von Admiral Saumarez und das Signal Ankern zur gegenseitigen Unterstützung. Jack sah, wie sie die Audacious passierte und breitseits vor der Desaix aufdrehte, nur auf Rufweite entfernt. Dann schlossen sich die Rauchwolken wieder um sie und verbargen sie seinen Blicken. Aber aus dem Qualm schoß eine breite, blendende Flammenzunge hervor, in Kopfhöhe heulte eine Kugel übers Achterdeck der Desaix und mähte eine Reihe Seesoldaten um; der ganze Rumpf des mächtigen Linienschiffs erbebte unter den Treffern — mindestens die Hälfte der englischen Breitseite hatte ihr Ziel gefunden.
    Hier wird’s zu ungesund für einen Gefangenen, dachte Jack, warf noch einen letzten, mitfühlenden Abschiedsblick auf Kapitän Palliere und eilte hinunter aufs Achterdeck. Dort sah er Babbington und Jung-Ricketts unschlüssig beim Niedergang stehen und rief ihnen zu: »Unter Deck mit euch! Spielt jetzt nicht die Helden! Schön platt würdet ihr aussehen, von unseren eigenen Kettenkugeln in Stücke gerissen.« Denn Kettenkugeln waren es, die jetzt heulend und kreischend übers Wasser geflogen kamen. Jack scheuchte die Jungen ins Kabelgat und drängte sich dann zur Heckgalerie der Offiziersmesse durch: zur Zeit nicht gerade der sicherste Ort, aber in den Decks eines kämpfenden Kriegsschiffes war kein Platz für Zuschauer, und außerdem wollte er unbedingt den Verlauf des Gefechts beobachten.
    Die Hannibal war an der Reihe französischer Schiffe vorbeigeglitten, die alle mit dem Bugspriet nach Norden zeigten, hatte etwas vor der Caesar geankert und feuerte jetzt auf die Formidable und die Santiago-Batterie. Die Formidable schoß nur noch sporadisch zurück, was kein Fehler war, denn aus unerfindlichem Grund (vielleicht weil ihre Ankerspring zerschossen war) hatte die Pompée in der Strömung gedreht

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