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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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im Schatten eines Felsens saß. Um sich abzulenken, summte er eine Ballade über die Schlacht von Abukir vor sich hin, bis einer der Gibraltaraffen mit Kot nach ihm warf — völlig unprovoziert, wie Jack meinte. Als er sich protestierend halb erhob, drohte ihm das Vieh mit einer runzligen Faust und schnatterte so wütend, daß er sich entmutigt wieder fallen ließ.
    »Sir, Sir!« rief ein hochroter Babbington und kam keuchend zu ihm heraufgeklettert. »Sehen Sie die Brigg dort! Hinter der Landspitze, Sir!«
    Es war die Pasley , wie sie sofort erkannten, eine von der Marine gecharterte Brigg und ein schneller Segler. Sie hatte Vollzeug gesetzt, obwohl sie bei dem frischen Nordwest damit allerhand Bruch riskierte.
    »Hier, nehmen Sie das, Sir.« Babbington brach höchst undiszipliniert im Gras zusammen und reichte Jack ein Taschenfernglas aus Messing. Trotz seiner nur geringen Vergrößerung konnte Jack deutlich die Signalflaggen im Masttopp der Pasley erkennen: Feind in Sicht !
    »Und da sind sie schon, Sir.« Babbington deutete auf verschwommene Bramsegel, die in der Enge über der dunklen Kurve des Landes in Sicht kamen.
    »Folgen Sie mir!« rief Jack und stolperte weiter bergauf, rannte keuchend und stöhnend, so schnell er konnte, zum Turm, dem höchsten Aussichtspunkt auf dem Felsen von Gibraltar. An dem Bauwerk arbeiteten ein paar Maurer, beaufsichtigt von einem Artillerieoffizier mit einem großmächtigen Teleskop und einigen Soldaten. Entgegenkommend bot der Artillerist Jack sein Fernglas an. Er stützte es auf Babbingtons Schulter, stellte es sorgfältig ein und spähte hindurch. »Da ist die Superb« , sagte er, »und dort die Thames . Dann kommen zwei spanische Dreidecker — einer davon scheint mir die Real Carlos zu sein. Jedenfalls ist es das Flaggschiff eines Vizeadmirals. Zwei Vierundsiebziger ... Nein, ein Vierundsiebziger und wahrscheinlich ein Achtziger.«
    »Die Argonauta« , sagte ein Maurer.
    »Und noch ein Dreidecker. Außerdem drei Fregatten, zwei davon französisch.«
    Danach saßen sie schweigend beim Turm und beobachteten die langsame Prozession, wie sie durch die Straße von Gibraltar stetig näher kam: Die Superb und die Thames hielten ihren Vorsprung eine knappe Meile vor dem vereinigten Geschwader, während die prächtigen spanischen Linienschiffe erster Klasse unaufhaltsam wie die Sonne ihres Wegs zogen. Die Maurer verschwanden zum Mittagessen, der Wind drehte auf West zurück. Der Schatten des Turms wanderte um fünfundzwanzig Grad weiter.
    Sobald die Superb und die eine Fregatte den Cabrita Point gerundet hatten, hielten sie direkt auf Gibraltar zu, während die Spanier nach Algeciras abdrehten. Und nun erkannte Jack, daß ihr Flaggschiff tatsächlich die Real Carlos war, mit einhundertzwölf Kanonen eines der mächtigsten Kriegsschiffe der Welt. Der zweite Dreidecker war genauso stark bewaffnet, und der dritte besaß sechsundneunzig Kanonen: ein höchst eindrucksvolles Geschwader von gewaltiger Kampfkraft — vierhundertsiebzig schwere Kaliber, abgesehen von den rund hundert leichteren der Fregatten. Und die großen Schiffe manövrierten erstaunlich gut. Sie ankerten im Schutz der spanischen Küstenbatterien so akkurat, als sollten sie vom König gemustert werden.
    »Hallo, Sir«, sagte Mowett. »Dachte mir schon, daß ich Sie hier oben finde. Ich habe Ihnen einen Kuchen mitgebracht.«
    »O ja, danke! Danke vielmals«, rief Jack. »Ich habe einen Bärenhunger.« Sofort schnitt er ein Stück ab und verzehrte es gierig. Erstaunlich, wie sich die Marine verändert hatte, dachte er und bediente sich erneut: Als er noch Fähnrich war, wäre es ihm nicht im Traum eingefallen, seinen Kommandanten so vertraulich anzureden, geschweige denn, ihm einen Kuchen anzubieten.
    »Darf ich mich zu Ihnen setzen?« fragte Mowett und ließ sich auf Jacks Felsen nieder. »Ich wette, sie wollen die Franzosen heraushauen. Glauben Sie, daß wir angreifen werden?«
    Jack blieb skeptisch. »Die Pompée wird auch in drei Wochen noch nicht seeklar sein«, sagte er. »Die Caesar ist schwer beschädigt und muß erst drei neue Masten setzen. Aber selbst wenn sie fertig wird, bevor der Feind ausläuft, haben wir damit erst fünf Linienschiffe gegen ihre zehn — oder neun, wenn man die Hannibal nicht berücksichtigt. Das wären dann dreihundertsechsundsiebzig Kanonen gegen ihre über siebenhundert, beide Geschwader zusammengerechnet. Außerdem sind wir knapp an Leuten.«
    »Sie würden trotzdem angreifen, nicht

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