Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
Vom Netzwerk:
anzugreifen. Der Admiral will sie ganz aus der Bucht und draußen in der Enge haben, damit sie sich nicht zurück nach Algeciras flüchten können; außerdem braucht er reichlich Seeraum, wenn er sich schließlich auf sie stürzt. Sobald sie draußen sind, wird er ihnen bestimmt den Rückweg abschneiden, falls dieser Ostwind anhält; er sieht mir ganz nach einem echten Drei-Tage-Levanter aus. Da, schauen Sie, die Hannibal kommt nicht um die Landspitze, sie müßte eigentlich jeden Augenblick stranden. Die Fregatte hat die Sache verpatzt. Jetzt ziehen sie ihren Bug herum. Immer hübsch langsam — na bitte, es geht ja — die Segel füllen sich wieder — setz doch die Fock, Mann — na endlich. Sie kehrt nach Algeciras zurück.«
    Schweigend hielten sie weiter Ausschau, umgeben von Grüppchen anderer Beobachter, die sich über den ganzen Felsen verteilt hatten. Hin und wieder ließ jemand eine Bemerkung fallen: über den auffrischenden Wind, die voraussichtliche Taktik der Gegner, das Metallgewicht der jeweiligen Breitseiten — den hohen Leistungsstandard französischer Artillerie — die Strömungen vor Kap Trafalgar ...
    Mit einiger Mühe und häufigem Umtrimmen der Segel hatte die vereinigte Flotte — jetzt neun Linienschiffe und drei Fregatten — sich in Schlachtlinie formiert, mit den beiden größten Spaniern am Schluß. Nun hielten sie vor dem auffrischenden Ostwind genau nach Westen. Kurz zuvor hatte das britische Geschwader auf ein Flaggensignal hin gewendet und lief jetzt unter mäßiger Segelfläche über Backbordbug.
    Jack hielt sein Teleskop ständig auf das Flaggschiff gerichtet, und sowie er die bunten Tuchbällchen aufsteigen sah, murmelte er: »Jetzt geht’s los.«
    Die Signalflaggen wehten aus, und fast im selben Augenblick verdoppelte sich die Segelfläche auf allen britischen Schiffen. Binnen kurzem preschte das Geschwader hinter den Franzosen und Spaniern her und wurde von Minute zu Minute kleiner, bis Jack es kaum noch erkennen konnte.
    »O Gott, wie gern wäre ich jetzt bei ihnen«, stöhnte er. Und fügte zehn Minuten später hinzu: »Schauen Sie, die Superb setzt sich an die Spitze. Der Admiral muß sie nach vorn beordert haben.« An ihren Royalrahen entfalteten sich die Leesegel wie durch Zauberhand. »Wie sie fliegt«, seufzte Jack, ließ sein Fernrohr sinken und wischte an der Linse herum; doch sie war weder beschlagen noch schmutzig, es lag an dem schwindenden Tageslicht, daß er so wenig sah. Am Fuß des Felsens dunkelte es schon, bräunlicher Abenddunst hing über der Stadt, in der jetzt überall die Lichter angingen. Nicht lange, und sie sahen Laternen die Felshänge heraufkriechen, unterwegs zu Aussichtspunkten, von wo die bevorstehende Schlacht vielleicht beobachtet werden konnte. Vom anderen Ufer der Bucht blinzelten die Lichter von Algeciras herüber, ein funkelndes Perlenkollier tief unter ihnen.
    »Was hielten Sie jetzt von etwas Schinken?« fragte Jack.
    Stephen hielt Schinken für ein wertvolles Stärkungsmittel bei Kälte und fallendem Tau. Nachdem sie im Dunkeln, mit über die Knie gebreiteten Taschentüchern, eine Zeitlang schweigend gegessen hatten, meinte Stephen plötzlich: »Man hat mir gesagt, daß auch ich für den Verlust der Sophie vor Gericht komme.«
    Seit dem frühen Morgen, als sich abzeichnete, daß die vereinigte Flotte ausbrechen würde, hatte Jack nicht mehr an das bevorstehende Kriegsgericht gedacht. Jetzt überfiel ihn der Gedanke daran wie ein Schock, so heftig und unangenehm, daß sich sein Magen verkrampfte. Trotzdem fragte er nur: »Wer hat das gesagt? Die medizinischen Herren im Hospital, nehme ich an?«
    »Jawohl.«
    »Theoretisch haben sie natürlich recht. Offiziell nennt sich das Ganze Verhandlung gegen den Kommandanten, die Offiziere und die Mannschaften. Die Offiziere werden der Form halber gefragt, ob sie etwas gegen ihren Kommandanten vorzubringen haben. Umgekehrt fragt man den Kommandanten, ob er Beschwerde über seine Offiziere einlegen will. Aber in der Praxis ist es allein mein Verhalten, über das verhandelt wird. Sie haben nichts zu befürchten, mein Ehrenwort darauf. Nicht das geringste.«
    »Oh, ich bekenne mich sofort schuldig«, erklärte Stephen. »Ich gebe zu, daß ich zur Zeit des Gefechts mit einer offenen Laterne im Pulvermagazin saß, daß ich mir vorstellte, der König sei tot, daß ich mit meinen medizinischen Geräten Schindluder trieb, eine Pfeife rauchte und das Krankensüppchen mit Wasser streckte ... Was ist das Ganze

Weitere Kostenlose Bücher