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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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verbrachte ich dort mindestens soviel Zeit wie zu Hause. Eher mehr«, schloß er nachdenklich, den Blick auf den Tochterkompaß über seinem Kopf gerichtet. »Kennen Sie eigentlich Dr. Johnson, den Lexikon-Johnson?«
    »Aber gewiß«, rief Stephen mit eigenartigem Ausdruck. »Den geachtetsten, den liebenswertesten unter unseren Modernen. Ich billige nichts, was er sagt, es sei denn, er spricht von Irland, und doch verehre ich ihn. Für seine Biographie über Savage liebe ich ihn sogar. Und was mehr ist: Er erschien mir kürzlich in dem lebhaftesten Traum, den ich jemals hatte, vor höchstens einer Woche. Wie seltsam, daß Sie ihn ausgerechnet heute erwähnen ...«
    »Ja, nicht wahr? Er war ein enger Freund von Queeneys Familie, bis ihre Mutter durchbrannte und einen Italiener heiratete, einen Papisten. Wie Sie sich denken können, war Queeney außer sich vor Wut, weil sie einen Katholiken als Stiefvater bekam. Nicht daß sie ihm jemals begegnet wäre. Aber sie sagte: ›Alles, alles, bloß keinen Papisten. Ich schwöre, daß mir Black Frank tausendmal lieber gewesen wäre.‹ Deshalb verbrannten wir auch im November dreizehn Guy Fawkes, alle in einer Reihe. Das muß 83 oder 84 gewesen sein, nicht lange nach der Schlacht bei den Saintes. Danach lebten sie fast nur noch in Damplow, die Mädchen, meine ich, und eine ältliche Cousine. Ach, meine liebe Queeney ... Habe ich Ihnen nicht schon von ihr erzählt? Sie hat mir Mathematik beigebracht.«
    »Ich glaube, das haben Sie. Eine Studentin des Hebräischen, nicht wahr?«
    »Ganz recht. Außerdem konnte sie Kegelschnitte und Fünfecke im Handumdrehen berechnen. Die gute Queeney. Und ich dachte schon, sie würde mal eine alte Jungfer werden. Sie war ja ganz hübsch, aber wie sollte sich ein Mann jemals einem Mädchen erklären, das hebräisch sprach? Ich hielt's für einen großen Jammer, denn eine so liebe Frau sollte eigentlich eine prächtige Familie mit einem Haufen Kinder haben. Und nun kommt sie daher und ist mit einem Admiral verheiratet — Ende gut, alles gut ... Trotzdem — er scheint mir uralt zu sein, ist auch ganz grau, wissen Sie, bestimmt schon an die Sechzig. Was halten Sie als Arzt davon — ich meine, wäre es possibel, daß er ...«
    »Possibilissima.«
    »Äh?«
    »Possibile è la cosa, e naturale« , sang Stephen in heiser krächzenden Tönen, die nichts mit seiner sonst angenehmen Sprechstimme gemein hatten. »E se Susanna vuol, possibilissima!« Das kam zwar sehr disharmonisch heraus, war aber immer noch kenntlich als Zitat aus Mozarts Oper Figaro .
    »Tatsächlich? Tatsächlich? « fragte Jack fasziniert. Nach einer grüblerischen Pause fuhr er fort: »Das sollten wir mal als Duo probieren, als Improvisation, meine ich ... Queeney stieß in Livorno zu ihm. Und ich dachte, meine Verdienste seien endlich anerkannt worden, meine im Kampf davongetragenen Wunden«, er lachte herzhaft, »hätten mir die Beförderung eingebracht. Dabei steckt bestimmt die gute Queeney dahinter, da bin ich fast sicher. Aber das Beste habe ich Ihnen ja noch gar nicht erzählt — und das haben wir ganz gewiß ihr zu verdanken: Wir sollen sechs Wochen lang an der französischen und spanischen Küste kreuzen, bis hinunter zum Kap Náo!«
    »Oh? Und das ist gut?«
    »Ja, sehr gut sogar. Kein Konvoidienst mehr, verstehen Sie? Nicht mehr gefesselt sein an einen tolpatschigen Haufen hinterhältiger Schurken, an diese Krämerseelen, die kreuz und quer übers Meer kriechen. Wir sollen die Franzosen und Spanier angreifen, ihre Handelsschiffahrt, ihre Häfen, ihren Nachschub, verstehen Sie? Lord Keith legte mir dringend ans Herz, ihren Handel zu stören. Er betonte immer wieder: Das ist mindestens so wichtig, wie die eine oder andere Seeschlacht zu gewinnen. Und um vieles profitabler. Der Admiral nahm mich beiseite und klärte mich gründlich über alle Aspekte auf — wirklich ein ungewöhnlich kluger, weitsichtiger Befehlshaber. Natürlich kein Nelson, das behauptet auch niemand, aber gewiß ein Ausnahmemensch. Freut mich, daß Queeney ihn gekriegt hat. Jetzt stehen wir unter keinem anderen Befehl, sondern kreuzen unabhängig — das ist das Beste daran. Kein glatzköpfiger Tintenpisser kann zu mir sagen: ›Jack Aubrey, Sie bringen jetzt schleunigst diese Schweine für die Flotte nach Livorno‹, was es unmöglich macht, auf eine Prise auch nur zu hoffen. Ha — Prisengeld!« Jack schlug sich grinsend auf die Schenkel. Und der Wachtposten vor der Tür, der die ganze Zeit

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