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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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wiedergefunden. Natürlich setzte er eine geziemend ernste Miene auf, denn ein formeller Besuch bei Lord Keith, Admiral der Blauen Territorien und Marineoberbefehlshaber im Mittelmeer, war beileibe kein Grund zur Heiterkeit. Die Ernsthaftigkeit, mit der er, sauber geschrubbt, rasiert und herausgeputzt, auf der Heckbank saß, steckte seinen Bootsführer und dessen Leute an, so daß sie besonders aufmerksam ruderten, die Blicke züchtig binnenbords gerichtet. Trotzdem wären sie zu früh beim Flaggschiff angekommen, deshalb ließ Jack den Kutter nach einem Blick auf seine Uhr einen Bogen um die Audacious schlagen und die Riemen wartend das Wasser halten. Von dieser Stelle hatte er Aussicht auf die ganze Bucht: Fünf britische Linienschiffe und vier Fregatten ankerten zwei bis drei Meilen weit draußen; zwischen ihnen und dem Land lagen ganze Schwärme von Kanonenbooten und Mörserschiffen. Unausgesetzt bombardierten sie, unter ihrem eigenen Pulverrauch fast verschwindend, die ehrwürdige Stadt, die sich am Scheitel der Bucht in schwungvollem Bogen die steilen Hänge hinaufzog, und schickten Bombe nach Bombe in die dichtgedrängten Häuser jenseits der fernen Mole. Auf diese Distanz wirkten die Boote klein und die Häuser, Kirchen und Paläste noch kleiner — wie Spielzeug unter dem klaren, warmen Himmel. Aber das unaufhörliche Dröhnen der Salven und das tiefere Krachen, mit dem die französischen Küstenbatterien darauf antworteten, klangen seltsam nahe, drohend und sehr real.
    Die überschüssigen zehn Minuten verstrichen; Sophies Kutter näherte sich dem Flaggschiff. Und auf dessen fragenden Anruf: »Boot ahoi?« kam von Jacks Bootsführer die Antwort: »Sophie!« , was bedeutete, daß deren Kommandant im Boot saß. In straffer Haltung kletterte Jack an der Bordwand empor, salutierte in Richtung des Achterdecks, schüttelte Flaggkapitän Louis die Hand und wurde zur Kajüte des Admirals geleitet.
    Er hatte guten Grund, mit sich zufrieden zu sein: Seinen Konvoi hatte er ohne weitere Verluste in Cagliari abgeliefert und danach einen zweiten nach Livorno hinauf begleitet. Jetzt war er genau zur vorherbestimmten Zeit in Genua eingetroffen — trotz der Flaute bei Monte Christo —, und dennoch war er beachtlich nervös und so auf Lord Keith fixiert, daß er wie ein Karpfen das Maul aufriß, als er in der grandiosen, lichtüberfluteten Staatskajüte nirgends einen Admiral entdeckte, sondern nur eine vollbusige junge Frau, die mit dem Rücken zu den Heckfenstern stand.
    »Mein lieber Jacky«, sagte die junge Frau, »wie gut du aussiehst, und so stattlich ausstaffiert. Laß mich deine Halsbinde zurechtrücken — so. Aber Jacky, du bist ja so erschrocken, als wäre ich ein Franzose!«
    »Queeney! Meine gute alte Queeney«, rief Jack, drückte sie an sich und gab ihr einen herzhaften, schmatzenden Kuß auf die Wange.
    »Gott verdammt und zugenäht!« brüllte eine wütende schottische Männerstimme. »Was für ein frecher junger Dachs!« Der Admiral war von der Heckgalerie in die Kajüte getreten, ein grauhaariger Hüne mit dem Kopf eines Löwen, dessen Augen wütende Blitze auf Jack abschossen.
    »Das ist der junge Mann, von dem ich dir erzählt habe, Admiral.« Queeney tätschelte dem erbleichten Jack noch einmal die schwarze Halsbinde und ließ dabei ihren Ehering funkeln. »Ich hab ihn gebadet und immer zu mir ins Bett genommen, wenn er schlecht geträumt hatte.«
    Dies mochte zwar nicht die beste aller Einführungen bei einem frischverheirateten Admiral von fast sechzig Jahren sein, aber sie schien zu wirken. »Oh«, sagte der Admiral, »richtig. Das hatte ich vergessen. Vergeben Sie mir. Ich habe einen Stall voll stürmischer Kapitäne, und manche davon sind die reinsten Wüstlinge ...«
    »›Manche davon sind die reinsten Wüstlinge‹, sagte er und durchbohrte mich mit seinem stechenden, kalten Blick.« Jack füllte Stephens Glas nach und räkelte sich wieder gemütlich auf der Heckbank. »Dabei war ich felsenfest überzeugt, daß er mich erkannt hatte. Dreimal waren wir uns schon begegnet, und immer war es schlimmer als beim letzten Mal. Zuerst sah ich ihn auf der alten Reso am Kap, damals hieß er noch Kapitän Elphinstone. Er kam an Bord — zwei Minuten nachdem mich Kapitän Douglas zum Vorschiff verdammt hatte (ich war damals Kadett), und fuhr mich an: ›Was flennst du kleiner Rotzlöffel so?‹ Und Captain Douglas antwortete: ›Dieser vermaledeite Knirps ist schon ein ausgefuchster Weiberheld. Ich schicke

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