Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
darauf. »Also am Tag vor Matildas Selbstmord.«
»Kann sein, Herr Hauptkommissar.« Tove war nun darauf bedacht, einen guten Eindruck zu machen. »Ich fand dann den Besuch noch interessanter als die beiden Damen, die sich in der Sauna aufhielten.«
»Was war daran interessant?«, fragte Erik.
»Dass Ludo dermaßen ausrastete«, antwortete Tove. »Ich habe das Gespräch nicht von Anfang an mitbekommen, habe nur die lauten Stimmen gehört und bin dann in den Garten geschlichen. Da stand Ludo mitten im Raum und brüllte die Matteuer an. Wenn Sie mir so kommen, hat er geschrien, kann ich auch anders. Ich mache Sie fertig! Ganz Sylt wird dann erfahren, dass Ihre Schwester was mit Ihrem Mann hat!«
Erik runzelte die Stirn. »Thöneßen hat behauptet, Matilda Pütz hätte was mit Klaus Matteuer gehabt?«
»Exakt! Und wenn die Matteuer die Stirn haben sollte, ihn anzuzeigen, dann würden das alle erfahren, hat er gesagt.«
»Warum sollte Frau Matteuer ihn anzeigen?«
»Das habe ich leider nicht mitbekommen. Darüber hatten die wohl schon vorher geredet. Als ich noch vor dem Fenster der Sauna hockte.«
»Das war dann also …«, Erik überlegte nicht lange, »… am vergangenen Montag.«
»Exakt, Herr Hauptkommissar.«
»Aber die Spuren im Garten waren frisch, Herr Griess. Die waren nicht mehrere Tage alt.«
»Kann nicht sein. Oder … ja, vielleicht war ich noch mal da. Weiß ich nicht mehr so genau.«
»Sie sind nicht sicher, ob Sie in der Nacht, in der Sila Simoni ermordet wurde, dort gewesen sind?«
»Nee, da auf keinen Fall! Aber an dem Abend, an dem Ina Müller auf Sylt gastierte! Das weiß ich genau!«
»Und danach noch mal, um sich ein paar Damen in der Sauna anzugucken?«
»Exakt, Herr Hauptkommissar!«
»Und wie kommt der Zahnstocher in den Saunabereich, wenn Sie sich nur draußen aufgehalten haben?«
»Das muss ja nicht meiner gewesen sein, oder?«
Erik stand auf und machte ein paar Schritte hin und her. Sören beobachtete ihn dabei, aber Tove Griess nahm den Blick nicht von seinen Händen. Schließlich sagte Erik: »Ich glaube Ihnen kein Wort. Sie haben nicht vor den Fenstern gespannt! Das ist doch Sache von Fietje Tiensch. Hat der Ihnen vielleicht erzählt, dass er Frau Matteuer bei Ludo Thöneßen gesehen hat? Und damit wollen Sie uns nun erklären, wie Ihre Fußabdrücke in den Garten gekommen sind!«
»Ehrlich, Herr Hauptkommissar …«
»Wenn ich nun Frau Matteuer anrufe und sie frage, ob sie an dem fraglichen Abend bei Ludo Thöneßen war? Was meinen Sie, wird sie mir antworten?«
»Wenn sie das abstreitet, lügt sie.«
Erik gab Sören einen Wink, die beiden gingen zur Tür. »Unser Kollege bringt Sie gleich zurück in Ihre Zelle.«
Tove sprang wütend auf. »Ich will hier raus!«
»Heute nicht mehr, Herr Griess. Bis morgen bleiben Sie auf jeden Fall. Dann werden wir sehen, ob die Staatsanwältin einen Haftbefehl ausstellt.«
Erik schob Sören aus dem Raum und schloss die Tür hinter sich. Schweigend ging er in sein Büro und sprach erst, als er an seinem Schreibtisch Platz genommen hatte und Sören ihm gegenübersaß. »Könnte es sein, dass der Liebesbrief, den wir in Glücksburg gefunden haben, doch für Matilda bestimmt war?«
Sören fing an, mit seinem Stuhl zu kippeln, was er immer tat, wenn er nachdachte. Er stellte ihn auf die hinteren Beine und hielt sich mit zwei Fingern der rechten Hand an der Schreibtischkante fest. »Frau Matteuer hat es bestritten. Warum sollte sie das tun?«
»Weil es ihr peinlich ist, von der eigenen Schwester betrogen worden zu sein?«
Sören ließ den Stuhl auf seine vier Beine fallen. »Unsinn, Chef! Matilda Pütz hatte ein Verhältnis mit Ludo! Schon vergessen?«
»Und wenn sie mit beiden was hatte?«
Sören fing wieder an zu kippeln. »Die hat sich umgebracht, weil sie von Ludo schwer enttäuscht worden ist. Aus Liebeskummer! Und da soll sie noch mit einem anderen eine Affäre gehabt haben? Das passt nicht zusammen.«
Erik sah lange schweigend vor sich hin, bis Sören ergänzte: »Außerdem hat das für unsere Mordfälle überhaupt keine Bedeutung, mit wem Matilda Pütz ins Bett gegangen ist.«
Erik dachte nach. »Ist es nicht merkwürdig, dass niemand etwas von der Liebe zwischen Matilda und Ludo wusste? Keine einzige Aussage zu diesem Thema haben wir bekommen! Ganz Sylt schweigt!«
»Weil Sie nicht bereit waren, die Sache an die große Glocke zu hängen«, antwortete Sören hitzig. »Die Sorgen von Frau Matteuer gingen ja vor! Niemand
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