Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
Auskommen finden, weil die Leute vom Festland alles an sich reißen? Finden Sie das nicht … importante?«
Fietje nahm den Blick aus seinem Bier und sah Tove hilflos an, als hoffte er darauf, dass der Mamma Carlottas Fragen beantwortete. Aber als der Wirt nur unheilvoll mit der Grillzange klapperte, sagte er: »Nö, richtig ist das alles nicht. Aber was soll man machen?«
»Sich wehren!«, rief Mamma Carlotta.
Nun beugte Tove sich über die Theke, dass der neue Zahnstocher in seinem Mund beinahe Mamma Carlottas Nase berührte. »Und was macht diese Investorin, gegen die Sie sich wehren wollen, in Ihrem Hause? Fietje hat sie bei Ihnen reingehen sehen. Mit einer Reisetasche. Hat die etwa bei Ihnen übernachtet? Wie passt das zusammen, Signora?«
Mamma Carlotta rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. »Das hat gar nichts zu bedeuten.« Mit vielen Worten und großen Gesten berichtete sie über das schreckliche Geschehen vom Vorabend, den markerschütternden Schrei, den entsetzlichen Aufprall des Frauenkörpers, den grauenhaften Zustand der Leiche. Leider hatten Tove und Fietje schon davon gehört und waren deshalb nicht ganz so erschüttert, wie Mamma Carlotta gehofft hatte. »Mein Schwiegersohn hat dann festgestellt, dass er die beiden Schwestern von früher kennt. Da musste er Corinna Matteuer doch helfen!« Sie sah die beiden so lange auffordernd an, bis Tove sich schließlich zu einem vagen Schulterzucken durchrang. »Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.«
Eigentlich hatte sie Tove und Fietje erzählen wollen, dass der Besitzer des Squashcenters am Morgen tot aufgefunden worden war. Leider wusste sie nicht, wo man ihn entdeckt hatte, aber die Tatsache, dass Matilda Pütz ihn umgebracht hatte, war Sensation genug. Und da Erik sie lediglich ermahnt hatte, vor den Kindern darüber zu schweigen, hatte sie Tove und Fietje mit dieser Neuigkeit erfreuen wollen. Aber nun, da die beiden nicht bereit waren, bei der Demo mitzulaufen, und ihr sogar vorwarfen, dass Corinna Matteuer im Hause Wolf übernachtet hatte, würde sie ihnen diese Nachricht verweigern. Sie würde sich nicht einmal damit verteidigen, dass sie dagegen gewesen war, der Investorin Gastfreundschaft anzubieten. Dass sie sogar fürchtete, Corinna Matteuer habe ein Auge auf ihren Schwiegersohn geworfen, hätte sie auch gerne mit Tove und Fietje besprochen, aber unter diesen Umständen würde sie die beiden von diesem besonders pikanten Problem ausschließen. Das hatten sie nun davon!
Mit großer Geste legte sie das Geld für den Cappuccino auf die Theke, damit Tove nicht meinte, er könnte seine Zivilcourage mit einer Tasse Cappuccino verkaufen. Sie rutschte vom Barhocker und fasste ihn streng ins Auge. »Ich hoffe, Sie überlegen sich das mit der Demo noch mal.« Sie wandte sich an Fietje. »Und Sie auch!«
Der Strandwärter machte mal wieder den Versuch, sich in seinem Bierglas zu verstecken, während Tove Griess plötzlich die Grillzange wegwarf und sich so weit über die Theke beugte, dass Mamma Carlotta sich Mühe geben musste, nicht ängstlich zurückzuweichen. »Ich habe gar nichts gegen das Gesundheitshaus. Ganz im Gegenteil! Ich denke darüber nach, das Bistro zu pachten!« Er richtete sich wieder auf und grinste in Mamma Carlottas fassungsloses Gesicht. »Da staunen Sie, was? Käptens Kajüte in Braderup!«
Mamma Carlotta staunte tatsächlich nicht schlecht. Als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte, stieß sie aufgeregt hervor: »Woher wollen Sie das Geld dafür nehmen?«
»Das lassen Sie mal meine Sorge sein!«
»Aber …« Beinahe hätte sie ihren Neffen erwähnt, der sich ebenfalls um das Bistro beworben hatte, unterließ es dann aber. Wie sie Tove kannte, war er mal wieder seinem eigenen Größenwahn erlegen. Wenn Corinna Matteuer diese Imbissstube sah, würde sie niemals auf die Idee kommen, ausgerechnet Tove Griess ein nagelneues Bistro anzubieten.
Mamma Carlotta beschloss, Käptens Kajüte zu verlassen, ohne auf Toves Behauptung einzugehen. Sie bemühte sich sogar, eine besonders unnahbare Haltung einzunehmen, als sie auf die Tür zuging. Sollte Tove in den nächsten Stunden ruhig unter der Sorge leiden, dass die Schwiegermutter von Kriminalhauptkommissar Wolf demnächst ihren Cappuccino woanders trinken würde!
A ls Corinna das Auto der Spurensicherung bemerkte, wurde sie ärgerlich. »Was soll das? Meine Schwester hat sich umgebracht! Gibt es da irgendwelche Zweifel?«
»Das ist reine Routine«, behauptete Erik und
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