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Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Titel: Kurschatten: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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den Fenstern kein Licht zu sehen, obwohl es dort sonst sogar tagsüber brannte.
    »War ja klar!«, hörte Mamma Carlotta eine Frau murmeln, die hinter ihr marschierte. »Die haben sich verbarrikadiert. Oder die Matteuer ist abgehauen und schlürft jetzt auf dem Balkon ihres schicken Apartments Champagner.«
    »Auf dem Balkon, von dem sich vorgestern ihre Schwester gestürzt hat?«, gab eine männliche Stimme zurück. »Ne, so knallhart ist nicht mal die Matteuer.«
    Schon schlossen sich einige Zaungäste dem Zug an und warfen ihrerseits Fragen und Kommentare ein.
    »Die Matteuer ist abgehauen!«, rief jemand. »Ich habe ihren Wagen gesehen!«
    Willi Steensen antwortete, ohne sich umzudrehen: »Dann werden wir so lange rufen und trommeln, bis ihr Mitarbeiter rauskommt und uns Rede und Antwort steht. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass die Matteuer diese Aufgabe auf Dennis Happe abwälzt.«
    Er gab ein Zeichen, formte mit den Lippen das Wort »Schluss!« und sah seine Mitstreiter verblüfft an, als diese einmütig »Finito!« skandierten. Immer schneller, immer lauter ertönte es: »Fi-ni-to!«
    Mamma Carlotta ließ die Kinder mit ihrem Plakat weitergehen und sich von anderen überholen. Dennis Happe hatte sie bereits gegenübergesessen. Sie durfte nicht riskieren, dass er sie in den vorderen Reihen entdeckte und bloßstellte. Sie mochte sich gar nicht die Gesichter ihrer Enkelkinder vorstellen, wenn ihre Großmutter unehrenhaft aus der Bürgerinitiative entlassen wurde, so wie Freda Arnsen, die im Gesundheitshaus Praxisräume anmieten wollte und damit für die Bürgerinitiative untragbar geworden war.
    Als die Ersten zum Stehen kamen, bewegte sich Mamma Carlotta unauffällig ans Ende des Zuges, wo Dennis Happe sie nicht zur Kenntnis nehmen würde.
    Menno Koopmann, der sich schon am Ponyhof dem Zug der Demonstranten angeschlossen hatte, fotografierte, was das Zeug hielt. Mamma Carlotta sah sich nach Wiebke Reimers um. Hatte sie nicht versprochen, ebenfalls über die Demo zu berichten? Aber sie war nirgendwo zu sehen, was Menno Koopmann zu beflügeln schien. Er war der mediale Platzhirsch, dirigierte die Leute hierhin und dorthin und schien sich immer besser zu fühlen, je deutlicher er die Kundgebung störte.
    »Schluss mit den Bettenburgen!«, donnerte der Vorsitzende der Bürgerinitiative soeben in ein Megafon, mit dem er auch im Baubüro zu hören sein musste. »Wollen wir, dass unsere Insel das Mallorca des Nordens wird? Dass die letzten Fleckchen Einsamkeit von den Massen besetzt werden?«
    Seine Anhänger schrien begeistert: »Finito! Finito!« Und Mamma Carlotta stimmte lauter als alle anderen ein: »Finito!«
    »Wir werden belogen und betrogen!«, fuhr der Vorsitzende fort und machte eine Pause, weil es einen Augenblick so schien, als gäbe es eine Bewegung an einem der Fenster des Baubüros. Als aber weiterhin alles still blieb, setzte er seine Rede fort: »Ein Gesundheitshaus wurde uns versprochen! Von dem riesigen Hotel mit dem Parkhaus hat niemand was gesagt! Wir wehren uns dagegen! Matteuer-Immobilien hat unsere Insel genug verschandelt! Jetzt ist Schluss! Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Braderuper Heide in Gefahr gerät!«
    Großer Applaus belohnte ihn. »Rauskommen! Rauskommen!«, wurde nun skandiert, aber im Baubüro blieb weiterhin alles still. Auch als Corinna Matteuers Name gerufen wurde, öffnete sich weder ein Fenster noch die Tür. Sie ließ sich nicht blicken.
    Dann jedoch bewegte sich etwas neben den großen Müllcontainern, die hinter dem Baubüro standen. Als hätten sie sich bis jetzt dort verborgen gehalten, erschienen Tove Griess und Fietje Tiensch auf der Bildfläche. Der Wirt mit einer flachen Schiffermütze auf dem Kopf, der Strandwärter mit seiner unvermeidlichen Bommelmütze. Beide trugen dicke dunkelblaue Troyer, auf Jacken hatten sie trotz der Kälte verzichtet. Tove grinste den Demonstranten herausfordernd ins Gesicht, als er ein Plakat entrollte und Fietje einen Holzstiel in die Hand drückte. Fietje sah so aus, als wollte er damit eigentlich nichts zu tun haben. Er war allem Anschein nach von Tove genötigt worden, der einen zweiten Mann brauchte, um sein Plakat in die Höhe zu halten. ›Wir brauchen ein Gesundheitshaus!‹, stand in großen roten Lettern darauf.
    »Was wir brauchen, ist eine funktionierende Umwelt, du Dösbaddel!«, brüllte Willi Steensen ihm entgegen und fand sofort Bekräftigung in den Reihen seiner Mitglieder:
    »Gegen ein Gesundheitshaus hätte

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