Kurt Ostbahn - Kopfschuss
er da und dafür hat er immer ein fürstliches Honorar kassiert. In Naturalien, okay, und ohne Quittung. Aber dafür auch steuerfrei. Robert kann nicht weg sein, John. Das kann er mir nicht antun!“
„Apropos“, sagt John Smith und räkelt sich auf dem Rücksitz, „nehmen wir einmal an, du hast heute fünf Leute umgelegt, die mit deinem Auftrag nicht das Geringste zu tun hatten. Du hast eine mexikanische Bauernfamilie um ihren Vater und einen Enkelsohn gebracht. Du hast eine Familie aus Florida, die in ihrem Wohnmobil auf dem Weg zu den Ausgrabungen von Casas Grandes war, mit einem Schlag ausgerottet. Also Damokles hätte dich für die Scheißaktion über den Jordan und in den Hades geschickt. Und was machst du? Du jammerst Robert nach, der einfach die Schnauze voll hatte von deinen ewigen Ich-bin-die-Welt-Aktionen!“
„Aber was tu ich denn Böses?“, sage ich zu allen, die mir in meinem gemieteten Chevy zuhören. „Ich sitze seit hundert Stunden am Steuer eines blauen Autos und fahre unter blauem Himmel durch die Wüste nach Tres Cruces. Mein Job ist der Besatzung dieses Fahrzeugs hinreichend bekannt, oder? Da müssen doch auch ein paar kleine Gewaltphantasien ihren Platz haben. Das ist mentales Training, Leute. Proben für den Ernstfall. Oder soll ich euch in Hinkunft mit den gedanklichen Auswüchsen meines sexuellen Notstands belästigen?“ „Besser nicht“, sagt Robert, der plötzlich wieder neben mir auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat.
„Kann man so nicht sagen“, mischt sich von der Rückbank John Smith in die Debatte. „Wenn er was zu erzählen hat, das uns weiterbringt, dann sind wir selbstverständlich ganz Ohr. Ist es nicht so, Robert?“
„Wie ist das zum Beispiel mit Frauen, die Kaktus-Unterröcke tragen?“, erkundigt sich Robert. „Du weißt schon, die Dinger, die immer nur dienstags blinken und den Rest der Woche stechen?“
„Interessante Frage“, sage ich.
Wir sind wieder ein Team.
Der Puma, der Adler und die Schlange.
12. PARAISO DEL SUR,
MEXICO
„. . . und das ist nicht nur schlecht für meine Nerven, das ist vor allem schlecht fürs Geschäft. Weder die mexikanischen Behörden noch die Bullen drüben in Texas haben wirklich etwas gegen diese Landplage unternommen. Also gilt für mich nun das alte Sprichwort: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Sie wissen, was ich meine, Mister Smith?“ Regina Grimes’ Büro ist eine exakte Nachbildung des Oval Office, und Mrs. President sitzt mir unter dem Sternenbanner an ihrem Schreibtisch gegenüber, nippt an ihrem Milchkaffee und wirft mir über die Porzellantasse mit Goldrand hinweg einen fragenden Blick zu.
Ich glaube, sie hält mich für ein ziemliches Weh. Womit sie gar nicht einmal so falsch liegt, zumindest was meine Qualitäten als Berufskiller betrifft. Wenn man aus einem Kaff in Kanada kommt, das Vivien Naustria heißt, kann man nur zweite oder dritte Wahl sein.
„Ich glaube, ja“, sage ich, „aber es gibt da eine Reihe von Punkten, die ich gern mit Ihnen erörtern würde, Regina, damit eventuelle Missverständnisse ausgeräumt werden können, bevor es für alle Beteiligten . . .“
„Wenn es um mehr Geld geht, Mister Smith, muss ich Sie leider enttäuschen“, fällt sie mir barsch ins Wort. „Mein
Anwalt, Mister Cipollina, hat Sie für zehntausend Dollar engagiert. Und die ungewöhnlichen Auszahlungsmodalitäten haben, soweit ich weiß, sogar Sie selbst vorgeschlagen.“ „Wer redet denn von Geld?“, sage ich. „Ich will nur . . .“
„Ihr Vorgänger hat ständig über nichts anderes geredet. Bis ich ihn schließlich wieder heimgeschickt habe, nach New York. Der Mann war ein kompletter Versager. Tablettensüchtig, Alkoholiker, Kettenraucher. Von Ihnen, Mister Smith, erwarte ich mir, dass Sie mich nicht so enttäuschen! Und was Ihre Fragen über Ramon betrifft, wenden Sie sich an den Duke. Er weiß über diese Ratte bestens Bescheid. Ah, da ist er ja! Du kommst wie gerufen, Duke. Unser Mister Smith will Informationen über das Arschloch Ramon und seinen Rattenschwanz. Geht doch runter an die Bar und besprecht die Einzelheiten. Ich muss jetzt telefonieren. War mir ein Vergnügen, Mister Smith.“
Der Duke steht in der Tür, seinen Stetson in der Hand, und nickt mir zu. Meine Audienz bei der uneingeschränkten Herrscherin über das Paradies des Südens ist damit beendet. Was ich mit hinunter an die Bar nehme: Regina Grimes hat ihren Laden vor einem Jahr eröffnet, und alles lief zur vollsten
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