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Kurt Ostbahn - Platzangst

Kurt Ostbahn - Platzangst

Titel: Kurt Ostbahn - Platzangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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Monate, und dann kam es zum Fiasko. Das liegt allerdings schon ein paar Jahre zurück.
    Und: der Totenvogel hat eine Behinderung, einen körperlichen Makel, eine Deformation, die ihn für das andere Geschlecht wenig anziehend macht. Das muß, objektiv gesehen, garnix besonders Auffallendes oder Abstoßendes sein: ein Sprachfehler vielleicht. Lispeln, Stottern, ein S-Fehler. Oder es ist ein Wolfsrachen, eine Hasenscharte, ein starker Überbiß oder irgendein anderes Problem mit dem Kiefer und den Zähnen.
    Egal wie unbedeutend die Behinderung einem Außenstehenden erscheinen mag, er fühlt sich dadurch minderwertig, ungeliebt, ausgestoßen. Und er verbindet das mit einem traumatischen Erlebnis, das weit zurückliegt, in der Kindheit oder der frühen Pubertät. Damals hat ihn eine Frau wegen seines Mangels gedemütigt, lächerlich gemacht, zurückgewiesen, bestraft. Das kann die eigene Mutter gewesen sein, die Kindergartentante, die Volksschullehrerin, eine erste schwärmerisch verehrte Liebe.
    Er war dem Spott oder der Verachtung einer Frau ausgeliefert und konnte sich damals nicht wehren, aber er trägt seit diesem Vorfall einen Haß mit sich herum, der sozusagen mit ihm groß und stark geworden ist, mitgewachsen über die Jahre, und durch jede auch noch so kleine Zurückweisung oder Enttäuschung in ihm weiter wuchert wie ein Tumor.
    Dementsprechend abweichend von der Norm hat sich auch sein Sexualleben entwickelt. Gewalt- und Vergewaltigungsphantasien seit der Pubertät. Das Sammeln von sadomasochistischer Pornografie. Frauen in Fesseln. Frauen in Ketten. Die heute und bald auch die ganz harte Kost. Züchti-gungs- und Folterszenarios. Aber, wie man weiß, machen Bilder und Filme nicht satt. Sie machen nur Appetit auf mehr. Die ersten Versuche, mit einer Partnerin seine Phantasien auszuleben, gehen in die Hose. Eine weitere Demütigung, noch eine Zurückweisung. Durch den Besuch bei Professionellen, die sich gegen Honorar fesseln, knebeln, prügeln und einkerkern lassen, bleibt der Deckel vorläufig noch am Topf, aber irgendwann sind seine Wünsche auch der hartgesottensten Professionellen zu extrem.
    Diesbezüglich hat es vor einigen Jahren einen Zwischenfall gegeben: Er hat eine auf entsprechende Dienstleistungen spezialisierte Prostituierte in einem Ausmaß attackiert oder mißhandelt, das weit über die getroffene Vereinbarung hinausgegangen ist. Und die hat sich zur Wehr gesetzt, hat ihn gedroschen und zum Teufel gejagt. Und wieder eine Demütigung, noch eine Zurückweisung.
    Bei aller augenscheinlicher Brutalität, die im Sado/Maso-Milieu praktiziert wird, ist es letztlich doch immer nur ein Spielen mit Macht und Unterwerfung. Unser Mann will aber nicht spielen. Er will wirkliche Macht. Die Macht über Leben und Tod. Er will, daß ihm sein Opfer absolut ausgeliefert ist. Er braucht die panische Angst und den Todeskampf. Er genießt ihr langsames Sterben in der Grabkammer und hält draußen einstweilen Totenwache.
    Von zwei seiner Opfer wissen wir, es sind junge Frauen, Mitte Zwanzig bis Mitte Dreißig. Das andere – oder die anderen – Opfer werden auch in dem Alter sein. Und alle seine Frauen werden ein gemeinsames Merkmal haben. Das kann etwas Offensichtliches sein wie zum Beispiel die Haarfarbe, oder aber auch nur ein kleines Detail, zum Beispiel an ihrer Kleidung. Sie haben irgendetwas an sich, das ihn an sein erniedrigendes Erlebnis von damals erinnert, und das macht sie zum Opfer.
    Der Totenvogel bringt also nicht wahllos irgendwelche Frauen um. Er muß immer und immer wieder diese eine Frau aus seiner Kindheit töten: eine starke Frau; eine Frau, deren Aussehen oder Aufmachung für ihn Willenskraft, Stärke und sexuelle Energie symbolisiert. Diesen Willen muß er brechen, diese Stärke muß er bezwingen, und die sexuellen Reize, die für alle anderen verfügbar sind, ihm aber – meint er -vorenthalten werden, die müssen ausradiert, weggemacht, begraben werden.
    Seine Frauen findet er nachts auf der Straße. Es sind Nutten vom Straßenstrich, die durch ihre offenherzige Berufskleidung eindeutige Signale aussenden. Und es sind vorzugsweise nicht die registrierten Mädchen, sondern Geheimprostituierte vom illegalen Strich.
    Warum? Das Opfer muß zwar seine Auswahlkriterien erfüllen, aber es sollte sich auch in Lebensumständen befinden, die eine baldige, groß angelegte Suchaktion ausschließen. Eine Illegale aus dem ehemaligen Osten zum Beispiel, die zu einem Kunden ins Auto steigt und dann nie

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