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Kurt Ostbahn - Schneeblind

Kurt Ostbahn - Schneeblind

Titel: Kurt Ostbahn - Schneeblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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Dann macht sie »Autsch« und verlagert den Eisbeutel ein Stück weiter nach links.
    »Ich bin Bondage-mäßig ja kein Experte, wie Sie wahrscheinlich schon bemerkt haben, aber der Einbrecher scheint ja ein wahrer Fesselungskünstler gewesen zu sein?« frage ich.
    »Und er hat sich im Haus sehr gründlich umgesehen«, meint Nora. Sie kommt mit der Dose Cola zurück aus der Küche. »Vor allem oben. Der Knebel ist aus dem Spielzeugschrank im Gummisalon, und die Strumpfhose hat er aus meiner begehbaren Garderobe. Die hat es ihm offenbar besonders angetan. Da drin siehts aus wie kurz nach der Sprengung.«
    Sie setzt sich zu Zofe Gerda aufs Sofa, streicht ihr fürsorglich über die Wange und reißt gleichzeitig den Verschluß der Dose auf.
    »Danke«, sagt Gerda und preßt sich das kalte Blech gegen die Stirn. »Aber was wollt der Typ eigentlich von mir? Er war im Haus, wie ich gekommen bin. Was hat er da gesucht? Deine Strumpfhosen? Und die Lack-Pumps? Wie unser georgischer Bär?«
    »Boris!« lachen Nora und Gerda im Chor.
    »Darf ich Ihnen ein Kompliment machen, Madame, noch nie hab ich gesehen so viele schöne Schuh an so elegant bestrumpfte Bein«, zitiert Zofe Gerda einen gemeinsamen Spielgefährten und gibt diesen Boris mit einem mächtigen Baß und mit viel russischem Pathos.
    Dann platzen die beiden Frauen los und lachen und lachen, bis Gerda die Tränen über die Wangen kullern.
    »Boris ... Boris ...«, setzen sie glucksend und mir zuliebe zu einer Erklärung an, schütteln dann aber den Kopf, winken ab und ergeben sich dem nächsten Lachkrampf.
    »Lachen ist gesund«, bring ich mich mit einer alten chinesischen oder indianischen Weisheit ein in eine Konversation, der ich nicht wirklich folgen kann. Nora und Gerda werfen einander Wortfetzen zu, die wahrscheinlich mit Schuhen, Strümpfen, Bären und Georgien zu tun haben und prusten dabei um die Wette. Ich steh eher überflüssig im Noroticom-Büro herum, während Herrin und Zofe was für die Gesundheit tun.
    In den wenigen Räumlichkeiten des Hauses, die ich bis jetzt zu Gesicht bekommen hab, weist nichts darauf hin, daß hier dunklen Lastern und bizarren Freuden gefrönt wird. Der Vorraum, in dem Nora und ich beinah über die Schwarze Mumie gestolpert wären, hat sogar was Ländlich-Sittliches, mit seiner gußeisernen Garderobe, der Vase mit Strohblumen auf dem Schuhkastl und dem gerahmten Waldundwiesen-Foto (Semmering, Ötscher, Bucklige Welt?) neben dem Spiegel. Die Kochnische ist eine Kochnische, nicht mehr und nicht weniger. Und das Büro, in dem zur Zeit mehr gelacht als gedacht wird, strahlt in hellen freundlichen Farben, viel dottergelb und grün, was die Arbeit an den zahlreichen Computern zum puren Vergnügen machen muß. In den Holzregalen lagern fröhlich gemusterte Ordner und Zip-Boxen, bunte Bücher, garantiert auch über Feng-Shui, und an jedem freien Plätzchen sprießt ein grünes Pflänzchen.
    Keine Spur von schmutzigem Sex. Alles blitzsauber, nett und adrett. Noroticom könnte auch biologische Gartenmöbel verkaufen oder Mondkalender.
    »Der Adrenalin-Rush«, sagt Nora, die sich als erste wieder einigermaßen im Griff hat. »Das hat sie öfter, gelt, Gerda? Danach. Wenns wirklich gut war.«
    »Pscht!« macht Zofe Gerda und boxt Nora schniefend gegen den Oberarm: »Ich brauch dringend ein Taschentuch!«
    Nora holt ein Päckchen Papiertaschentücher aus ihrer Handtasche und drückt es ihrer Zofe in die Hand. Die schneuzt sich laut und deutlich und wischt sich die Lachtränen aus dem Gesicht.
    »Sorry, Kurt«, sagt Nora, »aber manchmal sind wir so. Wie die kleinen Kinder. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, daß das der Kreuzschinder war. Der geht sozusagen nicht auf eine Kinderjause ....«
    »... und seine Schwester, die Michaela, auch nicht«, bestätigt Gerda.
    »Kein Kreuzschinder. Auch gut. Aber wer dann? Vielleicht der Boris, euer russischer Bär?« erkundige ich mich.
    »Der steht auf Schuhe«, winkt Nora ab.
    »Der is scharf auf alles, was jemals Noras Füße berührt hat. Schuhe, Stiefel, Strümpfe. Alles. Und er bezahlt Höchstpreise für jedes getragene Stück«, plaudert Gerda aufgedreht aus dem Nähkästchen. »Der Boris liebt sogar ihre ausgelatschten Badeschlapfen und dicken Winterstutzen. Er sammelt alles, um es dann daheim vor dem Spiegel anzuziehen. Deswegen haben wir vorhin ja so gelacht. Der Boris ist so ein Apparat von einem Mann, mindestens 160 Kilo, zwei Meter groß. Und er hat Schuhnummer 48.«
    »Ich hab Größe

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