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Kurt Ostbahn - Schneeblind

Kurt Ostbahn - Schneeblind

Titel: Kurt Ostbahn - Schneeblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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Schrecken, was vernünftig wäre, sondern den Schrecken ohne Ende. Anwaltstermine, Schlichtungsversuche, vor Zeugen, ohne Zeugen. Ich muß mich auffuhren wie ein Arschloch, weil Paul sich auffuhrt wie ein Arschloch. Wir haben gemeinsam die Firma aufgebaut, weil wir Spaß dran hatten. Jetzt spielen wir nicht mehr, jetzt haben wir Krieg. Scheiße. Ich mag nicht, wie er sich verändert hat. Ich schau ihn mir an und würde ihm am liebsten links und rechts eine reinhauen. Und er provoziert mich in einer Tour. Er legt es drauf an, daß er mich an einem schwachen Tag erwischt und ich auszucke. Aber den Gefallen tu ich ihm nicht. Ich laß mir von dem kleinen zugekoksten Großkotz nicht alles kaputtmachen!«
    »Verstehe«, sage ich.
    Pauls roter japanischer Sportflitzer fährt mit einem Mordskaracho in Richtung Spinnerin am Kreuz davon.
    »Und wieso wird der junge Spund so klein mit Hut, wenn du einfach nur seinen Namen rufst?«
    »Wahrscheinlich hat er die netten Gummisachen an, die ich ihm geschenkt und verordnet hab«, meint Nora. »Irgendeinen bleibenden Eindruck muß ich bei ihm ja hinterlassen haben.«
    Sie will das Gartentor aufschließen. Doch das schwingt auf, noch bevor Nora den Schlüssel ins Schloß stecken kann.
    »Offen. War das der Paul?«
    »Nein«, sage ich. »So weit is er nicht gekommen. Dein Auftritt hat ihn dermaßen geschockt ...«
    Nora nimmt meine Hand und wir gehen durch den kahlen Vorgarten auf die Haustür zu. Ich darf probieren, deutet mir Nora. Also drück ich die Schnalle.
    Auch die Haustür ist nicht abgeschlossen.
    »Scheiße«, raunt Nora und drückt fester meine Hand, »und vorm Haus steht Gerdas Wagen.«
    »Der rote Nissan?«
    »Mitsubishi.«

21
    BONDAGE.
    »Ich hab eigentlich gar nix gesehen. Nur einen schwarzen Schatten, und der hat mir irgendwas Monströses über den Schädel geschlagen, gleich wie ich hinter mir die Haustür zugemacht hab. Der Typ muß auf mich gewartet haben. Der hat mich abgepaßt. Hinter der Eingangstür. Kann ich jetzt endlich ein kaltes Cola haben, Nora? Ich verdurste.«
    Zofe Gerda ist wieder halbwegs guter Dinge. Sie liegt unter einer karierten Decke auf dem Gästesofa im Büro, unverletzt bis auf die Beule am Hinterkopf, und hält mit beiden Händen den Eisbeutel an die massive Schwellung.
    Nora und ich haben sie vor ein paar Minuten im Vorraum auf dem Fußboden gefunden. Mit schwarzem Klebeband zu einem Paket verschnürt, die Augen mit einer blickdichten Strumpfhose verbunden und mit einem Gummiknebel im Mund.
    Aber das ist für Gerda ja nix Neues. Fesselnde Spiele kann sie, wenn sie Lust drauf hat, jeden Tag der Woche haben, wenn unsereins im Rallye, daheim vorm Fernseher oder seinem renitenten CD-Wechsler sitzt. Was Gerda an dem Vorfall von vorhin massiv stört, ist nicht die Aktion an sich, sondern daß man sie nicht danach gefragt hat, ob sie den heutigen Vormittag gern wehrlos und gefesselt verbringen will. »Nein«, hätte sie gesagt, »keine Lust. Und schon gar nicht im Vorzimmer auf dem Fußboden. Da holt man sich nämlich eine Nierenbeckenentzündung, und die Schmerzen sind nimmer lustig.« So was in der Art hätte sie gesagt, aber dazu gab es leider keine Gelegenheit.
    »Ich hab nicht nur einen Sturschädel, meine Birne is glaub ich echt aus Ebenholz«, grinst sie schon wieder, als Nora in die kleine Küche geht, um ihr ein Cola zu holen. »Der Typ hat ganz schön kräftig zugeschlagen, aber ich war sicher nicht länger als ein, zwei Minuten richtig ohnmächtig. Weggetreten und irgendwie wuggi im Kopf, das schon, aber ich hab genau gespürt, wie er mir mit dem Klebeband zuerst die Arme an den Körper gefesselt hat, und dann die Beine. Sehr gründlich. Von unten nach oben. Und in einem Tempo, als wollt er mit mir ins Bondage-Buch der Rekorde.«
    »Sie haben ausgesehen wie die Schwarze Mumie«, sage ich zu Gerda, die eigentlich gar nix von einer Zofe an sich hat. Aber ähnlich daneben lag ich auch schon bei Paul, dem Gummisklaven. Zofe Gerda ist eine robuste Frohnatur, Mitte 20, mit oststeirischem Zungenschlag (der jetzt nach überstandenem Nervenkitzel besonders deutlich durchschlägt), die ich eher in einem Werbespot für Alpenvollmilchschokolade als in Madame Noras Folterkammer vermuten würde.
    »Die Schwarze Mumie? Echt? Geil!« lacht Gerda. »Wieso habt‘s ihr nicht gleich ein Foto gmacht?«
    »Mir hat der Knebel nicht gefallen«, sage ich. »Die Schwarze Mumie trägt eine Totenmaske, die hat keinen Gummiball im Mund.«
    »Schade«, meint Gerda.

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