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Kurt Ostbahn - Schneeblind

Kurt Ostbahn - Schneeblind

Titel: Kurt Ostbahn - Schneeblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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durchzusagen, die Nora für den Anwalt braucht. Das hätte vor zwei Stunden passieren müssen. Passiert ist jedoch, fürchtet Nora, etwas ganz anderes.
    »Wenn der Kreuzschinder meine Privatnummer kennt, dann kann man annehmen, daß er inzwischen auch alles, was er braucht, über die Firma weiß«, sagt Nora. Von mir erwartet sie nun, »daß wir schleunigst was unternehmen«.
    »Wer?« frage ich.
    »Wir«, sagt Nora. »Ich bin nicht ängstlich und ich kann mich ganz gut zur Wehr setzen, wenn mich jemand attackiert, aber wenn Gerda oben im Studio tatsächlich was zugestoßen ist, dann will ich nicht allein da rein, nicht ohne einen verläßlichen Zeugen. Das verstehst du doch, Kurt?«
    »Unbedingt«, sage ich.
    Auch ich bin nicht ängstlich und weiß mir im Falle eines körperlichen Angriffs mit Magenstamperln, Bodychecks, Nasenreiberin, Kopfnüssen und Nierenhaken zu helfen. Trotzdem schlage ich vor: »Vielleicht sollten wir auch den Trainer mitnehmen. Er ist zwar nicht unbedingt der Mann fürs Grobe, aber zum Beispiel ein verläßlicher Aufpasser und Fährtenleser.«
    »Kein Trainer«, winkt Nora telefonisch ab. »So gern ich ihn hab, Kurt, aber im Moment ist er mir eine Spur zu hysterisch. Wir können niemand brauchen, der in einer solchen Situation überreagiert.«
    »Kein Trainer«, sage ich. »Auch gut. Aber ich werd ihn und den bettlägrigen Doktor von unser beider Vorhaben in Kenntnis setzen. Sie sind dann in Alarmbereitschaft. Wenn wir uns nicht regelmäßig bei ihnen melden, tritt Plan B in Kraft ...«
    »Wie du meinst«, meint Nora ungeduldig. »Wann kannst du in der Firma sein?«
    Zehn vor elf steige ich vor der Adresse Raxstraße 127, einem einstöckigen Reihenhaus mit kleinem kahlem Vorgarten, aus dem Taxi. Das dezente Schild unter der Klingel neben dem Gartentor verspricht: Noroticom. Da heroben am Wienerberg, auf halbem Weg zwischen der Spinnerin am Kreuz und dem Eisring Süd, bläst der eisige Ostwind deutlich schärfer als unten bei mir in den Niederungen des Wientals. Zwischen den inzwischen rußigen Neuschneebergen vor dem Haus parkt ein roter japanischer Kleinwagen.
    Ich bin zehn Minuten zu früh dran.
    Vielleicht ist die ganze Aufregung umsonst und Zofe Gerda emsig mit den Vorbereitungen der Session beschäftigt, die mit Sessions, wie ich sie kenne und liebe, gar nix gemeinsam hat.
    Ich läute und hoffe, warte und läute wieder, aber nichts und niemand rührt sich.
    Zwischen den Schneehaufen vor dem Nebenhaus parkt sich ein roter japanischer Sportwagen ein, und dem schnittigen Zweisitzer entsteigt ein junger Mann, dem offenbar sehr daran gelegen ist, daß man ihm schon von weitem ansieht, wie gut es um sein Bankkonto bestellt ist. Er arbeitet zwar noch dran, vom roten Mazda GTX auf einen roten Ferrari wechseln zu können, Outfit und Auftritt sind aber bereits oberste Spielklasse.
    Und er wohnt nicht nebenan.
    »Kann ich Ihnen helfen?« erkundigt er sich, während er einen Schlüsselbund aus seiner schwarzen Lederjacke holt, die — von Designerhand gefertigt — mindestens eine Abendgage von Kurt Ostbahn mitsamt Kombo kostet. Dabei grinst er mich an, als wäre Sunny sein zweiter Vorname.
    »Nicht direkt«, sage ich. »Ich bin mit der Dame des Hauses verabredet.«
    »Mit Nora?«
    »So is es.«
    »Oh, oh, oh«, macht er. »Ich wußte gar nicht, daß sie hier wieder Besuch empfängt.«
    Keine Ahnung, was man antwortet, wenn sich dein Gegenüber das Wort Besuch so auf der Zunge zergehen läßt, wie dieser neureiche Feschak. Ich bin weder Patient, Schüler noch Sklave. Ich bin hier, weil der Nora die Zofe abhanden gekommen ist, was mit dem Kreuzschinder in Zusammenhang stehen dürfte. Aber das geht den jungen Mann mit den Hausschlüsseln eigentlich gar nix an.
    »Ich hab mit Frau Richter einen geschäftlichen Termin, bin aber leider etwas zu früh dran«, sage ich.
    »Ah ja«, meint er nach einer kleinen Nachdenkpause. Dann schüttelt er mir ziemlich unvermittelt die Hand. »Körner. Paul Körner. Ich bin der Partner von Frau Richter. Sozusagen der Mann hinter den Kulissen. Ich ließe Sie gern rein in die gutgeheizte Stube, aber ich muß gleich wieder weg. Leider. Ich kann Sie da drinnen unmöglich allein lassen. Sie könnten sich erschrecken.«
    Paul Körner lacht wie ein junges Pferd.
    Das also ist der Computerfachmann aus dem Gummisalon, mit dem Nora Noroticom gegründet hat. Der Juniorpartner ist garantiert noch keine dreißig und für mich in Latex nur schwer vorstellbar. Ich seh ihn eher im

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