Kurtisanen leben gefaehrlich
ich sie benutzen konnte. Selbst wenn irgendjemand für mich erreichbar gewesen wäre, würde es mir nicht helfen, solange ich noch nicht einmal die Sprache dieses Landes verstand.
Zwei Tage vergingen und alles, was ich sah, war die gleiche Zelle und ab und an ein schmutziger, grober Wärter, der uns mit Nahrung und Wasser versorgte.
Ich dachte nicht mehr länger darüber nach, was sich in der Schüssel befand, die hier als Nahrung ausgewiesen wurde. Da es mich nicht umbrachte, hielt ich es für genießbar. Auch der Wärter sprach keine der Sprachen, derer ich mächtig war oder er wollte mich nicht verstehen, beachtete uns kaum, wenn er kam und wieder ging.
Am Morgen des dritten Tages schließlich, öffnete sich die Tür der Zelle und die erste der Frauen wurde hinausgebracht. Nur sehr wenig Zeit verstrich, bevor der Wärter allein zurückkehrte und die nächste Frau mit sich nahm, die ihm weinend folgte, aber keine Gegenwehr leistete. Dieses Spiel wiederholte sich mehrere Male, bis nur noch ich allein in der modrigen Zelle saß und auf mein Schicksal wartete. Ich hatte genügend Zeit, um mir auszumalen, was mich erwartete und nichts davon war angenehm oder wünschenswert.
Viele der Frauen waren gegangen, ohne sich zu wehren. Einige hatten versucht, dem Wärter die Augen auszukratzen, aber dieser Bär von einem Mann hatte sich nicht von seinem Ziel abbringen lassen und hatte erbarmungslos jede von ihnen davon geführt.
Ich war mittlerweile gefasst und fest entschlossen, meinem Schicksal in das Auge zu blicken, ohne dabei eine jämmerliche Gestalt abzugeben, als drei Männer die Zelle betraten und auf mich zukamen. Erstaunt blickte ich ihnen entgegen und erhob mich bereits von meinem Platz, damit sie dies nicht für mich tun mussten und mich auf die Beine zwangen.
Da erkannte ich einen von ihnen.
Enrico war in einem wirklich bedauernswerten Zustand. Sein Gesicht war unter vielzähligen Blutergüssen angeschwollen und sein rechter Arm hing gebrochen und nutzlos an seiner Seite. Ich spürte jedoch kein Mitleid, denn es war offensichtlich, dass er mich in diese Situation gebracht hatte. Ein schmutziges Grinsen spielte über seine Lippen, als er mich musterte und dabei einige Worte an die Männer richtete, die an seiner Seite standen. Beide wirkten schmierig und ungewaschen, trotz ihrer wertvollen Kleider und Juwelen, die ihren Reichtum offen zur Schau stellten. Einer von ihnen nickte zufrieden und rief dann nach dem Wärter, der herbeischlurfte, um auch mich mitzunehmen.
Zumindest Enrico würde meine Worte verstehen und so konnte ich meine Zunge nicht im Zaum halten. Ich hatte außer meinem Leben nichts mehr zu verlieren und was sollte der Spott noch schaden, wenn sie es mir ohnehin nehmen wollten?
»Nanu? Vier Männer sind nötig, um eine einzelne Frau abzuführen? Ich bin erstaunt. Sehe ich so beängstigend aus? Enrico, was habt Ihr diesen armen Menschen erzählt? Etwa von unserer kleinen Begegnung am Strand? Oder von der Nacht in der Kajüte, als Verducci Euch wie eine Fliege zerquetscht hat?«
Meine Worte trieben das Blut in Enricos Gesicht, das sich vor Wut verzerrte. Speichel tropfte zwischen seinen angeschwollenen Lippen hervor, als er einige harte Flüche aus seiner Heimat ausstieß und dann mit geballten Fäusten auf mich zusprang. Die Bewegungen des Wärters waren schneller, als man es bei einem Mann von seiner Statur erwartete. Er hielt Enrico mit einem unnachgiebig festen Griff auf und schleuderte ihn mit einem lauten Grunzen in die Ecke der Zelle, wo er reglos liegen blieb. Dann trat er ungerührt auf mich zu und legte seine große Pranke um meinen Arm.
Ich folgte ihm ohne Gegenwehr. Wir traten in die Sonne des Nachmittages hinaus und er zerrte mich auf eine Empore, an deren Fuß eine große Anzahl marabeshitischer Männer versammelt war. Sie redeten und stritten ohne Unterlass miteinander, in einen ewigen Wortschwall verstrickt, der erst endete, als ich bis zu ihrem Rand gebracht worden war.
Das geschah hier also. Ich wurde als Sklavin an einen dieser Marabeshiten verkauft, würde ihm treu dienen müssen, um seine Wünsche zu erfüllen. Enrico hatte es in der Tat gut mit mir gemeint. Ich fragte mich allerdings, was wohl mit ihm geschehen würde, wenn Verducci oder Andrea Luca davon erfuhren. Hatte er sich etwa durch mich freigekauft, bevor er als Arbeitssklave endete? Ich hielt es nicht für unmöglich und billigte ihm durchaus die ausreichende Intelligenz für eine solche Tat zu.
Der Gedanke,
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