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Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch

Titel: Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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der Wagen auch keine Steuerplakette. Möglicherweise wollte Valentina lieber nicht unter den Augen
     des Polizisten mit diesem Auto wegfahren. Im Kofferraum befindet sich tatsächlich ein Karton voller Papiere, Dokumente und
     Fotokopien. Genau danach habe ich gesucht. Ich schleppe ihn ins Wohnzimmer und mache mich an die Arbeit.
    Es ist eine solche Masse an Papier, dass ich überhaupt |171| nicht weiß, wo ich anfangen soll. Allem Anschein nach sind die Briefe in keiner Weise sortiert oder zeitlich geordnet. Wahllos
     ziehe ich den einen oder anderen heraus. Ziemlich obenauf finde ich ein Schreiben der Einwanderungsbehörde. Darin sind die
     Gründe genannt, aus denen ihr nach der Anhörung ein weiterer Aufenthalt nicht mehr gestattet wird. Es gibt keinen Verweis
     auf Vaters »aufgrund von Nötigung« gemachte Aussage, dafür aber einen Absatz, in dem erklärt wird, dass Valentina das Recht
     hat, gegen die Entscheidung zu klagen. Mir wird eng ums Herz. Diese Anhörung war also noch nicht die Endstation. Wie viele
     Widersprüche und neue Verhandlungen soll es noch geben? Von diesem Brief mache ich eine Kopie, die ich Vera zeigen will.
    Als Nächstes finde ich Vaters Gedichte und Briefe an Valentina, darunter auch den Brief, in dem er ihr seine Einkommensverhältnisse
     dargelegt hat. Die Originale in ukrainischer Sprache wie auch die englischen Übersetzungen sind kopiert und zusammengeheftet.
     Warum und für wen wohl? Dann ist da ein Brief an meinen Vater vom Therapeuten des Kreiskrankenhauses, der ihm einen Termin
     anbietet. Für morgen. Vater hat nichts davon erwähnt – hat er den Brief überhaupt erhalten? Valentina hat ihn kopiert (warum?),
     aber sie hat auch das Original einbehalten.
    Des Weiteren sehe ich mehrere Briefe aus der Ukraine, die vermutlich von ihrem Mann sind, doch um Ukrainisch zu lesen, müsste
     ich Buchstabe für Buchstabe einzeln entziffern, und dazu fehlt mir im Moment die Zeit.
    Es gibt noch mehr Korrespondenz von Vater – zum Beispiel einen Brief von dem jungen Anwalt über die Probleme bei einer Annullierung
     der Ehe. Dann ist da noch ein Brief, den er selbst an irgendwen im Innenministerium geschrieben hat, in dem er erklärt, wie
     sehr er Valentina liebt und dass es sich um eine echte Ehe handelt. Datiert ist der Brief auf den zehnten April – also kurz
     vor der Verhandlung in |172| Nottingham. Ob er auch aufgrund von Nötigung verfasst wurde? Ein anderer Brief ist von seiner Hausärztin Dr.   Figges, die ihm mitteilt, dass er wegen eines neuen Rezepts in die Sprechstunde kommen solle.
    In einem braunen Umschlag finde ich die Kopien einiger Hochzeitsfotos – eine in die Kamera lächelnde Valentina, die sich zu
     meinem Vater herabneigt und dabei ihr prächtiges Dekolleté offenbart, und mein Vater mit weit aufgerissenen Augen, grinsend
     wie ein Honigkuchenpferd. Derselbe Umschlag enthält auch eine Kopie der Heiratsurkunde sowie ein Informationsblatt des Innenministeriums
     über Einbürgerung.
    Und dann finde ich endlich, was ich gesucht habe, ein Schreiben von Valentinas Anwalt, noch keine Woche alt, in dem er seine
     Bereitschaft erklärt, sie in der Einwanderungssache am neunten September in London vor Gericht zu vertreten, und ihr rät,
     Rechtskostenhilfe zu beantragen. (September! So lange hält Vater das nicht mehr durch!) Der Brief schließt mit einer Warnung:
     
    Es wird dringend geraten, alles zu vermeiden, was Ihrem Gatten als Scheidungsgrund dienen könnte, da eine Scheidung Ihren
     Fall ernsthaft gefährden könnte.
     
    Ich bin so in die Lektüre vertieft, dass ich das Öffnen und Schließen der Hintertür kaum wahrnehme. Ich registriere nur plötzlich,
     dass jemand in der Küche ist. In Windeseile raffe ich Briefe und Papiere zusammen und stopfe sie zurück in den Karton. Als
     ich mich nach einem passenden Versteck umschaue, sehe ich in der Ecke Mutters Gefriertruhe stehen, in der früher Kräuter und
     Gemüse aufbewahrt wurden. Jetzt benutzt Valentina sie für ihre Fertiggerichte. Ich kann gerade noch den Karton hineinpacken,
     als sich auch schon die Tür öffnet.
    |173| »Oh, du bist noch da«, sagt Valentina.
    »Ja, ich räume noch ein wenig auf.« Ich bemühe mich, meine Stimme möglichst sanft klingen zu lassen, um Valentina nicht in
     Rage zu bringen. Sonst muss Vater es ausbaden, sobald sie wieder mit ihm allein ist. Trotzdem hört sie einen Vorwurf heraus.
    »Ich zu viel arbeiten. Kein Zeit für Hausarbeit.«
    »Ja, ja.« Ich lehne mich

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