Kurzgayschichten
her.
„Wer ist das, mon ange?“, sprach er schließlich in übertrieben französischer Intonation, wie es nur tuckige Deutsche können und zeigte auf mich.
Julian sah mich nach kurzem Blickkontakt mit dem unechten Franzosen an und öffnete dann seine roséfarbenen, schön geschwungenen Lippen, um zu antworten.
„Das ist mein Exfreund!“
Irgendetwas zerbröckelte gerade in mir, bis mir auffiel, dass es mein Herz war.
Exfreund?!
Diese kleine Vorsilbe Ex-, die „aus“ bedeutete, hatte ich die wirklich gehört? Hatte Julian das wirklich so gemeint? Und verdammt, wo war die beschissene versteckte Kamera, die diesen Alptraum endlich beendete, an dem wahrscheinlich Tausende vor dem Fernseher ihren Spaß hatten?!
Tief durchatmen.
Ich rieb mir über die Augen, nur um von der Realität bestätigt zu bekommen, dass das vor mir wirklich mein Freund war und dicht bei ihm wirklich dieses Franzosenimitat mit Stoffhose und Muskelshirt stand.
Ich sah ihm in die blauen Augen, die irgendwie stechend wirkten, gar nicht mehr so strahlend und vergnügt wie sonst immer.
„Julian, ich ...“ Ich rang nach Worten. Ja, was ich –? Ich liebe dich? Ich brauche dich doch? Ich will, dass dieser tuntige junge Macker verschwindet?
Julian nahm mir die Entscheidung kurzerhand ab. „René, es ist vorbei, tut mir leid, ich empfinde nichts mehr für dich!“
„A-Aber es war doch alles so perfekt, wir waren doch drei Jahre glücklich, das kann doch jetzt alles nicht einfach so vorbei sein?!“ Ich hasste es, wenn meine Stimme so zitterte.
Er seufzte und sah mich an, als müsste er einem Kleinkind beibringen, dass es den Lutscher einfach nicht bekommen konnte, den es so gerne wollte.
„Es war alles mal schön gewesen, aber die Zeiten ändern sich eben ...“
„Ich verstehe dich nicht, es hat doch an nichts gefehlt, ich war immer für dich da, wir haben eine traumhafte Wohnung, die viel zu groß für uns Zwei ist und, mein Gott, wir haben guten Sex!“
Er grinste spöttisch. „Wir hatten guten Sex? Dass ich nicht lache! Du meinst die Aktionen im Schlafzimmer, wo du dich auf den Bauch gelegt hast und ich in dir rumgestochert habe?“ Er setzte diesen hochnäsigen Blick auf, für den ich ihn hätte ohrfeigen können.
Ich dachte, ich höre nicht richtig. Ich war ihm nicht frisch genug, mit 26?!
„Ich war dir also nicht gut genug im Bett, ja?!“ Ich hätte gerne theatralisch eine Vase oder irgendetwas in der Art zerdeppert.
„Anfangs war’s ja ganz nett, aber irgendwann sehnt man sich eben nach was Frischem, mein Gott René, ich bin 21, da will man noch was sehen von der Welt!“
Der schwarzhaarige, frische, junge Fremde kicherte leise.
Ich wusste jetzt, was ich am liebsten zerdeppert hätte.
„Du willst mir also sagen, dass du mich wegen dieser Witzfigur da sitzen lässt?“ Ich war auf Hundertachtzig.
Säuberlich gezupfte Augenbrauen zogen sich verstimmt zusammen und ich hörte ein empörtes Schnauben.
„Diese Witzfigur ist mein neuer Freund, sein Name ist Antoine!“
„Antoine Gustave!“, fügte der Franzosenmacker noch hinzu.
„Französisch scheint er ja schon mal zu beherrschen ...“, murmelte ich mehr zu mir selbst.
Wieder diese Hochnäsigkeit in Julians Blick.
„Deine Witze sind flach, waren sie schon immer ...“
„Sicher, deswegen hast du es ja auch drei verdammte Jahre mit mir ausgehalten!“
Der Sex mit mir war lediglich ganz nett und nun hatte ich nicht mal Humor, was hatte dieses Flittchen denn überhaupt bei mir gehalten?
„Ohne die Affären und die Tatsache, dass du gut kochen kannst, wäre dies allerdings schwierig gewesen ...“
Ehe er sich versah, hatte ich ihm eine geklebt. Er sah mich geschockt an und hielt sich die Wange, der dämliche Scheinfranzose eilte sofort zu ihm und rieb ihm über die gerötete Stelle, beschimpfte mich mit seinem Scheinfranzösisch Klasse 7.
Ich konnte mit einem „Tu es bête!“, durchaus leben.
Ich konnte auch mit der Tatsache leben, dass sich die beiden jetzt zusammen einen gemütlichen Abend in unserer gemeinsamen Wohnung machen würden, mit dem Essen, das ich für Julian und mich gekocht hatte, an dem Tisch, den ich für unseren dritten Jahrestag hergerichtet hatte.
Wenn ich ehrlich war, konnte ich mit überhaupt nichts von alledem leben. Mein Gott, ich liebte Julian doch immer noch.
Ich konnte mir die zwei nicht länger ansehen, wie dieser junge Macker an ihm herumfummelte und ihn nicht mehr nur mit seinen Blicken auszog. Ich ging zurück ins
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