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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Fehler zwischen dieser und der nächsten Trafostation liegen. In solchen Fällen galt es, zunächst die Freileitung zu überprüfen, die hier über die landwirtschaftlichen Flächen führte.
    Die Männer kannten die Feld- und Wiesenwege, die es auch während der Vegetationszeit erlaubten, mit dem Fahrzeug möglichst dicht den Drähten zu folgen. Der Beifahrer schaltete einen starken Handscheinwerfer ein und richtete ihn auf die Leitung, die etwa 30 Meter vom Fahrweg entfernt verlief und in relativ kurzen Abständen von Holzmasten getragen wurde.
    »Wohnt da nicht irgendwo der Chef?«, fragte der Fahrer, der ebenfalls den Scheinwerferkegel der Handlampe verfolgte.
    »Da drüben, ja«, deutete sein Kollege mit dem Kopf nach vorn, wo die Scheinwerfer eines relativ schnell fahrenden Autos das einzige Licht waren, das es dort gab. Jemand schien es ziemlich eilig zu haben, der Finsternis zu entkommen, dachte der Techniker. »Was mich wundert«, fuhr er fort, »dass die hohen Herren, wenn sie von auswärts kommen und einen neuen Job anfangen, sofort ein Grundstück oder ein Haus in bester Lage ergattern.«
    Sein Kollege hinterm Lenkrad kam nicht mehr dazu, etwas zu bemerken, denn der Strahl des Handscheinwerfers traf auf etwas Merkwürdiges: Zwischen dem nächsten und übernächsten Masten schien ein Draht auf den Boden gefallen zu sein. Jedenfalls sah es aus der Distanz so aus, als sei die Leitung gerissen.
    »Guck dir das an«, staunte der Ältere auf dem Beifahrersitz, zwängte sich mit dem fülligen Oberkörper durchs offene Seitenfenster, um den Scheinwerfer genauer ausrichten zu können. Der Mann hinterm Steuer besah sich den feuchten Wiesenbewuchs neben dem Feldweg und gelangte zu der Überzeugung, dass das nasse Erdreich den Kombi tragen würde. Er gab Gas und ließ den Wagen über die Grasnarbe holpern. Bereits beim Näherkommen wurde den Technikern klar, dass zwei Leitungsdrähte gerissen und zu Boden gefallen waren.
    »Was soll denn das da?«, entfuhr es dem Fahrer, der den Kombi dicht an die Schadstelle heran steuerte und stoppte. Die Scheinwerfer ließ er brennen.
    Die beiden stiegen aus und leuchteten mit der Handlampe die herabgefallenen Drähte ab, die nur noch vom jeweils nächsten Masten gehalten wurden. Von der Viererleitung waren lediglich zwei Seile, wie die Fachleute es ausdrückten, unbeschädigt geblieben.
    »Wie kann denn so was passieren?«, fragte der junge Techniker, ohne vom anderen eine Antwort zu erwarten.
    Der Kollege leuchtete auf den Wiesenboden. »Siehst du das?« Er deutete auf einen etwa drei Meter langen Draht, von dem ein Ende mit einer dünnen Kunststoffschnur verknotet war, die sich weit entfernt im Gras verlor. Er hielt sie hoch und zog sie Zug um Zug zu sich her, sodass er die Länge auf etwa zehn Meter schätzen konnte. Als sich das Ende näherte, verspürte er einen starken Widerstand. Offenbar war es mit einem schweren Wurfgegenstand verbunden – einem kleinen metallischen Kegel.
    Die beiden Männer sahen sich fragend an. Dem erfahrenen Techniker wurde die Bedeutung sofort bewusst: »Da hat einer zuerst die Schnur über die Leitung geworfen, dann den Draht rübergezogen und einen Kurzschluss ausgelöst. Das hat die Seile zum Schmelzen gebracht.«
    »Ziemlich waghalsige Sache, wenn ich das so sehe«, kommentierte der andere. »Wenn die Schnur so feucht war, wie sie es jetzt ist, kann so was übel enden.«
    Sie sahen sich an. »Auf jeden Fall muss das der Polizei gemeldet werden, bevor wir hier etwas anfassen«, entschied der altgediente Mann, zog sein Handy aus dem Arbeitsanzug und berichtete dem Kollegen im Schaltraum, was vorgefallen war. Der Angerufene versprach, sofort die Polizei zu verständigen.
    »Vielleicht sollten wir mal nach unserem Chef sehen«, meinte der Jüngere, nachdem sein Kollege das Telefongespräch beendet hatte. »Wer weiß – womöglich hat die Sache hier ihm gegolten?«

37
    Bodling brauchte seine Frau nicht zu wecken. Sie war aufgeschreckt, nachdem er zum wiederholten Male versucht hatte, das Licht anzuknipsen und dabei schließlich die Lampe auf dem Nachttisch umfiel.
    »Was ist denn?«, hörte er sie neben sich verängstigt sagen.
    »Pst. Bleib ruhig. Wir haben Stromausfall.« Seine Stimme klang nicht gerade, als nehme er dies gelassen hin. Für einen Moment lauschte er noch einmal in die Nacht. Doch seine Frau, die nicht ahnen konnte, was ihn beunruhigte, fragte halblaut dazwischen: »Wo willst du überhaupt hin?«
    Er schwieg und setzte sich auf

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