Kurzschluss
Filme dreht.« Sie bebte innerlich vor Zorn.
*
Der äußere Kolpingweg mit seiner Südwesthanglage galt als beliebte Wohngegend. Von hier aus schweifte der Blick über den Talkessel der Stadt hinweg und das Filstal hinab in Richtung Göppingen. Die Wälder an den Hängen schimmerten in allen Grüntönen. Doch an diesem frühen Abend, als Häberle und Linkohr in dieser stillen Wohnstraße aus ihrem Audi stiegen, schlugen ihnen frische Luft und Nieselregen entgegen.
»Dort«, deutete Linkohr auf ein schmales Einfamilienhaus, das von zwei größeren Luxusvillen umgeben war, die sich hinter hohem Strauchbewuchs an den sanften Hang schmiegten.
Die beiden Kriminalisten folgten einem geschmackvollen, mit geschwungener Natursteinmauer begrenzten Gartenweg, der vorbei an frisch grünenden Stauden zur Haustür führte. Dort hatte bereits ein kräftiger Handwerker seine blaue Werkzeugkiste auf die Steinstufen gestellt und damit begonnen, nach geeigneten Utensilien zu kramen.
»Wunderbar, Sie sind schon da«, begrüßte ihn Häberle, schüttelte ihm die kräftige Hand und stellte Linkohr vor.
»Wenn die Polizei ruft, immer zu Diensten«, grinste der Handwerker, der noch, wie Häberle es empfand, einer vom alten Schlag war – einer, der gelernt hatte, kräftig zuzupacken, der nicht nur sein eigenes Fachgebiet beherrschte, sondern sogar Freude dabei empfand, bei jeglichen Problemen nach einer Lösung zu suchen. Keiner also, der zuerst den Laptop einschaltete, Arbeitszeit und Materialaufwand eintippte, um dies mit irgendwelchen Einheitswerten zu multiplizieren, Kilometergeld zu addieren und die Steuer auszuwerfen. Häberle grauste es beim Gedanken an solche Handwerker, denen man im Rahmen der heutigen Ausbildung zwar Betriebswirtschaft beigebracht, sie dabei aber zu Totrechnern gemacht hatte. Was waren das doch für Kerle, die sogar mit dem eigenen Sohn anrücken konnten, der als echter Zupacker in die Fußstapfen des Seniors trat, und bei denen zuallererst der gute Umgangston mit der Kundschaft zählte! Leider hatte Häberle zunehmend den Eindruck, bei vielen Handwerkern nur noch das Dollar- oder Eurozeichen in den Augen aufblitzen zu sehen.
Dieser Kerl aber, der vor ihm stand, war ihm sympathisch. Nicht nur, dass er jede Wohnungstür öffnen konnte, egal, um welches Schloss es sich handelte oder wie oft es verriegelt war – nein, dieser Mann war Tag und Nacht einsatzbereit, wenn ihn die Polizei brauchte. Außerdem verstand er sein Fach so meisterlich, dass der Schaden an den Türen stets gering blieb.
»Wieder ein netter Fall?«, fragte der Mann eher beiläufig, während Häberle mehrmals den Klingelknopf betätigte. Eine reine Routinemaßnahme. Es könnte schließlich sein, dass sich jemand völlig legal in dem Gebäude aufhielt. Doch bei allem, was sie über Büttner wussten, gab es niemanden, der dafür infrage käme.
Häberle deutete dem Handwerker mit einem Kopfnicken an, dass er sich über das Türschloss hermachen konnte.
»Netter Fall ist gut«, griff der Chefermittler die Bemerkung des Mannes auf. »Die Leiche in den Weiherwiesen.« Er ging davon aus, dass sich der Leichenfund bereits in der Stadt herumgesprochen hatte.
»Ach ja«, gab der Mann zu verstehen. Er kniete vor der Tür und hantierte mit Metallinstrumenten, die Linkohr an seinen letzten Zahnarztbesuch erinnerten. »War was im Radio«, fuhr der Handwerker abwesend fort und lauschte angestrengt, während er einen dünnen Stift in das Sicherheitsschloss steckte und langsam darin stocherte und drehte.
Die Fälle, deretwegen er für die Polizei tätig werden musste, interessierten ihn nur am Rande. Außerdem wollte er diskret sein. Ihm genügte, was in den nächsten Tagen darüber in der Zeitung zu lesen sein würde.
Zwei Minuten später schwenkte die weiße Alutür nach innen auf. »Bitte schön«, grinste der Handwerker. »Soll ich warten?«
Häberle überlegte kurz. »Lässt sich’s wieder schließen?«
»Ich denke, ja. Ich könnt’s versuchen.«
»Wir rufen Sie, wenn wir soweit sind«, entschied Häberle. Er wollte sich zunächst mit Linkohr einen Überblick verschaffen und dann die Spurensicherung verständigen. Bis diese Spezialisten alles gesichtet haben würden, vergingen vermutlich Stunden.
Der Handwerker verabschiedete sich. »Rufen Sie mich einfach auf meinem Handy an. Die Nummer haben Sie.«
Häberle knipste das Licht in der Diele an und betrat mit Linkohr das Gebäude. Die Tür lehnten sie nur an.
»Nicht schlecht«,
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