Kuschelmuschel
sich bestimmt freuen, wenn sie ihm nach ihrer Rückkehr von ihrem Rendezvous erzählte. Er würde ihr nicht etwa überschwänglich dazu gratulieren, aber er würde sich ganz gewiss freuen. Er würde sagen, das sei einmal ein Schritt in die richtige Richtung gewesen, ein Anfang. Sie besuchte ihn noch immer regelmäßig. Und jetzt, da es ihr soviel besser ging, waren seine versteckten Anspielungen weniger diskret und direkter geworden. Mehr als einmal hatte er ihr gesagt, dass ihre Depressionen und ihre suizidalen Tendenzen nie ganz aufhören würden, bevor sie nicht - buchstäblich und körperlich - Ed durch einen anderen Mann «ersetzt» hätte.
«Aber es ist doch einfach unmöglich, einen geliebten Menschen zur Zerstreuung durch einen anderen zu ersetzen», hatte Anna zu ihm gesagt, als er bei ihrem letzten Besuch dieses Thema wieder zur Sprache brachte. «Gott im Himmel, Doktor, als Mrs. Crummlier-Browns Papagei im letzten Monat starb verstehen Sie, nicht ihr Mann, ihr Papagei -, war sie so erschüttert, dass sie sich geschworen hatte, sich nie wieder einen Vogel zu besorgen! »
«Mrs. Cooper», hatte Dr. Jacobs gesagt, «normalerweise hat man mit einem Papagei keinen Sexualverkehr. »
«Also... nein... »
«Deshalb braucht er auch nicht ersetzt zu werden. Aber wenn ein Ehemann stirbt und die Witwe noch eine lebensvolle und gesunde Frau ist, wird sie unweigerlich innerhalb von drei Jahren einen Ersatz suchen, wenn ihr das irgend möglich ist. Und umgekehrt ist es genauso. »
Sex. Das war das einzige, was diesem Doktor einfiel. Er hatte nur Sex im Kopf.
Bis Anna sich angezogen hatte und mit dem Lift nach unten fuhr, war es zehn Minuten nach sechs geworden. Sie hatte gerade die Bar betreten, da sprang ein Herr von einem der Tische auf. Es war Conrad. Er musste wohl die Tür im Auge behalten haben. Verlegen lächelnd kam er ihr entgegen. Anna lächelte ebenfalls. Wie man es immer in solchen Fällen tut. «Sieh da! », sagte er. «Sieh da, sieh da! » Und sie hob ihm, in Erwartung eines Begrüßungskusses, lächelnd die Wange entgegen. Aber sie hatte vergessen, wie formell Conrad immer gewesen war. Er ergriff lediglich ihre Hand und schüttelte sie - ein einziges Mal. «Das ist aber wirklich eine Überraschung», versicherte er. «Komm, setzen wir uns. »
Es war eine Bar wie in jedem anderen Hotel: sie war schummrig beleuchtet, und es standen viele kleine Tische herum. Auf jedem Tisch stand ein Schälchen mit Erdnüssen. Lederbezogene Bänke liefen an den Wänden entlang. Die Kellner trugen weiße Jacken und kaffeebraune Hosen. Conrad führte sie zu einem Ecktisch, wo sie einander gegenüber Platz nahmen. Sofort kam ein Kellner herbeigeeilt.
«Was möchtest du? », fragte sie Conrad.
«Kann ich einen Martini haben? »
«Natürlich. Wodka? »
«Nein, lieber Gin. »
«Einen Gin-Martini», sagte er zu dem Kellner. «Nein, bringen Sie zwei. Wie du dich vielleicht erinnerst, Anna, bin ich noch nie ein großer Trinker gewesen. Aber ich glaube, dies muss gefeiert werden.» Der Kellner eilte davon.
Conrad lehnte sich bequem zurück und betrachtete sie eingehend. «Gut siehst du aus», meinte er schließlich.
«Du auch, Conrad», erwiderte sie. Und das stimmte. Erstaunlich, wie wenig er in den fünfundzwanzig Jahren gealtert war. Er war genauso schlank und sah genauso gut aus wie früher - nein, eigentlich besser. Sein schwarzes Haar war immer noch schwarz, seine Augen klar, und alles in allem wirkte er wie ein Mann, der kaum über dreißig ist.
«Du bist doch älter als ich, nicht wahr? », fragte er.
«Was für eine Frage! » Sie lachte. «Ja, Conrad. Ich bin genau ein Jahr älter als du. Zweiundvierzig. »
«Mir war doch so. » Er betrachtete sie immer noch aufmerksam. Sein Blick wanderte über ihr Gesicht, ihren Hals, ihre Schultern. Anna fühlte, dass sie errötete.
«Bist du ein erfolgreicher Arzt? », fragte sie. «Bist du der erste Arzt am Platze? »
Er hielt den Kopf schief, was Anna immer gern an ihm gemocht hatte: ganz auf eine Seite, so dass das Ohr beinahe die Schulter berührte. «Erfolgreich? », wiederholte er. «Erfolgreich kann heutzutage jeder Arzt in einer Großstadt sein. Finanziell, meine ich. Ob ich jedoch ein erstklassiger Arzt bin, das ist eine andere Frage. Ich kann nur hoffen und beten, dass ich es bin. »
Die Drinks kamen, Conrad hob sein Glas. «Willkommen in Dallas, Anna», sagte er. «Es ist schön, wieder mit dir
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