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Kuschelmuschel

Kuschelmuschel

Titel: Kuschelmuschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Dahl
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«Menthol unterdrückt sexuelle Regungen. »
     
«Conrad, du willst mir wohl was weismachen. »
     
«Ich schwöre dir, dass es so ist. »
     
«Wer gebraucht es denn dann? »
     
«Heutzutage kaum noch jemand. Es schmeckt zu stark durch. Salpeter ist da viel besser. »
     
«Ach ja, davon hab ich schon gehört. »
     
«Was hast du denn gehört? »
     
«Dass man es Gefangenen gibt», sagte Anna. «Sie mischen es ihnen jeden Morgen unter ihre Hafergrütze, um sie zu beruhigen. »
     
«Es ist auch in den Zigaretten», sagte Conrad.
     
«Du meinst, in denen, die die Gefangenen bekommen. »
     
«Nein, ich meine, in allen Zigaretten. »
     
«Aber das ist doch Unsinn. »
     
«Meinst du? »
     
«Aber natürlich. »
     
«Wie kannst du das sagen? »
     
«Niemand würde sich damit abfinden. »
     
«Man findet sich sogar mit Krebs ab. »
     
«Das ist ganz was anderes, Conrad. Woher willst du wissen, dass man Salpeter in die Zigaretten tut? »
     
«Hast du nie darüber nachgedacht», sagte er, «warum eine Zigarette weiterbrennt, wenn du sie in den Aschenbecher legst? Tabak brennt nicht von allein. Jeder Pfeifenraucher kann dir das bestätigen. »
     
«Na ja, vielleicht benutzen sie Chemikalien», sagte sie.
     
«Eben, eben. Sie benutzen Salpeter. »
     
«Brennt denn Salpeter? »
     
«Selbstverständlich. Früher war es ein Hauptbestandteil des Schießpulvers. Auch von Zündschnüren. Es ist sehr geeignet für Zündschnüre. Die Zigarette, die du da rauchst, ist eine erstklassige, langsam verbrennende Zündschnur. Verstehst du? »
     
Anna betrachtete ihre Zigarette. Obwohl sie schon einige Minuten lang nicht mehr daran gezogen hatte, brannte sie weiter, und von der Spitze ringelte sich der Rauch in einer graublauen Spirale in die Höhe.
     
«Also in dieser Zigarette ist danach Menthol und Salpeter? », fragte sie.
     
«Genau. »
     
«Und beides sind Antiaphrodisiaka. »
     
«Ja. Du kriegst gleich die doppelte Dosis. »
     
«Lächerlich, Conrad! Es ist doch viel zu wenig, um irgend etwas zu bewirken. »
     
Er lächelte und schwieg.
     
«Da ist doch nicht mal genügend drin, um eine Küchenschabe lahm zu legen», sagte sie.
     
«Das glaubst du, Anna. Wie viele rauchst du denn am Tag? »
     
«Ungefähr dreißig. »
     
«Na ja», meinte er, «es geht mich im Grunde ja nichts an. » Er zögerte und fügte anschließend hinzu. «Aber wir beide wären heute vermutlich sehr viel besser dran, wenn es mich doch etwas anginge. »
     
«Conrad, was um alles in der Welt willst du damit sagen? »
     
«Ich meine lediglich, wenn du nicht damals plötzlich beschlossen hättest, mir den Laufpass zu geben, wäre uns beiden viel Kummer erspart geblieben. Und wir wären heute noch glücklich miteinander verheiratet. »
     
Sein Gesicht war auf einmal sonderbar verkniffen.
     
«Ich - dir den Laufpass gegeben? »
     
«Es war ein großer Schock für mich, Anna. »
     
«Du liebe Zeit! », gab sie zurück. «Aber so etwas passiert in diesem Alter doch oft, nicht wahr? »
     
«Das weiß ich nicht», antwortete Conrad.
     
«Du bist mir doch nicht immer noch böse, weil ich das damals getan habe? »
     
«Böse? Großer Gott, Anna, böse werden Kinder, wenn sie irgendein Spielzeug verlieren. Ich habe eine Frau verloren. »
     
Sie starrte ihn sprachlos an.
     
«Sag mal», fuhr er fort, «hattest du denn gar keine Ahnung, was ich damals eigentlich empfunden habe? »
     
«Aber Conrad, wir waren doch noch so jung! »
     
«Es hat mich vernichtet, Anna. Es hat mich völlig vernichtet. »
     
«Aber wieso... ?»
     
«Wieso was? »
     
«Wieso hast du, wenn es dir soviel bedeutet hat, gleich kehrtgemacht und dich schon wenige Wochen später mit einer anderen verlobt? »
     
«Hast du denn nie etwas von Reaktion gehört? », fragte er.
     
Sie nickte und sah ihn entgeistert an.
     
«Ich habe dich wahnsinnig geliebt, Anna. »
     
Sie schwieg.
     
«Entschuldige», sagte er. «Ich habe mich gehen lassen. Bitte, verzeih
     
mir. »
     
Langes Schweigen.
     
Conrad lehnte sich in seinen Stuhl zurück und sah sie an. Sie nahm sich wieder eine Zigarette aus dem Päckchen und steckte sie sich an. Dann blies sie das Streichholz aus und legte es bedächtig in den Aschenbecher. Als sie wieder aufblickte, beobachtete er sie noch immer mit einem starren, halb abwesenden Blick.
     
«Woran denkst du? », fragte sie.
     
Er schwieg.
     
«Conrad», sagte sie, «hasst du mich noch immer deswegen? »
     
«Dich hassen? »
     
«Ja,

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